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Nach dem Museum war ich abends kurz einmal in einer Bar in der Nachbarschaft vorbeischauen. Weil immerhin, am Tresen sitzen und den einen Leuten beim Arbeiten und den anderen beim Entspannen zuschauen, da hab ich gewissermaßen eine Routine darin. Ich hab mir gedacht, die Barkultur in Sydney, da sollte ich rein aus touristischen Gründen einen Blick hineinwerfen. Hat mich auch Überwindung gekostet letztendlich, dass ich mich dazu aufgerafft hab. Ich glaub ich hab dem Barkeeper dann gleich einen falschen Eindruck gemacht, weil ich irgendwie gemeint hab, ich mach das nicht so oft, dass ich mir eine Manhattenvariation hinstellen lasse, aber das war wirklich nur gemeint, ich hab schon lange keinen Drink in dem Sinn gehabt. Er aber, aufmerksam, dass sich hier ein Mann allein an die Bar setzt hochprozentiges ins Glas bestellt, hat mich gleich gefragt was meine Geschichte sei. Nein, nein, hab ich gemeint, das auch wieder nicht und gleich einmal einen Felgeaufschwung auf die Metaebenegemacht, als ich gesagt hab, dass das schon ein guter Job ist, das Barkeepen, weil man in wenigen anderen Berufen dazu kommt, dem Gegenüber mit diesem Satz zu kommen: Was die Geschichte sei. Und es ist ein guter Satz. Wie ich s gesagt hab, hab ich mir gedacht, dass natürlich eine qualitativ arbeitende SozialwissenschaftlerIn durchaus auch einmal in die Situation kommt, die Person gegenüber zu fragen, was ihre Geschichte sei. Insgesamt steckt man vielleicht mehr Aufwand in die Gestaltung des Leitfadens. Aber vielleicht haben Leute in ihre BarkeeperIn mehr Vertrauen als in die Person mit dem Aufnahmegerät und der Einverständniserklärung.

Oh, ich hab mich dann gleich noch ein bisschen wichtig gemacht, mit meinem Wissen, den Whiskey gelobt, einen Rye von den Woodford Reserves, von denen ich zwar nur den Bourbon kenne, aber der steht ja auch beim mir daheim an der Wand. Und dann haben die wilden Franzosen, die neben mir zugange waren, den Picon im Regal entdeckt und haben sich ein Picon Bière gewünscht, wo ich sofort nickend unterstützt habe, dass das eine gute Sache sei und so weiter. Im Element? Na ja, ein bisschen hab ich schon gesehen, dass ich da was gelernt hab, die letzten Jahre. Und dann war ich, ich würde gerne sagen, weil sie um zwölf zumachen, plötzlich der letzte Gast. Am Ende bin ich vielleicht noch ein bisschen dings, wehmütig geworden.

Noch ein Abend in Sydney. Der Himmel, sind wir uns einig, ist auf der Südhalbkugel besser.

Am nächsten Tag bin ich früh aufgestanden, weil ich hab mir einen Ausflug zu den Buckelwalen geleistet. Also bin ich auf, während die Leute in meinem Zimmer noch tief geschlafen haben, sich von ihren jeweiligen Samstagabendexzessen erholend. Das wilde Bubenzimmer am Ende des Gangs… Aber stimmt ja auch gar nicht. Wir sind alle ähnlich gegen Mitternacht daheim gewesen in Wirklichkeit. Die wilden Geschichten hab ich dann erst einen Tag später gehört, als ich auf der Couch im Gemeinschaftsraum gesessen bin und da schräg gegenüber eine Schottin gesessen ist, die laut und relativ freizügig von den Abenteuern ihrer Partie erzählt hat. Aber das tut hier nichts zur Sache und ich hab ihr wirklich mehr wegen ihrer blumigen Sprache zugehört.

Auf dem Weg zum Hafen hab ich mir noch schnell eine Seekrankheitstablette eingeworfen, von denen ich für die Überfahrt nach Steward Island eine Schachtel gekauft hab. Ich bin immer noch nicht sicher, wie man die nimmt und – um hier ein wenig vorzugreifen – ich bin mir mittlerweile recht sicher, dass man die nicht prophylaktisch nimmt. Weil ich hab mir nicht wirklich eine Schachtel gekauft, das sag ich nur, weil ich nicht weiß, wie das heißt, diese silberne Dings, wo man die Tabletten rausdrückt. So eins hab ich mir gekauft, deshalb hab ich auch keine Packungsbeilage. Und ja, ich hätte eigentlich mal nachschauen können. So hab ich eine von den nach Ingwer schmeckenden Tabletten mehr oder weniger so geschluckt. (Und das ist mir ja von Anfang an komisch vorgekommen, dass ich die schlucken möchte, wie die, die so wunderbar auf dem Weg zum Great Barrier Reef gewirkt haben, und sie aber Geschmack haben.) Wie gesagt, vorzugreifen: es ist mir sehr bald sehr schlecht geworden auf dem Walschiff.

Wir sind rausgefahren aus der Bucht und dann merkt man relativ schnell, was man an einer solchen Bucht hat. Nämlich kaum einen Wellengang, which is nice. Es war schon ein schöner Ausflug, die Crew war auch gut aufgelegt und sowohl witzig als auch informativ. Die Walbeobachtungsboote haben so einen Kodex, ich glaub, es werden normalerweise dreißig Meter Abstand gehalten und ab dem dritten Boot dann hundert Meter. Und wenn Kälber dabei sind, dann überhaupt von Anfang an hundert Meter und so weiter. In der Praxis wird das natürlich relaxter gehandhabt, weil die Leute wollen ja einen Wal sehen. Aber immerhin gibt s einen Standard. Natürlich erzählt der Erzähler von den wirklich tollen Begegnungen, weil wenn ein Wal in unmittelbarer Nähe des Boots auftaucht, dann muss das Boot stehenbleiben und dann kann der Wal auch machen was er will und wenn er interessiert ist, dann taucht er halt ein bisschen um das Boot herum und alle auf dem Boot freuen sich. Aber so was hatten wir natürlich nicht. Schade auch, weil wenn er das so erzählt, dann glaubt man ja ein bisschen daran, dass das heute passieren wird.

Aber der Delfin, der direkt neben uns auftaucht, der ist nicht strafbar

Die Buckelwale also sind auf dem Weg von der Antarktis in wärmere Gewässer um sich dort entweder fortzupflanzen oder Kinder zu bekommen. Was mir gerade in den Sinn kommt und nicht angesprochen war, warum die Jungtiere auch diesen Weg auf sich nehmen. Weil mit sechs glaub ich hat er gesagt, werden sie geschlechtsreif und im Alter von drei oder vier machen sie diesen Weg zum ersten Mal alleine, vorher sind sie im Gruppenverband mit der Mutter unterwegs. Und prinzipiell sind sie allein unterwegs, nur eben mit Kindern sind sie mal zu dritt oder so. Die große Ausnahme ist, wenn ein paarungsbereites Weibchen ein dutzend Bullen hinter sich herzieht, die sich um Dominanz prügeln. Aber ja, wird wohl irgendwas entweder mit Trieb zu tun haben, wo sie sich gleich einmal gewöhnen, diesen Weg zu gehen, auch wenn sie im Norden kaum was zu essen finden, im Vergleich zu den antarktischen Gewässern. Er hat gesagt, so eine Mutter isst quasi nichts, während sie ihr Kind säugt bis sie wieder zurück in der Antarktis ist. Aber vielleicht hat das doch eine Schutzfunktion, wenn die Jugendlichen nicht allein zurückbleiben und sie Verwandte in Reichweite haben. Weil hören tun sich die ja über hunderte Kilometer, bis nach Queensland rauf, hat er gesagt. Das ist quasi die ganze Ostküste Australiens entlang. Und zwar nicht jetzt immer nur Walgesang, sondern auch wenn jetzt herunten in Sydney einer mit der Flosse auf die Wasseroberfläche klatscht. Ich denke mir dann immer, dass da ja ein irrer Krach sein muss, wenn jeder Scheiß so gut zu hören ist und wie man das als Wal rausfiltert, was da die interessante Information ist und was nur jemand, der vom Luxusliner gefallen ist. Da kann man vielleicht noch was lernen von denen.

Wir sind also einmal in die Richtung eines anderen Walbeobachtungsschiffs gefahren, das den Eindruck gemacht (oder den Funkspruch durchgegeben) hat, dass sie einem Wal zuschauen. Und ist tatsächlich auch gewesen, aber die bleiben bis zu einer Viertelstunde unter Wasser, und so einen Tauchfan haben wir da wohl erwischt gehabt. Also bisschen Wasser in die Luft stoßen, dann abtauchen und Fluke zeigen. Das ist schon was wert, ganz ehrlich, aber mir war da schon schwummrig und ich hab viel auf den Horizont geschaut und mir nicht so viel Gedanken darüber gemacht hab, wie die Walteile, die ich zu sehen bekomme unter Wasser weitergehen. Wie so viele Beeinträchtigungen ist es auch bei der Seekrankheit schwer vorzustellen, wie sehr man darunter leidet und dass man dem überhaupt zum Opfer wird. Neben mir hat da eine Italienerin darauf verzichtet, hier weiterhin die Standhaftigkeit zu mimen und ihr Sackerl vollgespieben. Aus dem akustischen Äquivalent von Augenwinkel – weil ich hab da dezidiert in die andere Richtung geschaut – hab ich mitbekommen, dass es ein bisschen Probleme mit dem Verschließen des mit patentiertem Drehverschluss ausgestatteten Kotzbeutel gegeben hat. Auch wenn das Ergebnis super ist und man nur eindrehen und einklemmen muss, vielleicht sind die ErfinderInnen zu sehr von Geistesgegenwart ausgegangen, als in der Situation üblicherweise zur Verfügung steht. Aber ich bin da schnell ein paar Schritte weiter gewankt, um die Evakuierung zu erleichtern und selbst besseren Relingszugang zu bekommen. Das würde mir, hatte ich die Hoffnung, gut tun.

Als Symbolfoto eine Buckelwalfluke vor der Skyline von Sydney. So heißt es zumindest in der Stockfotobeschreibung.

Schnell derer enttäuscht, hat sich mir kurz darauf bereits der nächste Silberstreifen in Form eines Wals gefunden, der nah genug aufgetaucht ist, dass wir stehengeblieben sind. Das waren sicher kaum fünfzehn Meter, dass der da vor uns Wasser gespritzt hat und dann wieder abgetaucht ist. Wie gesagt: beeindruckend schon, aber ich nicht in der Verfassung, das zu genießen. Ich hab noch ein bisschen probiert, von meinem Fernglas zu profitieren, aber es ist so schon nicht einfach, einen Wal zu erwischen, wenn er für seine fünfzehn Sekunden aus dem Wasser auftaucht. Dementsprechend schwieriger ist es, wenn man sich mit dem Fernglas den Ausschnitt noch reduziert. Außerdem war meine Aufmerksamkeit yogigleicher Körperbeherrschung gewidmet. Und so wäre ich beinahe überhaupt der Qual menschlichen Daseins gen Nirvana entflohen, hätten mich Neid und Frust gegenüber alle jenen, die in fröhliche Unterhaltungen vertieft keine Anzeichen von Seekrankheit zeigten, mich nicht im Hier und Jetzt gehalten.

Zu meiner Erleichterung wurde dann zur Rückkehr gepfiffen. Um all jene, die diese Entscheidung nicht mit Dankbarkeit empfingen, vielleicht noch für die magere Walsichtungsausbeute zu entschädigen, sind wir dann noch zu den Felsen gefahren, auf denen üblicherweise die Robben rumliegen. Woraufhin ich mich mithilfe meines Mantra des Es-muss-doch-jetzt-gleich-einmal-vorbei-seins wieder dem Ausgleich meiner inneren Organlandschaft gewidmet habe. Und die Robben waren eh nur zwei dunkelbraune Flecken auf helleren Steinen unterhalb eines Steilhangs. Aber die Kameras klickten bereits was das Zeug hielt. Ich dachte daran, dass ich in Neuseeland quasi über diese Tiere drübergestiegen bin, auf der Suche nach den kleinen Pinguinen und hab mich als einziger weiter an der Reling gegenüber wie auch an meinem Magen festzuhalten.

Mit der Einfahrt in die Bucht war dann relativ schnell Entspannung da, wie gesagt, der Seegang, das macht schon was aus. Tags zuvor hab ich eine Plakette gelesen, auf der die Bucht von jemandem gelobt wurde, was sie nicht toll ein großartiger natürlicher Hafen sei, in dem hunderte Linienschiffe ohne großen Aufwand sicher verankert werden können. Daran hab ich gedacht, während es geheißen hat, leider müssen wir noch eine Runde drehen, weil der Hafen so busy ist. Weil der Hafen selbst ist nämlich relativ klein, auch das hat der Mann auf er Plakette für die Nachwelt festgehalten. So sind wir noch unter der Brücke durch und dann war ich. Wirklich. Schon. Sehr. Froh, den berühmten festen Boden unter den Füßen zu haben.

Aber weißt du was. Ich würde wieder. Weil ich weiß doch, dass das eine Gewohnheitssache ist und als ich festgestellt habe, dass Leute hier auf Schiffen anheuern, hab ich mir sofort gedacht, das wär was. Oder als ich gesehen habe, dass ich meinen Bootsführerschein machen kann, hab ich mir auch gedacht: super. Aber nachdem ich nicht weiß, zu was mich das wirklich ermächtigt und zehn Tage dauert, hab ich zumindest den Bootsführerschein jetzt einmal verschoben. Außerdem vergisst man ja schnell, wie hilflos man gegenüber diesem Gefühl ist. Ha!

Neben dem Botanischen Garten hat sich ganz hübsch der Gouverneur von New South Wales eingerichtet. Also, die englische Königin hat ihn da eingerichtet.

Den Nachmittag hab ich dann damit verbracht, meinem Körper diesen Mulm auszutreiben. Dazu war ich im Botanischen Garten spazieren, der sich wie gesagt über ein enorm großes Gelände erstreckt und viel davon auch viel mehr Park ist als sonst was. Aber dann wiederum haben sie dort so ein Glashaus, in dem eine Ausstellung zu fleischfressenden Pflanzen gewesen ist, wiederum ganz schön gemacht, fand ich. Klein zwar, aber natürlich bei freiem Eintritt, nur immer wieder mal eine Spendenbox aufgestellt. Das ist mir schon aufgefallen, dass nicht nur beim Eingang eine Spendenbox stand, sondern auch in der Ausstellung und beim Ausgang. Und man mag jetzt sagen, dass das viele Spendenboxen sind. Ja, schon. Aber ich hab nett gefunden, dass es Spendenboxenpositionen gibt, wo nicht ein Personal daneben steht. Man kann dann besser anonym vielleicht nur einen Dollar oder was einwerfen, ohne dass man jemandem gegenüber steht, vor dem man sich vielleicht dafür rechtfertigen möchte. Wär witzig, einen Blick in die Boxen zu werfen um zu sehen, ob die sich deutlich im Münz-Scheinverhältnis unterscheiden…

Besondere Beachtung bitte den Hintergrund, wo einfach ein paar Meter in die Senkrechte begrünt und beblumt und bemustert wurde.

Langsam geht die Sonne unter und ich liege auf der Wiese und schaue mal in den Himmel, mal auf mein Telefon, weil ich Nachrichten nachhause schreibe. Daneben höre ich den Vögeln zu und beobachte dann und wann auch, wenn einer um mich herumhüpft und vielleicht ein Käferchen aus der Wiese pickt. Es ist gemütlich und ikonisch mit dem Sydneypanorama vor mir.

Ja… ich mein. Blau halt. Das haben sie schon hübsch gemacht…

Tags darauf hatte ich keine großen Pläne, weil ich schon in der Vorbereitung von meinem Sydneyaufenthalt eine Karte für die Madama Butterfly gekauft hatte. Deshalb bin ich am Vormittag nur einmal Richtung Westen geschlendert, um abseits meiner Nord-Süd-Achse, auf der ich von meinem Hostel in die Innenstadt gehe, auch ein bisschen Sydney zu erkunden. Latent hatte ich das Aquarium und den Fischmarkt im Kopf. Fischmarkt irgendwie immer was aufregendes und bietet um kein Geld eh ein ähnliches Abenteuer wie das Aquarium. Ich war nicht darauf vorbereitet, was da im Fischmarkt los war. Ich hab gedacht, da wird eine große Markthalle sein und drinnen sind die Standler und ich lauf da ein bisschen durch, als einer von wenigen, die nicht hier sind, um sich einen Fisch zu kaufen. Nun. Es ist dann zwar eine große Markhalle gewesen, aber ziemlich durchorganisiert. Da waren drei oder vier Fischgeschäfte drinnen, die alle etwa gleich strukturiert waren. Für mich am aufregendsten und vielleicht auch Grund für viele von den AsiatInnen und asiatischstämmigen AustralierInnen, denen ich hier begegnet bin – nämlich sicher acht von zehn Leuten, die im Fischmarkt unterwegs waren – war, dass jedes Geschäft eine Sashimibar hatte. Oh yeah. Da geht man dann hin und sagt, das und das und das. Und sie sagt: aufschneiden. Und ich sag: ja bitte. Und dann hab ich einfach eine Tasse mit meinem rohen Fisch bekommen, ein Töpfchen Sojasauce mit Wasabi drin und kein Reis und nix sonst. (Da hab ich mir noch einen chinesischen Algensalat gekauft, der war sehr gut.) Damit hab ich mich in die Sonne gesetzt und das war wirklich sehr gut. Auch nicht viel billiger, als der Eintritt in das Aquarium gewesen wäre. Ich hatte zwei Ich-glaub-Jakobs-Muscheln, die sie horizontal halbiert hat, die waren ein Traum. Nein, das war sehr gut, wenngleich es mir schon ein wenig absurd vorgekommen ist, dass ich tatsächlich einfach einen Teller voll ungewürztem, rohem Fisch esse. Es hat schon was faszinierendes, auch wenn ich Sushiessen jetzt nicht unter der dubiosen Kategorie Exotisches einordnen würde. Auf die Austern hab ich dann verzichtet, weil ich mich tatsächlich ganz gut angegessen hatte, mit meinem Sashimi. Das tut mir schon ein bisschen leid, auch wenn ich wahrscheinlich auch das Gefühl hatte, dass das ein bisschen eine soziale Unternehmung sein sollte und allein Austern essen irgendwie… weiß nicht. Ich glaub, die Idee, sich an Austern satt zu essen kam mir ein bisschen unziemlich vor, von wegen Luxuskonnotation und so. Und es hätte noch viele Alternativen gegeben gegrilltes, gebratenes, überbackenes…

Ich bin ja dagegen, sein Essen zu fotografieren: deswegen gibt s leergegessenes Sashimigeschirr.

Am Abend gab s dann dann die Madama Butterfly. Erstens hat s mir wirklich gut gefallen. Ich mein, das ganze Setup war ein bisschen ungut, weil die Übertitel nur wenige Meter näher an der Bühne waren als ich und ich mich ziemlich hab winden müssen, um lesen zu können, was gesungen wird. Auf der anderen Seite, quasi zweitens, ist die Sydneyer Oper sehr bemüht und nicht nur dass sie mir eine Woche vorher Hintergrundinformationen per Mail geschickt haben, hat auch jede BesucherIn ein Programm bekommen in dem einige Informationen enthalten waren, nicht zuletzt eine Übersicht über die Handlung der drei Akte. Insofern war der Handlung durchaus zu folgen. Vor mir ist eine Sagen-wir-Achtjährige mit ihren Eltern gesessen, ich glaub, für die ist sich der Blick auf die Übertitel nicht mehr ausgegangen. Die hat sich dann auch bald einmal schlafen gelegt. Aber die Eltern haben trotzdem interessiert geschaut und es war ja auch schön gesungen und man hat doch noch das meiste gesehen, was auf der Bühne passiert. Ja, es gibt auch billige Plätze im Joan-Sutherland-Theatre. Außerdem gibt s geförderte Sitzplätze, das hab ich schon auch wieder gut gefunden. Da gibt s Sponsoren, die dann verschiedenen benachteiligten Gruppen Zehn-Dollar-Plätze ermöglichen. Aber ja, ich hatte nicht ideale Sicht, aber immerhin keine Säule, wie ich befürchtet hab. Ich glaub, es gibt da gar keine Säulen, so modern ist die Oper.

Als Opern noch aus Beton gegossen wurden.

Gutes Programm ansonsten auch, weil es in Australien, mit dem großen Anteil an asiatischstämmigen EinwohnerInnen vielleicht ein bisschen sensibler ist, diese Geschichte zu erzählen, von der Japanerin, die im All-Inclusive-Deal mitsamt dem Haus an einen Amerikaner verkauft wird, um dann von ihm stehengelassen zu werden wie die reinste Medea. Weil an die hab ich schon immer wieder mal denken müssen. Und in diesem Vergleich mit Medea ist es natürlich auch nochmal mehr eine Kolonialisierungsgeschichte. Ms Pinkerton gibt übernimmt die amerikanische Kultur, was in erster Linie heißt, dass sie zum Christentum konvertiert und amerikanisches Eherecht für sich in Anspruch nimmt. Aber wurscht, weil sie trotzdem ignoriert wird. Tragischer vielleicht als Medea, weil die sich in ihrer Verzweiflung zumindest wehrt während sich Cio-Cio-San (Ms Butterfly ist ja wohl ihr Sklavenname) begegnet ihrem Schicksal mit Autoaggression, d.h., sie schafft lieber sich selbst aus dem Weg statt der Familie. Und als in der allerletzten Szene, als sie sterbend daliegt, noch der Herr Pinkerton bei der Tür reinkommt und sie in den Arm nimmt, da wär es schon gut gewesen, wenn ihm wer was an den Kopf wirft. Nicht mal allein sterben darf sie sondern muss noch mit dem Schuldgefühl von ihrem blöden Gatten konfrontiert werden. Da war ich schon aufgewühlt. Aber diesmal halt im Gefühl statt im Magen.

Zwar hat das Gebäude zunächst schon eng gewirkt, aber da wird sich der Architekt was gedacht haben, weil nachdem s aus war, sind wir in nullkommanichts draußen und zerstreut quasi auch schon gewesen.

Anyway. Die Cio-Cio-San ist von einer Asiatin gespielt worden, während viele in ihrem Stab von EuropäerInnen dargestellt wurden, jetzt: phäno– und idealtypisch. Zuerst hab ich gedacht: das ist schon ok. Dann hab ich gedacht: muss wohl jede asiatisch aussehende Sopranistin die Cio-Cio-San spielen? Ist nicht so einfach… Wahrscheinlich haben sie s ganz gut gelöst, dass die Verwandtschaft und sonstige japanische Bevölkerung mehr durch ihre Kleidung als durch ihre Gesichtszüge als solche erkennbar gemacht wurden.

Na und sonst hat mir auch das Bühnenbild ganz gut gefallen. Nicht wirklich was besonderes, also, hat man alles schon gesehen: sich drehende, asymmetrische Plattform von einem weiteren, sich drehenden Ring umgeben. Und von den Wänden große Projektionsflächen, die je nachdem eine abstrakt die jeweilige Umgebung und/oder Stimmung dargestellt haben. Auch hier gab s natürlich so einen Moment, wo dann japanische Schriftzeichen herumgeflogen sind und ich hab mir gedacht, die können sich hier wohl kaum leisten, hier einfach nur für ein exotisches Flair zu sorgen, das muss schon auch eine Bedeutung haben, wenn die da so aufgereiht, anscheinend in Sätze geformt über die Leinwände driften.

Ich mein, es ist schon ein bisschen ein TouristInnenprogramm, natürlich. Aber dafür hatten sie im Eingangsbereich auch eine Weltkarte aufgestellt, wo man sich mit einem Pickerl hat eintragen können, woher man kommt. Und wenig überraschend haben wir wenige Gäste aus Afrika, Zentralasien oder Südamerika da gehabt. Hingegen war Europa, Japan oder auch die Pazifikküste der USA ziemlich zugestickert. Aber auch Australien und vor allem Neuseeland. Vielleicht gehört das dazu, dass ich hier ja selbst in der BesucherInnenrolle war, aber ich fand s aufregender, als das eine Mal, als ich in der Staatsoper in TouristInnenbegleitung Fidelio gesehen hab.

Wer ganz genau aufpasst, kann hier das Kreuz des Südens über dem Dach der Oper erkennen: etwa ein Drittel von links rein und bisserl über der Hälfte. Man sieht einen Stern gut, einen eher gut, einen eher schlecht und einen schlecht. Und für ein fünfteiliges Kreuz wie auf der Fahne sieht man einen weder/noch.

Den letzten Tag in Sydney hab ich dann auf der Post, im Park und im Zaubermuseum verbracht. Eigentlich hätte es andersherum sein sollen, aber als ich kurz vor der ausgemachten Zeit vor dem Zaubermuseum stand, war da nichts. Also nicht gar nichts. Ein bisschen hab ich zwar schon gedacht, ah, der wird jetzt um halb punktgenau in einer Staubwolke erscheinen. Oder sowas in der Art. Aber war nicht. Fünf vor halb hat mich die Bürokraft angerufen und gefragt, ob ich auch den Abendtermin wahrnehmen könnte, dem Zauberer geht s nicht so gut. Hab ich gesagt nein, das nicht, aber wenn sie s verschieben will, das ist mir recht. Also haben wir s verschoben und ich hab zuerst meinen Reiseführer heimgeschickt, was mich mehr kostet, als der wert ist, aber für irgendwas muss ich meine Scheine ja ausgeben. Und den wollte ich wirklich nicht mehr mit mir herumtragen.

Und dann war ich total gute Ramen essen, an der Bar und überhaupt, das hat sich schon gut authentisch angefühlt. Auch weil zum Beispiel auf der Speisekarte zwanzig Suppen abgebildet (und trotzdem hat sich s authentisch angefühlt!) waren, die sich optisch eigentlich kaum unterschieden haben. Auch erwähnenswert ist, dass ich mich nicht angepatzt hab und das ist ein bisserl ein First für mich und meinen Ramenkonsum.

Im Park gibt s zum Abschied einen Ibis und ein Opossum im Baum (nicht im Bild)

Der Zauberer ist dann zum neuen Termin aus seiner Tür gestiegen, ohne Rauch, ohne Tricks, ohne alles. Und dann hat er gesagt, ich bin der einzige und dann hab ich schwören müssen, nichts weiterzusagen, von dem, was ich in der nächsten Stunde lerne. Und weil das der Magierschwur war (so oder so ähnlich), bin ich jetzt, glaub ich, streng genommen ein Zauberer.

Jetzt die Tour. Es ist ja so, dass man sich dafür anmelden muss, es ist jetzt nicht ein Museum, wie man sich das vielleicht vorstellt, wo man vorne reingeht, dann bisschen rumgeht, eine Handvoll tolle Sachen hinter Glas sieht, teuer an die Wand geklebte Beschriftungen liest und dann im Giftshop lange witzigen Schrott anschaut bevor man maximal eine Ansichtskarte kauft. Es ist eine individuelle Führung, wo er zwischendurch zwei Tricks gezeigt hat und dann erklärt bisschen und fundamentale Prinzipien und ein bisschen Geschichte und Showbusiness und dann noch zwei, drei aufwendige Bühnentricks erklärt. Und zwischendurch hat er manchmal ein bisschen geschimpft auf VeganerInnen, die keine Ahnung haben, aber das nicht ok finden, wenn ZaubererInnen mit Tieren arbeiten. Oder PolitikerInnen, die die Aufmerksamkeit der Menschen misdirecten würden, wohingegen ZaubererInnen dieselbe bloß guideten. Interessant fand ich, dass er gemeint hat, Zauberei sei sehr stark eine Sache des Gefühls, viel mehr als des Geistes, dass er schnell ein Gefühl für s Publikum gewinne, in der Lage sei, schnell Sympathien und Widerstände und dergleichen zu erfassen. Oh-o, hab ich mir gedacht, ich will jetzt aber nicht, dass er erkennt, dass ich ihm als Person langsam ein bisschen skeptisch gegenüberstehe, so wie er vor sich hinredet.

Nah, ich glaub, das war schon ganz ok und einiges wirklich interessant. Und wir waren dann ein bisschen schneller fertig als geplant, ich hatte den Eindruck, meine Fragen und Anmerkungen gehen an ihm ein bisschen vorbei, er redet lieber über seine Sachen. Aber ja, ich mein, er hat sich nicht so gut gefühlt und hat dann für eine Person seine Tour gemacht. Und ich bin offensichtlich nach wie vor nicht jemand der sich da aufstellt beziehungsweise einen Aufstand macht, wenn der Konsum nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle. Und vielleicht auch ein bisschen verwöhnt von der Museumskultur hier im allgemeinen, dass ich dann so schnell ins kritisieren komm, wenn ich mal für was Eintritt gezahlt habe.

Keine Fotos im Zaubermuseum. Und mir ist erst ganz am Ende eingefallen, dass ich letzten Winter dieses Video mehrere Mal durchgeschaut hab, wenn der Arbeitstag grad etwas zu lang schien. Aber so hatte ich s nicht als Argument parat, als er gesagt hat, man könne nicht nur Kartentricks zeigen, das Publikum würde sich langweilen. Unter uns: alles andere, was ich von Lennart Green bisher gesehen hab ist ziemlich mies. Aber eine halbe Stunde Kartentricks, da bin ich voll dabei.

Und dann war ich ratzfatz im Hostel und ratzfatz am Flughafen und ein letztes Mal hab ich noch der Versuchung widerstanden, ein Stoffschnabeltier zu kaufen. Ich mein, in Wahrheit hab ich das beste Stoffschnabeltier im Zoo-Shop vom Melbourner Zoo gesehen, weil das war schön und es war eine Handpuppe auch. Das war super. Und das zweitbeste hab ich dann ab und zu mal gesehen und das hätte es sogar noch am Flughafen gegeben, hat aber dort zehn Dollar mehr gekostet, als ich noch hatte. Also hab ich jetzt meine Dollar mit ins Ausland genommen und jetzt kein Stoffschnabeltier im Gepäck.

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Also gleich vorweg bin ich schon froh, auch Sydney noch besucht zu haben. Es gibt da ja so eine Konkurrenz zwischen SydneyerInnen und MelbournerInnen, wer aus der besseren Stadt kommt. Und nachdem ich so viel Zeit in Melbourne verbracht hab und eindeutig mehr MelbournerInnen kennengelernt hab, als SydneyerInnen, tendiere ich natürlich zu Melbourne, wenn ich mich da für was entscheiden sollen muss. Je mehr ich merke, dass das was ernstes ist, desto unsinniger kommt s mir natürlich gleich wieder vor. Aber ich hab zwei Vergleiche angestellt: Sydney ist schön zum Besuchen, Melbourne ist womöglich schöner zum Dort-Leben. Sydney ist eine Stadt des zwanzigsten Jahrhunderts, Melbourne vielleicht eine Stadt des einundzwanzigsten…? „Das versteh ich nicht,“ sagt V. und ich muss ihr zustimmen: Ja, nein, ist vielleicht ein blöder Vergleich.

Sydney ist jedenfalls pompöser, die haben dort diese Brücke, die ich aus der Nähe betrachtet tatsächlich sehr viel eindrucksvoller finde, als ich das zunächst von den Bildern, die ich von ihr gesehen habe, angenommen hätte. Aber das ist einfach eine enorme Brücke! Und erstaunlich, hab ich den anderen Tag nachgedacht, dass diese Brücke diesen Verkehr aushält. Weil die ist – wenn ich das kurz nachschau – vor sechsundneunzig Jahren gebaut, vor siebenundachtzig Jahren eröffnet worden. Und dass man da schon so gebaut hat, dass der heutige Massenverkehr drüberbrettert. Aber dann wiederum sei „[b]etween December 2006 and March 2010 the bridge […] subject to works designed to ensure its longevity [gewesen]. The work included some strengthening1. Und Entlastungstunnel haben sie auch gegraben. Also wunder ich mich schon zurecht, aber nicht als erster.

Ein Beispiel imposanter Architektur. Zugegeben, ein Kriegsdenkmal. Aber schaut aus wie direkt aus Metropolis. Letztlich eigentlich auch interessant, dass ich da durchaus gedenkend drin stehe, als Vertreter eines der Nachfolgestaaten, gegen die die Leute, denen da drinnen so art-nouveau gedacht wird. Die Architektur sagt ja schon: es geht hier um den Ersten Weltkrieg. Und trotzdem ist es einfacher, jenen zu gedenken, die jenes demokratische System in Europa etabliert haben, in dem ich aufgewachsen bin.

Wie dem auch sei. Da ist eine eindrucksvolle Brücke, da ist ein schickes Opernhaus, da sind protzige Gebäude, die in die Kolonialzeit zurückreichen, da sind riesige Gärten, ich mein, das halbe Zentrum ist im Wesentlichen der botanische Garten. Und ich mein, Melbourne hat auch viel Grün, wirklich, aber – und das mein ich ansatzweise mit dieser Jahrhundertsache – Melbourne kam mir so viel dezentraler vor. Hingegen liegt Sydney so viel mehr am Meer und vor allem ist das Meer im Zentrum, nachdem Sydney in dieser tollen Bucht liegt. Was sie beide haben, sind ihre CBDs, ihre Central Business Districts, wo die Hochhäuser stehen und Bankenlogos einander ausblenden. Wo in die Höhe gebaut wird, mit Glas und Stahl. Aber das ist einfach Spätkapitalismus, das ist halt so. Aber wer will das schon, da gibt s die Markenshops und das ganze Luxusgedings. Im Grunde ist das auch dasselbe wie das Einkaufszentrum in Jakarta, nur dass hier der Unterschied nicht so ins Auge sticht. Im Gegenteil wird hier ja so getan, als hätten alle Zutritt zum Luxus, weil man sich hier halt einmal ins Guylian Caféhaus setzt. Ich kann dir nicht mal sagen, wie teuer dort eine heiße Schokolade ist, weil ich mich nicht ins Guylian Caféhaus gesetzt hab. Nein, nein, wo ich meinen Kaffee trinke, das wird noch zu sehen sein.

Aber ja: Sydney find ich schon gut. Am ersten Abend bin ich gleich einmal die Stadt entlang gelaufen, weil wie gesagt, es gibt ja ein Zentrum oder sowas in der Art, was auch interessant anzuschauen ist. Dabei bin ich an einem Eislaufplatz vorbeigekommen, den sie hier angeeist haben. Ist ja Winter, auch wenn ich die fünfzehn Grad herzlich willkommen geheißen habe. War schön, in der lauen Nachtluft spazieren zu gehen. Am Eislaufplatz sind die AustralierInnen (?) herumgestakst, das war ganz lustig. Dazwischen war ein offensichtlich russisches Pärchen (sie mit Plusterjacke inklusive bepelzter Kaputze, er mit Dreimillimiterfrisur und diesem so beiläufigen no-nonsense Gesichtsausdruck, der auf russischen Gesichtern so richtig zur Geltung kommt), die sich mit fast aggressiver Leichtigkeit zwischen den leicht vorübergebeugten GleichgewichtsbewahrerInnen durchgeschlängelt haben, gleichgültig im Vorwärts- wie im Rückwärtsgang.

Und dann halt der erste Blick auf die Brücke. Das hat schon Eindruck hinterlassen. Und das Opernhaus. Das ist halt so ein klassischer Moment, wo man etwas sieht, was man schon so oft auf Bildern gesehen hat, dass es fast ein bisschen unwirklich ist. Eine halbe Stunde, würde ich sagen, habe ich mich gegen das Fotos-Machen gesträubt, bis ich dem nachgegeben hab. Aus der Entfernung ist das Opernhaus schon eindrucksvoll, und aus der Nähe sind die Details beeindruckend, weil die kennt man ja auch noch nicht so in und auswendig wie die das Große und Ganze. Nicht schlecht.

Sydney/Bucht/Nacht/Brücke.png

Aber eines nach dem anderen.

Am Freitag bin ich erst einmal in die Schnellbahn gestiegen und hab mich auf die Suche nach Wendy Whiteley’s Secret Garden2 gemacht. Das war noch eine Hinterlassenschaft von Jonathan, der gesagt hat, das sei sein Lieblingsplatz in Sydney, der repräsentiere für ihn so viel, was Sydney für ihn bedeute. Also bin ich zu der Station zurückgewatschelt, bei der ich Tags zuvor vom Flughafen angekommen bin und hab mich in den Zug über die Brücke nach Nord-Sydney gesetzt. Und dann bin ich in der Brücke einen Kaffee trinken gegangen. Das war von außen ein bisschen unscheinbar, aber drinnen, o mei, drinnen ist die Hipsterpost abgegangen. Also, das kann man sich ein bisschen wie die Stadtbahnbögen in Wien vorstellen: Da sind einfach Räume unter der Auffahrt auf diese massive Brücke und die sind so ein bisschen Lagerhallen oder was auch immer. Ich hatte ja dann das Glück, dass sich einer der Besitzer oder Manager oder was halt mit einem anderen auf die lange Bank neben mich gesetzt hat und dem dann die Geschichte vom Oberchef erzählt hat und davon, wie der das umgesetzt hat. Weil geplant, hat er gesagt, geplant ist da nicht so wirklich. Das sei mehr so organisch gewachsen. Also der hat nämlich sich diesen Raum gecheckt und dann hat ein anderer Freud von ihm irgendwie günstig ausrangierte Schiffscontainer organisiert und dann hat er da – und da ist mir das dann erst aufgefallen – einen Container schwarz angestrichen in der Mitte des Lagers als Kaffeebar hingestellt. Und auf der einen Seite saß ich auf einem der langen Tische und einer der dazugehörigen Bänken. Auf der Seite waren so Zweiertischchen und am fernen Ende ist einer mit einer Gitarre auf einer Bühne gestanden (über ihm sind zwei Fahrräder von der Decke gehangen) und hat dort vor sich hin gesungen. Freitagvormittag und die machen sich einfach einen lässigen Sonntagsbrunch! Ich hatte ein Stück Bananenbrot mit salziger Butter und das war eigentlich auch schon ziemlich ok. Und dann natürlich der Typ, der mich an der Bar bedient hat, locker-flockig, mit einem Akzent, den ich für Queensländisch halte.

Ich mein: schau wie cool die sind! Da fährt einer mit dem Rad durch s Kaffeehaus!!! Und das hat fix keine Gangschaltung auch nicht!!!!11! Aber dann wiederum war der Kaffee halt auch wirklich gut.

Na jedenfalls hat der Chef mit dem coolen Café noch nicht genug gehabt, hat den Künstler von nebenan rausgekauft (der Gegend beim Gentrifizieren zuschauen, möchte man meinen) und dort mehr Schiffscontainer reingestellt, die er als Büros für – nehm ich an – irgendwelche Crowdfundis oder Kickstars oder Starter-Uppers vermietet. Und dann natürlich gab s noch bisschen Galerie in der dritten Lagerhalle. Also: schon schön. Aber gleich mit der vollen Hipsterwumme, dass sich Melbourne ins Zeug legen muss, um als die hippere Stadt der kaffetrinkenden AppleprodukteverwenderInnen gelten zu können. So, der Unterschied, den ich im Artikel über die Rivalitäten verschiedener australischer Städte gelesen habe, ist, dass vor der Föderation der verschiedenen Kolonialterritorien, Victoria (Melbourne) und New South Wales (Sydney) einfach verschiedene wirtschaftliche Politiken gefahren sind. Das überrascht ein wenig, wenn man dem aus der Perspektive eines modernen Nationalstaates gegenübersteht, dass man in seinen Kolonien nicht ein einheitliches System verwendet. Ein Traum natürlich für die WirtschaftsprofessorInnen, die da die verrücktesten Experimente beobachten hätten können. New South Wales hat mehr auf freien Markt gesetzt, während in Victoria protektionistisch vorgegangen wurde. Und natürlich, nachdem ich so einen Satz gelesen hab, denke ich sofort: ahja, sieht man ja quasi immer noch: neoliberales Sydney mit seiner bombastischen Architektur und das Melbourne, das auf seine KünstlerInnen schaut. Ganz so einfach ist das natürlich auch wieder nicht. Heute dürfte die Differenz mehr darin liegen, dass die einen Australian Rules Football spielen und die anderen Rugby League und sonst halt so tun, als wären sie jeweils die allgemein wichtigeren.

Aber Wendey Whiteley’ Secret Garden ist einfach herzig. Das schaut auf dem Plan wirklich nach nicht viel aus, weil das ganze über einen Hang verteilt ist, aber da ist fast ein bisschen ein Urwald gepflanzt. Da steht man plötzlich zwischen Bäumen und in einer verhältnismäßigen Stille, dass es eine Freude ist. Ab und zu stehen kleine Statuen herum und am Fuß des Hügels stehen dann weit verteilt auch einige Tische und Bänke und andere Sitzgelegenheiten. Dazwischen staksen ein paar so Art Truthühner oder Pfaue, relativ unbeeindruckt von den paar europäischen und asiatischen BesucherInnen, die ihre Hälse winden um sich in alle Richtungen umzusehen. Und wenn man Glück hat, dann sieht man Freiwillige, die mühsam eine volle Schubkarre den steilen Hang hinaufhieven.

Immer gegen die Sonne fotografieren. Aber ich bin, wie dieses Bild beweist, nicht der einzige. Schwacher Trost für all jene, die lieber ein ordentliches Bild vom Wendy Whiteley’s Secret Garden gesehen hätten.

Unterhalb von WWSG setze ich mich ein bisschen ans Ufer und schau den Leuten beim Sporteln, Spazierengehen und Hundausführen zu. Die sind alle so aktiv! Und dennoch ist es immer noch still und gemütlich. Lauter wird s dann, als ich am Ufer entlang zur Brücke zurückgehe und dabei den Luna Park quere. Und ich geh jetzt nicht direkt durch, weil das Geschrei und das Gekreische und die weichen Pommes Frites und das schmierige Ketchup… das lass ich heute aus und gehe außerhalb den Steg entlang wo ich über die Beine hunderter jugendlicher TouristInnen (?) steige, die frittierte Hühnerteile teilen. Weil es ist Mittag und das ist eine Gelegenheit, bei netter Aussicht mit FreundInnen ein Mittagessen zu teilen.

Ich brauche dann ein bisschen, bis ich den Weg auf die Brücke hinauf gefunden habe. Weil ich annehme, dass die Brücke zirka dort anfängt, wo die Bucht ist. Aber das ist ein Irrtum, weil ich muss ein ganz hübsches Stück ins Land hineingehen, bis die Brückenauffahrt niedrig genug ist, dass sie eine Treppe hinauf gebaut haben. Und dann geh ich über die Brücke und wundere mich, dass die die Autos aushält.

Ich mein! Einer der beiden Pfosten auf der Nordseite der Brücke. Die auf der Südseite genauso imposant, also same-same. Dazwischen hängen 503 Meter Brücke.

Über die Brücke gehen ist gratis und schon ein bisschen aufregend. Also, nicht dass die Brücke schwankt oder sowas. Aber bei mir löst so ein Blick, der an meinen Füßen vorbei hundert Meter in die Tiefe geht schon ein Gefühl besonderer Mulmigkeit in meinem Bauch aus, das ich sonst nicht wirklich hab und auch nicht wirklich brauche. Auch wenn überall Zaun ist und Stacheldraht und Verbotsschilder und Sicherheitskameras. Und sogar Personal in Warnwesten herumsteht, die schnell einmal zur Stelle sind, wenn was passieren sollte, also: falls sich jemand nicht passend verhält. Ich mein, man kann dazu stehen wie man will, da gibt s sicherlich mehr als nur eine Perspektive. Aber ich finde, in Sachen ziviler Bevölkerungskontrolle und nämlich auch Sicherheits- und nicht zuletzt Hilfsservices sind die BritInnen und die Systeme in dem einen oder anderen Nachfolgestaat des Empires ziemlich gut aufgestellt. Und da denk ich immer sofort an die im Alltag unbewaffnete Polizei in Großbritannien. Aber in dem speziellen Fall meine ich auch, dass man mit Mobilitätseinschränkungen besser herum kommt als anders in der Welt. Und nicht nur, weil überall Rampen sind, sondern auch weil es in meinen Augen – und zugegeben, das sind nur die Augen – weitgehend enttabuisiert ist, Hilfe entgegenzunehmen. Sicherlich nicht total. Aber zum Beispiel kann sich eine Telefonfirma auch mit einer Werbung etablieren, in der ein junger Mann in einem Kleid und Ohrringen auf der Couch sitzt und zu einer unsichtbaren InterviewerIn sagt, dass er das für wichtig halte, dass die Leute unterschiedlich sein können, weil es sonst langweilig wäre (oder sowas). Das ist klingt jetzt wieder ein bisschen nach was anderem, aber das geht nicht überall, dass man Vielfalt so betont. Und Vielfalt heißt, dass Unterstützung auch verschiedene Formen annehmen muss. Und das wird am besten durch menschliches Personal geleistet, die in der Situation reagieren können. Gut. Großbritannien hat auch das dichteste Netz an Überwachungskameras… ja eh. Ist bei weitem nicht alles gut.

Auf der Südseite angekommen folge ich dem Stadtspaziergang über The Rocks, den mir der Lonely Planet ans Herz legt. Das ist quasi das historische Zentrum des kolonialen Sydneys. Hier steht das älteste Haus und der Zollverein und hier ist das Terminal für die internationalen Cruiseliner, die den Blick auf das Opernhaus blockieren. Zum Glück bricht die Pacific Explorer gerade auf. Und nicht, weil ich das Opernhaus sehen muss, aber weil das einfach imposant ist, wenn dieses riesige Schiff ausparkt. Hinten ist das kleine Lotsenboot angebunden, das weiß ich noch aus Oil Imperium, dass man sich ein Lotsenboot zukaufen kann, wenn man in einem schwierigen Hafen anlegen muss. Das ganze dauert vielleicht eine halbe Stunde oder was, bis sich die Pacific Explorer in Richtung Buchtausgang gerichtet auf den Weg macht und ich meinen The Rocks Spaziergang fortsetze.

Like No Place On Earth

Na ja, auf der anderen Seite der Hafenbucht wird gentrifiziert, was das Zeug hält, da reihen sich zunächst die Austernbars aneinander und die schicken Restaurants haben beheizte Plastikblasen am Kai aufgestellt, in denen sich während ich vorbeischlendere, launige Gruppen niederlassen, die ein bisschen nach After-Work-Trinkgelagen aussehen. Dahinter sind in die alte Lagerhallen bereits vermutlich elegant-rustikale Wohnungen hineingeschlichtet worden, in den Spielplätzen der Umgebung passen junge Väter darauf auf, dass ihre Kinder nicht von den Klettergerüsten fallen. Außerdem ist hier das… älteste Pub Sydneys? Es wirkt tatsächlich recht authentisch für diesen Titel. Ich aber vorbei und schau mir umgeben von Pärchen aus aller Welt den Sonnenuntergang vom Observatoriumshügel aus an. Dann langsam der Abstieg durch die „Altstadt“, wobei das aufregendste noch der Suez Canal ist, eine steile, immer enger werdende Gasse, die am unteren Ende nur noch knapp einen Meter breit ist. Der Name ist ein bisschen ein Wortwitz auf Sewers, weil hier wohl einiges zusammengelaufen ist. Nachteil des Systems war, dass hier regelmäßig Leute überfallen worden sind, die in solchen Gassen quasi ins Eck gedrängt wurden. Aber das dürfte im alten Sydney insgesamt ein Problem gewesen sein.

Der Observatoriumshügel beherbergt nicht nur das Observatorium sondern er überrascht auch mit dieser H.C. Andersen Büste. Nicht im Bild ist folgender Begleittext: „If ever a man preached justice and mercy and love of humanity, it was he. He wrote for the man in the child as no one else has ever done. -Dame Mary Gilmore“ Mein Mann im Kind war mit der kleinen Meerjungfrau und all der dort gepredigten Gerechtigkeit, Gnade und Menschenliebe seinerzeit ein bisschen überfordert.

Samstag war ich faul und nachmittags im Museum of Contemporary Art. Das ist nie so einfach, wie man denkt. Manchmal ist das gut und man sieht was, was witzig oder originell ist. Aber ein bisschen ist das dann auch gar nicht das, was Kunst vielleicht soll: witzig und originell. Die Sonderausstellung im MCA war Shaun Gladwell und da sind schon ein paar – wie gesagt – originelle Sachen ausgestellt. Aber ich denk mir dann: ich glaub ich brauch da mehr Kontext um zu verstehen, warum der gefördert wird, warum der ausgestellt wird, welche Beitrag der liefert und wen er wie beeinflusst oder provoziert oder so… Wem schafft er welche Einsicht oder zumindest Perspektive? Und wenn ich ein bisschen auf andere Leute schau, ich glaub, da geht s ja manchen ähnlich. (Wahrscheinlich brauch ich diesen Eindruck sogar, um meine Meinung so zu formulieren…) Schau: Was das Programm sagt, ist der Shaun Gladwell zum Beispiel mit so Videos geworden, zum Beispiel wie ausgestellt, wo er jemanden filmt, der auf einem Surfbrett sitzt, aber so, dass er unter Wasser ist. Und das wird dann in Zeitlupe abgespielt. Und es ist ganz witzig, weil zuerst weiß man ja gar nicht, was da passiert, das Wasser spiegelt unten genauso wie oben und dann merkt man erst, dass der unter Wasser ist, weil er zum Beispiel Luft holt indem er neben dem Surfbrett seinen Kopf durch die Wasseroberfläche steckt, aber eben nicht ins Wasser sondern aus dem Wasser hinaus. Und das schaut ganz witzig aus, wie er in den Wellen das Gleichgewicht hält.

So. Jetzt… Mein momentaner Go-to-Gedanke ist: wie ist der Prozess, bis jemand mit sowas in eine Ausstellung kommt? Weil der Shaun Gladwell hat zum Beispiel auch bei der Biennale mal den Australischen Dings gestaltet, Pavillion. Und ich lese hier, der Elton John sammelt seine Sachen. Also durchaus von Weltrang. Wie kommt er in diese Situation… aber ich wiederhole mich bereits. Die Frage erscheint nicht so kompliziert und trotzdem schwer auf den Punkt zu bringen. Vielleicht: Welche Rahmenbedingungen machen aus dem Banalen Kunst? Und es ist nicht einmal, dass ich s nicht gut finde, ich würde sogar sagen, ich kann damit was anfangen. Ich bin da zum Beispiel sehr dahinter, dass er seinen Skaterhintegrund einbringt und einbaut und bisweilen ins Zentrum stellt.

Dass bei sowas dann dabeisteht, dass die Form an den da Vincis Vitruvianischen Menschen gemahnt, das kam mir fast wie eine etwas zwängliche Distanzierung von einem ab und zu einmal zitierten Kreuzigungsbildnis vor. Aber muss man den Shaun fragen.

Und in dem oben zitierten Wikipediaartikel hab ich jetzt noch den folgenden Absatz gelesen: „John McDonald [The Sydney Morning Herald], wrote a piece recently that questioned his appeal: ’Watching the inexorable rise of Shaun Gladwell during the past decade makes me feel like the only teetotaller at a drunken party.’“ Und so boshaft das klingt und all meiner oben formulierten Anerkennung zum Trotz, I can see where he’s coming from.

Was irgendwie dann auch immer interessant ist, ist die Ausstellung von KünstlerInnen, die sich als Aborigines oder Torres Strait Islanders identifizieren. Also, bisschen auf der Metaebene: weil die mir kommt vor, an den „traditionellen“ Sachen laufen die Leute oft einmal schnell vorbei. Auf der anderen Seite gab s im MCA auch ein paar KünstlerInnen, die mit viel deutlicheren Objekten ausgestellt waren. Da war beispielsweise eine Videoinstallation, in der die Ereignisse einer Ausschreitung anlässlich des Tods eines Aborigines in Polizeigewahrsam gezeigt wurden. Relativ linear, ein bisschen überschneidend, weil 2004 schon viele private Videokameras unterwegs waren und zusammen mit den Bodycams der Polizei lässt das einerseits die Wut der Bevölkerung und andererseits den Stress der Polizei gut zur Geltung kommen.

Im Erdgeschoß war dann noch ein kenyanischer Künstler ausgestellt und da hab ich schon auch wieder gemerkt, wie sehr der Kunstbegriff (mein Kunstbegriff?) an der Leinwand, und noch nicht einmal der Kinoleinwand, festgemacht ist. Das hat lustigerweise auch der Roman Signer im MONA-Interview gesagt: dass in seiner Jugend ein Künstler jemand war, der gut malen hat können. Ja, da hab ich einiges daran zu kiefeln, hier ein bisschen ein breiteres Verständnis zu entwickeln als alteingesessene SchweizerInnen aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts… Der Michael Armitage jedenfalls, malt zwar auf einem Material, das einen Bezug zu seiner Herkunftskultur herstellt (wo es traditionell als Leichentuch in Verwendung war), aber darauf ist Öl und es schaut mitunter auch ein bisschen aus wie ein Klimt. Easy.

Mangroves Dip (2015) „Sex Tourism is widespread along the coast of Kenya. Mangroves Dip is an image that can be read in multiple ways a tender portrait of a man dipping a woman into water or a reflexion on the sex industry.“ (aus dem Katalog)

Nun, es ufert jetzt schon ein bisschen über jedweden Beckenrand und ich bin erst den zweiten Tag in Sydney. Ja, so Städtetourismus braucht halt ein bisschen Reflexion. Ja, wahrscheinlich bin ich wirklich einfach ein bisschen zu viel Kopf…

…aber keine Euro

Eigentlich ist es erstaunlich, dass das hier Tahiti heißt, würde doch Tahit’ viel französischer klingen. Und sonst klingt alles sehr französisch. Vielleicht ist es einfach das, was mich heute so müde macht. Oder es ist das, dass ich doch jetzt einen Tag hinterher bin und ich den langen dreiundzwanzigsten Juli kaum geschlafen habe. Kaum im Flugzeug, kaum in Auckland, kaum im Flugzeug. Und jetzt hab ich zwar heute vierzehn Stunden geschlafen, aber ich bin trotzdem schon wieder müde wie nix und es ist grad einmal halb acht.

Es war sehr schön bis jetzt, ankommen mit Blumenkranz. Naja, hab ich mir gedacht, aber das lass ich halt einmal mit mir passieren. Immerhin besteht das Empfangskomitee aus europäischstämmigen FranzösInnen in Flip-Flops, das reduziert die Exotik. Der Flughafen ist herzig, ich freu mich über die Schlange für die InhaberInnen von EU-Pässen. In der stehen wir dann mit den Einheimischen, was ich auch finde, dass die Exotik reduziert. Dass mein Immigrationszettel, für den ich mir so viel überlegt habe, mir von dem Beamten schnell einmal abgenommen und ohne ihn Anzusehen oder mir noch weitere Fragen zu stellen abgelegt wird, wird am Abend von meinen MitbewohnerInnen mit, ja, die FranzösInnen, denen ist das wurscht, kommentiert.

Im Haus sind außer mir ein Portugiese, ein halber Belgier und der Rest FranzösInnen. Inklusive der zweiten Hälfte des Belgiers. Es ist gleich ein netter Abend, weil die Gruppe miteinander vertraut ist und, ich würde sagen, dass das auch mitspielt: es sind halt FranzösInnen. Vornehmlich merkt man das daran, dass plötzlich Käse, Würste und Baguette herumgereicht wird, dann wird ein Wein aufgemacht und mehr Wurst. Und getschickt wird, wie ich es seit Indonesien nicht mehr gesehen habe. Ich mein, es ist nicht nur Klischee, was hier bedient wird, es gibt auch Bier und als es später wird, wird noch eine Pizza aufgetaut und es mischt sich dergestalt mir allgemeinem Hostelverhalten.

Und ich sitze dabei und höre zu und es geht so. Ich mein, ich verstehe zirka was geredet wird, wenn ich aufpasse. Ich krieg mit, wenn wo ein Witz erzählt wird, aber ich versteh ihn in der Regel nicht. Es ist interessant, denke ich mir zwischendurch, wie lange man über dasselbe Thema kann. Sowas fallt einem wahrscheinlich mehr auf, wenn man die Details nicht versteht. Dass dann jemand Eeewigkeiten über VeganerInnen und Honigkonsum reden kann. Oder… eines… der… anderen Themen. Ich merke, es ist doch nur wenig hängengeblieben. Ich mein, die Hälfte der Unterhaltung bestand wahrscheinlich eh aus doppelbödige Bemerkungen, über die zuerst minutenlang gekudert wurde, bevor sie unter Soundeffekten und Handbewegungen dem Portugiesen und mir erklärt worden sind. Es gibt scheinbar kaum ein Phonem, das im Französischen nicht sexuell konnotiert ist, das habe ich auf jeden Fall gelernt. Dann wieder werden Kinderlieder angestimmt und ich darf unterbringen, dass ich auch mit Le coq est mort aufgewachsen bin.

Tahiti ist so entspannt, dass die Kirchturmuhren ohne Zeiger auskommen

Dann haben die FranzösInnen sich ans Portugiesischlernen gemacht und bei geh in orsch, weil sowas lernt man, wenn man spontan ein paar Floskeln einer neuen Sprache lernt. Noch dazu scheint das ja in romanischen Sprachen insgesamt eine gebräuchliche Formulierung zu sein, die auch mit einem fuck off übersetzt worden ist, was aber dann letztlich doch auch näher am Ausgangsmaterial ins Portugiesische zu übersetzen war. Jedenfalls wurde in der näheren Analyse der Syntax der Scheinwerfer auf jenen Teil der Formulierung geworfen, der Richtung und Ziel der empfohlenen Bewegung bezeichne, nämlich up the ass. Und das hat die eine nicht sofort verstanden und wiederholt: Up ze aas? Und dann, erfreut darüber, verstanden zu haben, wiederholt hat: Up ze aas! Und ob ihrer unschuldigen Freude über eine eher analytische Erkenntnis, hat dieser Moment das ganze Gespräch um ein vielfaches ordinärer gemacht und der Sprachunterricht hat auch schnell zu einem Ende gefunden.

Und jetzt muss man auch dazu sagen, selbst wenn das jetzt kindisch rüberkommt, das waren keine Teenager, die mit mir Brot und Schmäh geteilt haben. Das sind fertige MedizinerInnen gewesen und ein Tischler und der Portugiese ist seit Europa mit dem Schiff unterwegs über Panama und so. Also durchaus Menschen mit Lebenserfahrung.

Dann hab ich mich hingelegt und hab noch überlegt, noch was zu lesen. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich diese Entscheidung noch bewusst getroffen habe oder ob sich s einfach nicht ausgegangen ist, aber ich bin dann schlagartig eingeschlafen und bin einmal um sechs aufgewacht, als die Hähne zu schreien begonnen haben – umgedreht und weitergeschlafen. Um zehn haben vielleicht einmal Hunde gebellt. Und um zwölf ist es langsam zu warm geworden, um weiterzuschlafen und ich hab mein schwitziges Gesicht aus dem Polster geklaubt und in den Tagesablauf gehievt.

Mit der notwendigen Portion an Adrenalin hat mich die Küchenschabe versorgt, die mir beim Zähneputzen aus dem Abfluss gekrochen ist. Die dürfte, hab ich nachher rekonstruiert, als das In-Wörtern-Denken wieder zurückgekommen ist, von oben in den Abfluss bekrochen sein und nicht wirklich aus dem Kanal gekommen sein. Davor reiß ich auf jeden Fall mal den Wasserhahn auf und dreh in nach links, in einem Versuch die Schabe zu verbrühen… Letztlich hab ich sie einfach mal weggespühlt und diesen Abflussstopper wieder eingesetzt. Brrr. Groß war sie schon, oder vielleicht war das nur, weil ich mit der Zahnbürste in dem Moment so mundfixiert war, dass ich mich so geschreckt und derart geekelt hab.

Danach schlag ich mir eine frisch vom Baum gefallene Maracuja in den Fertigporridge, und hab mit meinem besten Französisch der Christine, zu deren Mittagessen ich mich dazugesetzt hab, versucht zu erklären, woraus Porridge besteht und mich dann noch ein wenig mit dem Portugiesen unterhalten. Der kommt gerade vom Surfen zurück. Oder etwas genauer gesagt hat er nach dem Surfen ein bisschen mit der Haushälterin geflirtet, das heißt, so oder so ist sein muskulöser, braungebrannter Seefahreroberkörper so richtig aufgebufft als er sich zu mir setzt, der ich in mit rotem Kopf und schweißbenetzten T-Shirt im Schatten sitze und Harry Potter (jaja, ich bin jetzt im letzten Band, das hat jetzt bald ein Ende) lese. Quasi seine Antithese erlebe ich einen kleinen Anfall von Identitätskrise. Wir plaudern über das Rumfahren und das Zuhausesein und ich merke, ich streue ein wenig Angeberwörter in meine Erzählung, sage awesome, wenn etwas hübsch war und beschriebe eine angenehme Atmosphäre als mellow, weil er hat sich eine Jazzzigarette gedreht und das ist so ein bisschen ein Kifferwort für gemütlich. Er erzählt von seinen Plänen, davon, in Bali ein Hostel aufzumachen, im ruhigeren Eck, wo er jemanden mit der passenden Immobilie kenne. Das ist aber noch weit hin, sag ich, weil er doch zwischendurch noch Pläne für Neuseeland und Australien hat. Ja, sagt er, aber er findet, das ist gut, die Zukunft mit Plänen auszugestalten, keeps him going. Mhm, sag ich, und versuche einen humorvollen Kommentar darüber zu machen, dass ich jetzt schon seit einigen Jahren versuche, ohne Ziel im Leben zurecht zu kommen. Aber nachdem der Witz verlangt, dass ich ihm widerspreche, scheitere ich an der Pointe, wo ich doch keinesfalls behaupten kann, dass mir das gut getan hätte.

Dann gehe ich zur Marina und schau mir die Boote an. Mei, was haben die Leute Boote. Auf einem Boot steht als Heimathafen Basel drauf und das macht mich ein bisschen kichern. Insgesamt bin ich aber durchaus beeindruckt, in einem Fall fast etwas ehrfürchtig, weil da so viel Boot ist und drei Masten und das ist doch ein ziemliches Bild, selbst wenn da goldene Schnörkel in die weiße… Hülle. Chassis? Wie sagt man zur Außenseite eines Boots? Breitseite. Bug, Rumpf, Heck. Über das Heck hängt auf jeden Fall eine mehrere Quadratmeter große Flagge der britischen Handelsmarine. Wo drei viertel rot sind und nur oben im Eck, wo man sich auf der australischen Flagge der Geschichte und auf der amerikanischen Flagge der politischen Geographie versichern kann, dort oben in der Ecke halt ein Union Jack hängt. Ist, wie ich gerade lerne, halt die Flagge, die sich auch private beziehungsweise zivile Schiffe mit britischer Affiliation dranhängen.

Nachdem ich mir ein bisschen die Boote angeschaut habe, das klare Wasser bewundert und ein bisschen in der Fisch- und Vogelwelt gestöbert habe, setz mich dann ins Restaurant wo die Leute essen gehen, die mit ihrer Yacht nach Tahiti gekommen sind. Ab fünf ist Happy Hour, aber ich trinke bloß schnell ein kleines Bier in der Social Anxiety Hour und grübel ein wenig über das Leben das ich führe, während sich um mich herum mehr und mehr YachtbesitzerInnen in Korbstühlen niederlassen.

Schon wieder Abend. Hier geht die Sonne des 24. Juli endgültig unter, hinter dem Horizont ist schon der 25. Vor dem Horizont ist Mo’orea, die Nachbarinsel von Tahiti.

Auf dem Heimweg hab ich mich dann noch mit einer letzten, etwas konkreteren Krise auseinandersetzen müssen, weil ich, als ich am frühen Nachmittag fröhlich in Richtung Marina losspaziert bin, mir nicht markiert geschweige denn gemerkt habe, wo meine Unterkunft ist. Und das ist mir zwischendurch schon mal eingefallen, dass ich da noch suchen werde müssen, aber ganz der Optimist habe ich mir gedacht, dass das schon werde. Und es wurde ja auch, aber die zehn Minuten, die ich dann im Dunklen die Straße auf und ab gelaufen bin und Abzweigung gesucht hab, sind mir durchaus länger vorgekommen. Ein-, zweimal kurz hab ich mir gedacht, dass ich schon ein Dillo bin. Dann wiederum ist mir auch zweimal Hilfe angeboten worden, nur leider: die Adresse, die ich von meinem Hostel hab, ist nicht die Adresse vom Hostel. Das hat ein junger Mann bestätigt und ich bin so zumindest ein bisschen zum Französischreden gekommen. Und ja, nein, die Adresse, die ich hab, da dürfte die Besitzerin wohnen, das ist den Berg rauf. Aber mit dem Wissen, dass ich nur zwanzig Meter vom Meer wohne (weil da ist einfach dauernd die Brandung bei mir daheim) und die Straße kurz nach meiner Einfahrt eine Kurve landeinwärts macht, konnte ich meine Suche eh schon ganz gut einschränken. Weil dank der Inselgeographie gibt s im Wesentlichen nur die eine Straße, die um die Insel herumführt. Und auf der anderen Seite hatte ich mir den einen Supermarkt gemerkt, also war verlaufen insgesamt nicht wirklich. Was mir nicht gefallen hat, das waren wieder einmal die Hunde. Weil ich hab dann zwei Seitengassen probiert, aus denen ich schnell wieder raus bin, weil die wie blöd gebellt haben. Da war sogar der Zaun und trotzdem, hab ich mir gedacht, nah, probier ich lieber eine andere aus – halt ohne zu wissen, dass es die nicht ist. Aber die dritte war dann ohne Hund und die war s dann auch. Also eh problemlos. Ich bin trotzdem kurz unter die Dusche gesprungen, weil mein Hirn dann doch ein bisschen Erleichterungshormone ausgeschüttet hat, die offensichtlich nebenher ein wenig Schweiß produzieren.

Abendbrandung

Um zwölf aufzustehen und dann trotzdem den ganzen Tag ein bisschen wie im Traum herumlaufen, das ist unerwartet gewesen. Aber was trotz allem ziemlich gut war, dass ich französisch rede. Ich mein, es ist holprig und manchmal fehlt ein essenzielles Vokabel. Aber im Großen und Ganzen verwende ich Verbformen wie sie mir in den Sinn kommen, also wie sie sich richtig anfühlen. So wo der Kommunikationsaspekt dann wichtiger ist als die Korrektheit. Und das ist ein ziemlicher Schritt.

Gewöhnungsbedürfnisse

Ich hab letztens festgestellt, dass ich jetzt endlich die Autos von dort erwarte von wo sie kommen. Oder eben nicht und mich über die Straße gehen lassen. In Sydney gibt s Bodenbeschriftungen, wie ich sie in London auch in Erinnerung hab, die einem sagen, wo man schauen soll, wenn man über die Straße will und sie überraschen mich nicht. Nach einem halben Jahr in Australien, Neuseeland und Indonesien, wo sie überall auf der linken Seite fahren, hab ich s endlich in der Intuition, dass ich richtig schau. Selbst mitten auf der Straße, auch wenn das manchmal unübersichtlich ist, schau ich tendenziell auf die richtigen Fahrbahnen. Was ich schon mache, ist, dass ich manchmal zum Beispiel zuerst nach links schau, als ob von dort der früheste potenzielle Kollidor heranbrausen würde, aber dann schau ich auf die andere Fahrspur, also auf die weiter entfernte.

Das ist jetzt vielleicht nicht super interessant gewesen. Aber seit einer Woche denke ich jedes Mal, wenn ich über die Straße gehe, dass ich das jetzt intus hab und jetzt muss es einmal raus.

Auf der anderen Seite merke ich mehr denn je, dass ich immer noch Probleme hab, die Leute, nämlich die AustralierInnen in der einfachsten Alltagskommunikation zu verstehen. Also schon den Großteil. Mir fällt das… aber das führt jetzt schon ins Nächste. Also, wie gesagt: schon das meiste, ja, ja. Aber dann sagen sie zwischendurch ein Wort und das versteh ich nicht und manchmal kann man dann den ganzen Satz kübeln. So zum Beispiel am Flughafen in Hobart, als mich die Frau beim Einchecken fragt, whether I wanted a seat at the exit. Ja, witzig, gell, sollte man glauben, der Satz wäre nicht zu schwer und nicht einmal besonders überraschend im Kontext. Aber wenn ich da irgendwo das Wort Sydney drin verstehe, dann passen die anderen Laute nicht mehr in die Worte, zu denen sie eigentlich gehören und dann stehe süß lächelnd da und frage leise sorry.

Und das ist ja gleich der nächste Punkt, von wegen Gewöhnungsbedürfnisse: Die Damen und Herren in den britisch kolonisierten Ländern des fernen Südens sagen ja alle brav, wie wir s in der Schule gelernt und nie wirklich verwendet haben pardon wenn sie was nicht verstanden haben. Es ist ja eigentlich nicht so, dass ich Sachen, die ich in der Schule gelernt hab nicht auch brav bis zum heutigen Tag an- und verwenden würde. Und ich hatte sogar eine Phase, in der ich mich der leidigen sorries entledigen wollte und auch im deutschsprachigen Alltag lieber einmal pardon gesagt hab, aber halt weniger ein britisches paard’n eher ein französisches p’rdoo. Aber hier werde ich regelmäßig von unerwarteten pardon Äußerungen überrascht, weil ich s einfach von Mal zu Mal vergesse.

Na und weil ich s oben angerissen hab: Ich bemüh mich ja schon um Französisch. Aber das ist mehr das worauf das hinausgeführt hätte, weil angerissen hab ich vielmehr, dass ich zwar AustralierInnen im Großen und Ganzen schon versteh, wen ich gar nicht verstehe, dass sind FranzösInnen. Und es ist wirklich erstaunlich, weil immerhin ist das auch etwas, was ich in der Schule gelernt hab und ich mein, nicht dass ich irre gut war, aber zumindest im Verstehen und Vokabular und so, das ist prinzipiell… Ich will sagen, ich tu mir de facto leichter, ItalienerInnen zu verstehen. Weil denen versteh ich manchmal Wörter, die sie sagen, ich verstehe aber vor allem die Melodie eher, eher Satzstrukturen und Stimmungen. Ich hab in der Regel keine Ahnung, was FranzösInnen neben mir reden. Es ist bedrückend, aber ich kann die Sprache überhaupt nicht fassen. Und das ist schade, weil ich hab da ja durchaus ein Faible für, für das Französische. Das ist insbesondere beachtenswert, als mir schnell einmal eine Gänsehaut passiert, wenn mir sonst jemand mit nationalem Gschistigschasti kommt. Und hier konstruiere ich freudig einen nationalen Idealtypus, und dann diagnostizier ich mir auch noch einen Mangel an dem, was ich mir als konstituierend für das französisches Ego zurechtlege: Anspruch, Entschlossenheit, Selbstverständlichkeit, Widerstand und Revolution. Aber ja, ich nehme an, deshalb fahr ich da jetzt hin, also zumindest sprachlich wird Tahiti da ein bisschen eine Herausforderung werden, eine Herausforderung, auf die ich mich aber gerne einlasse. Und he: Tahiti.

Woran ich mich abschließend relativ schnell gewöhnt hab, wie man Sidney Sydney schreibt.

And off again

Schon wieder auf dem Flughafen. Das war doch ein bisschen kurz, eine Woche Tasmanien… Hobart war auch sehr herzig, auch hier viel mehr so ein Charme, wie ich ihn in Neuseeland erlebt hab. Oder vielleicht, vielleicht wirklich nur, dass es eine kleinere Stadt ist. Oder dass es kalt ist und die Leute mit roten Ohren auf der Straße herumlaufen und sich mit fingerlosen Handschuhen an ihre wiederverwendbaren Bambuskaffeebecher klammern. Oder dass der Fahrer von meinem Skybus, der mich auf den Hobarter Flughafen bringt, dass der aufsteht und mich, als ich in den Bus einsteige, mir die Hand reichend, an Bord willkommen heißt. Wir sind dann auch nur zu viert im Bus gesessen, ja, war nicht viel los, Mittwochmorgens in Hobart. Das war nett. Überhaupt hatte ich kaum Zeit, mich wieder an die Freundlichkeit zu gewöhnen, die in Australien so gegenwärtig ist. Wieder, weil ich eben einerseits weniger unter Leuten gewesen bin im letzten Monat und andererseits man in der Melbourner Anonymität doch verhältnismäßig untergeht. I guess, es ist, dass ich ja weniger in Lokalen war und in Jugendherbergen und selbst in Geschäften weniger und in Museen. So war ich nicht einmal der professionellen und mich doch (oder deshalb?) berührenden Dienstleistungsfreundlichkeit ausgesetzt.

Schau, wie schön s in Hobart ist. Wie immer, ein bisschen blauer Himmel hilft, aber Arthur Circus ist wahrscheinlich bei jedem Wetter idyllisch.

Der Jonathan, mit dem ich ein Zimmer geteilt hab, der sich zum Theaterlehrer studiert und in seinen Uniferien eine Runde durch Tasmanien dreht, der ist so gut im Smalltalk, das war wirklich beeindruckend. Am ersten Abend hat der lange mit dem Brasilianer in unserem Zimmer getratscht, der seit sieben Jahren in Australien ist und jetzt nicht mehr weg kann, weil er nicht sicher ist, ob er nochmal ein Visum bekommt und wenn er draußen ist, ist er draußen. „Schau an, jetzt ist es schon halb zehn, da sind wir aber richtig ins Reden gekommen“, hab ich ihn am Ende ihrer Unterhaltung sagen hören. Auch der Brasilianer war nett, aber ich hab mit dem immer nur ein paar Worte gewechselt. Und dann hab ich mit dem Jonathan geplaudert und das ist auch schnell in einen Fluss gekommen. Und selbst am nächsten Morgen, da hat er sich mit dem vierten in unserem Zimmer unterhalten, der ihm von seinen Theorien über die Elemente und deren Repräsentation in den letzten Buchstaben unseres Alphabets erzählt, wie das W für Wasser stehe und X marks the spot, also ist das X der Erde gleichzustellen. Zuletzt habe sich ihm hier in Tasmanien das fünfte Element offenbart („revealed“): Steigung. Während die Chinesen, die hätten zwar immer schon gewusst, dass es ein fünftes Element gäbe, hätten es aber mit Holz oder Metall nicht ganz zu fassen bekommen. Also ja. Jemand, der sich ein bisschen in einen Wahnsinn verstiegen hat und ich kann ja solchen Typen kaum zuhören, weil sich mir alles zusammenzieht vor fehlenden Handlungsoptionen: wie soll ich umgehen mit so jemandem, zwischen Respekt für eine (irgendeine!) Überzeugung und meinem benevolenten Agnostizismus gegenüber transmateriellen Ideen. Jonathan hingegen souverän, vor allem zuhören, aber dann doch die eine oder andere Frage, die nicht einmal darauf hinausläuft, ihn auf das Glatteis seiner Hypothesen zu führen. Vielleicht, hab ich mir gedacht, vielleicht ist das einfach eine Notwendigkeit für eine multikulturelle Gesellschaft, für eine multikulturelle Gemeinschaft, einander zuzuhören, mit einander in Kontakt treten, ohne halt wirklich einander zu berühren, in der jeweiligen Identität. Aber halt einander doch irgendwie versichern, dass man eine Welt teilt. Vielleicht ist es auch etwas, was eine TheaterlehrerIn können muss, Leute einzubinden und dabei Platz für ihren Glauben zu lassen. Also wiederum nicht unbedingt im spirituellen Sinn, aber in der Bedeutung von belief, also im Sinne ihrer Überzeugungen, ihrer Kultur. Ich hab mich daran erinnert, wie ich in Melbourne mit V. und M. im Kino (Capernaum) gewesen bin und danach halt mit meiner Filmkritik losgelassen habe, ohne das böse zu meinen halt hier und da was auszusetzen gehabt habe oder Unverständnis gezeigt hab oder wo ich was anders gemacht hätte. Und die V., als intime Kennerin australischer Kultur mir nachher gesagt hat, dass man das einfach nicht mache, dass AustralierInnen so ausgleichsorientiert und konfliktvermeidend sind, dass so eine Kritik gleich sehr aggressiv wirkt.

Außerdem hab ich gelernt, dass insbesondere in der Primarstufe, alle australischen SchülerInnen Theater unterrichtet bekommen, was ich sehr super finde. In den höheren Jahrgängen ist es dann ein Wahlfach, aber mein Eindruck ist, dass uns das schon auch gut tun würde. Nämlich auch im Sinne von Verhalten in der Öffentlichkeit, wie man sich erlebt, wie man sich gibt, wie man in sozialen Situationen agiert und warum und ob man nicht vielleicht andere Optionen entwickeln möchte. Was ich aus dem Fernsehen vom amerikanischem Schulsystem weiß, haben die das ja auch dort. Kann natürlich sein, dass das wirklich nur als Plotelement besteht, dann hätten sie uns schön dranbekommen, mit ihrer Kulturindustrie. Und es könnte schon sein, dass das für eine Einwanderungsgesellschaft ähnlich positiv wie ordentlicher Sprachunterricht ist, ein Fach in dem praktisch der Umgang mit anderen Menschen geübt wird. Und ich glaube, dass wir in der Volksschule schon relativ viel mit Pantomime und so gemacht haben, aber das ist ja auch wieder was anderes und hat mehr mit Körperkontrolle und Feinmotorik zu tun. Und schon gar nicht mit dem Stellenwert, wo man sagt: Das ist jetzt ein eigenes Fach. Mit eigenen LehrerInnen. Und wir nennen es Theater, weil wir auch wissen, dass wir im Alltag eine Rolle spielen.

Das haben sie schon sehr schick gemacht. Da unten sind die Fenster des Restaurant „Pharos“ zu sehen.

Wenn in Hobart, geht man ins MONA, ins Museum of Old and New Art. Und da nimmt man eine Fähre (die und die fährt einen eine halbe Stunde den Fluss bergauf und dann ist da in den Berg ein Museum gegraben. Und da merkt man auch gleich wieder, dass Tasmanien bisschen mehr Neuseeland ist, wenn Neuseeland ein bisschen Skandinavien ist, weil das so skandinavisch gebaut ist ist. Mit den großflächigen, rostfarbenen Wänden, den scharfen Winkeln und den… naja. Den Säulen und den runden Fenstern und dem ganze Zusammenspiel mit der Natur, mit dem Meer und den Klippen und dem Humor, einen Tennisplatz direkt vor dem Eingang stehen zu haben. Ich bin ja jetzt auch keiner, der sich mit Architektur so gut auskennt, dass ich da jetzt die passenden Wörter für hätte. Der Hintergrund von dem Museum ist das irgendwer zu viel Geld gehabt hat und das offenbar dafür verwendet hat, dort ein schicki-micki Museum für Bobos hinzustellen. Wie ich am Anfang über das Gelände spaziert bin, hab ich ein bisschen an den André Heller denken müssen. Der Stil wäre nicht seiner, aber diese Idee, einen Raum zu schaffen, für die Kunst und für s Schlendern und für s Ausprobieren und daneben steht der Weinberg… Ein bisschen ein Größenwahn schon auch, diese Kontrolle über die Geographie, aber gleichzeitig der Rückzug… Und ich mein, das ist ja prinzipiell nicht falsch und es hat mir auch wirklich gut gefallen. Irgendwie hat s mich trotzdem angestrengt, vielleicht erschöpft mich diese Ästhetik, die postmoderne Leere. Vielleicht, hab ich mir nachher gedacht, hab ich einfach nicht genügend Kontakt mit anderen Menschen gehabt, in in den Sandstein gehauenen Museum, und dabei ein wenig professionelle Dienstleistungsfreundlichkeit vermisst.

„At first, only I saw it as a tower. I don’t know why the word tower came to me, given that it tunneled into the ground. I could as easily have considered it a bunker or a submerged building. Yet as soon as I saw the staircase, I remembered the lighthouse on the coast and had a sudden vision of the […] ground shifting in a uniform and preplanned way to leave the lighthouse standing where it had always been but depositing this underground part of it inland.“ (Annihilation, Jeff Vandermeer)

Dann geht s den Schacht runter und ich bekomme einen iPod in die Hand: wenn ich was wissen will, drückt ich auf den Knopf und dann zeigt s mir die Kunstwerke, die um mich herum sind und dann such ich mir dort eins aus und dann gibt s Namen der KünstlerIn und Namen des Objekts und was man alles an Info haben möchte. Manchmal gibt s Hintergründe zum Prozess oder zur Idee dahinter. (Und in selbstkritischer Unentschlossenheit wird das dann mit Art Wank überschrieben, der Kunstwichserei. Oh mei.) Oder speziell für Kinder aufbereitete Informationen, die meistens auch als Audio vorhanden sind, Interviews mit der KünstlerIn, was mir immer besonders gut gefallen hat. Und wenn man in einen Bereich geht, wo jetzt sagen wir, vielleicht mal eine Brust zu sehen ist oder ein Stroboskoplicht, dann sagt einem das Gerät auch: Vorsicht jetzt bei Kindern und/oder EpileptikerInnen. Oder dann auch wieder, dass das Gerät einem einen Bezug zur tasmanischen Gegenwartskultur herstellt, insbesondere halt bei lokalen KünstlerInnen. (Die können aber ruhig auch zugezogen sein.) Das ist schon sehr interessant, ich hör ja KünstlerInnen gerne zu, wenn sie über den Prozess reden oder über ihr Verhältnis zur Rezeption oder zur Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Und um so schöner ist es dann, wenn sie sagen, ja, weiß nicht, überbewertet wahrscheinlich.

Und dann wiederum, muss ausgerechnet der österreichische Vertreter so unsympathisch rüberkommen, oder bin das nur ich? Jetzt zum Beispiel mit dem Roman Signer verglichen, einem Schweizer, für den die Tochter übersetzt, der so leicht vor sich hin philosophiert, der mir von der Befreiung aus dem Erklären-Müssen spricht, die Loslösung aus dem Nützlichkeitszwang. Unverbindlichkeit und Krise mit dem Selbstbild. Und da steht dann sein Fahrrad mit Farbe, das direkt übersehen wird, weil es eigentlich nur der Schatten einer Aktion ist. Während der Erwin Wurm mit seinem dicken Porsche in so vieler Hinsicht das Gegenteil darstellt. Nachdem er im Interview auf die Gierigkeit der Welt geschimpft hat, drückt er dann noch seine Missgunst gegenüber den Leuten aus, die sein Objekt sehen und es mit „haha, a fat car“ abtun.

Also kurz ein paar Sachen, die ich gut gefunden hab: Da war ein Deutscher, der hat so Wörter aus Wasser gemacht, die von der Decke fallen, die nach irgendeinem Algorithmus aus den Nachrichten gefischt werden. Und der hat im Interview davon erzählt, wie diese Maschine, die er erfunden und gebaut hat, halt mittlerweile zu Werbezwecken eingesetzt wird und wie sich das verselbstständigt hat. Das Objekt selbst ist auch quasi banal, insbesondere durch diese Entwicklung und Verkommerzialisierung seiner Kunst, aber ich finde den Prozess, durch den er da gegangen ist, das hab ich interessant gefunden. Mehr seine Reflektion als bit.fall selbst.

Zwischendurch ist ja auch Platz für die Old Art, die der Name verspricht

Da war eine Zeichnung von einer Russin, auf der alles drunter und drüber geht, aber zentral sind ein paar Frauen, die auf ein Förderband kacken und überall auf dem Bild wird sitzen Leute herum, die die Scheiße essen. Das war schon mal witzig, weil doch der Vladimir Sorokin in Norma eine Gesellschaft beschreibt, in der die Leute ihre monatliche Ration Scheiße zugesendet bekommen, feine Kinderkacke, wenn ich mich richtig erinner, die sie essen müssen. Ist das schon ein russisches Thema? Wiederum interessanter ist es durch das Interview geworden in der sie davon erzählt, wie schwer sie sich tut, ihre Kunst auszustellen, herzuzeigen und überhaupt, sich als Künstlerin zu erleben. Leider hab ich mir nie ihren Namen gemerkt, weil wenn man ein digitales Gerät mit allumfassendem Wissen bei der Hand hat, dann merkt man sich nichts vor lauter Kann-ich-ja-nachschauen. Nix kann ich nachschauen, weil die Museumsguide-App kann ich mir zwar auch auf s eigene Telefon laden, aber natürlich für Mäckers only.

Es gab dann einen Bereich, der der Hypothese gewidmet war, dass Vermeer eine bestimmte Technik angewandt hätte, irgendwas mit Camera Obscura und einem Spiegel. Und da waren nicht nur die Ergebnisse, die ein Amateur damit erreicht hat ausgestellt, sondern auch ein Tisch zum Ausprobieren, wo BesucherInnen mit der Technik ziemlich gute Ergebnisse erzielt haben.

An anderer Stelle sind ein paar Kurzfilme von einem Reynold Reynolds gelaufen, die ich ganz spannend gefunden hab, wie sie mit Zeit und Bewegung und so umgehen.

Unten ist halt eine Bar gewesen, wo sie sehr schöne würfelförmige Eiswürfel gehabt haben, schicke Kupfershaker, tätowierte, vollbärtige Barkeeper, lokalen Gin. Oben offener Kamin und guten Kaffee und selbstgemachter Kuchen. Ich mein, das ist schon alles sehr klar auf eine Zielgruppe zugeschnitten und ich hab mich wohl gefühlt und gefordert und unterhalten.

Allerdings hat das MONA am Dienstag zu und so stand ich am Dienstagmorgen bisschen verloren an der Fähre (ahja, man kann auf der Fähre auch zwanzig Dollar drauflegen und dafür in der Posh Pit reisen, wo s schick ist und wo getanzt wird und überhaupt: Partyabteilung) und hab kurzerhand mein rudimentäres Mittwochprogramm vorgezogen. Das war eh ein Glück, weil das Wetter einfach besser war am Dienstag. Und wenn die Sonne scheint, dann sind auch die zehn Grad sehr schön. Und so hab ich zuerst einmal ein teures Frühstück genossen, schicken French Toast und eine Kanne Darjeeling. Ich bin ja wieder auf Grüntee, seit ich Melbourne verlassen hab, da geb ich auch mal ein Geld für einen Tee aus. Dann bin ich zum botanischen Garten spaziert, gut unterhaltend, ich würde sagen, regelmäßig kichernd, weil mit der Horne Section in den Kopfhörern. Ich glaub, ein wichtiger Aspekt des Erfolgs von Podcasts ist dieses Zugehörigkeitsgefühl, das Gefühl da bei etwas dabei zu sein, in einer Gruppe, die Spaß miteinander hat. Es gibt eine gute Sendung von der Lindsay Ellis zur Authentizität von YouTubern, ich mein, ja, das ist alles ein bisschen ein Schmäh und nicht ganz neu. Witzig ist dann halt, wenn die Leute, die zu Gast sind, sagen, dass sie nicht gehen wollen, weil es so nett ist und eigentlich sind sie ja alle irgendwie ständig zuhause und allein und jetzt sind sie mal raus und eigentlich ist das ganz wunderbar, hier zu sein.

So ein schönes großes Schiff, das da im Hobarter Hafen steht. Und die leider die einzige Aurora Australis, die ich zu sehen bekommen hab. Ich hab mich auch nicht besonders bemüht, stimmt schon.

Anyway. Ich hab dann die Kopfhörer aus den Ohren getan, weil ich Papageien krächzen gehört hab. Und dann saß da einen Handvoll in der Wiese und ich bin ihnen ein bisschen nachgelaufen und plötzlich fliegt so ein riesiger schwarzer Kakadu vor mir auf und auf den nächsten Nadelbaum. Und dann höre ich plötzlich aus dem Wind heraus, wie s da knächzt und knuspert und da sitzen sie zu dutzenden in den Fichten oder Lärchen und knacken die Zapfen auf. Das hat mich ziemlich am Faszinationsfuß erwischt, dass ich da stehe, auf einer Wiese mit ein paar Nadelbäumen, fünfzig Meter von der Straße und da sitzen die Vögel und knacken Tannenzapfen bei fünf Grad. Weil die Tropen haben hier irgendwo ein Ende. Mount Wellington – auch namenstechnisch verschwimmen Tasmanien und Neuseeland, wo auch viel vom Herrn Tasman zu hören gewesen ist – liegt schneebedeckt am anderen Ende von Hobart, während neben mir ein Tannenzapfen aus zehn Meter Höhe einschlägt und ich mir denke, dass diese Vögel doch nicht so ungefährlich sind. Weil als ich den Papageien über die Wiese nachgelaufen bin hab ich mir noch gedacht, dass ich das kaum bei anderen Tieren machen würde, ihnen in der Wildbahn einfach so nachlaufen. Säugetiere, Reptilien, Spinnentiere… alle ein bisschen bewundern und dann Distanz halten. Bei Vögeln allerdings… ich denke es ist einfach das Bewusstsein, dass ich kaum je in der Lage sein werde, einen Vogel in eine Ecke zu drängen, sodass er nicht nur mit dem Rücken zur Wand stehen, sondern eben auch mit dem Kopf an die Decke stoßen würde. Aber wenn dann so ein Zapfen einschlägt, dann gehe ich doch ein paar Schritte zur Seite.

Der bewusstseinschaffende Zapfen verfehlt mich ca. zweiundvierzigste Sekunde.

Und dann hab ich ein totes Wallaby am Straßenrand gesehen und da ist der Spaß gleich ein bisschen gedämpft gewesen. Ich hab mir, bereits ein paar Schritte entfernt noch gedacht, da war doch was mit in den Beutel greifen, ob da nicht ein Joey drinsteckt. Aber hab ich auch gelassen. (Nachdem mein Wordprozessor nach wie vor das Wort „Wallaby“ unterwellt, hab ich dafür jetzt nachgeschaut und festgestellt, dass es e einen Dudeneintrag gibt, in der deutsch Wikipedia gibt s allerdings nur unter dem Plural – wobei der deutsche Plural „Wallabys“ nicht konsistent durchgehalten wird – einen Artikel, der noch dazu nur mit einem italienischen Artikel verlinkt ist und beispielsweise von der englischsprachigen Wallaby-Seite nicht zu finden ist. Witzig.)

Dann eine Stunde im Botanischen Garten spazieren gegangen und das ist vielleicht ein bisschen die falsche Jahreszeit, aber insgesamt halt schön. Wieder einmal nicht nur die Pflanzen selbst sondern auch Tafeln mit Informationen über den Prozess des Gartengestaltens und Pflanzensammelns und so. Ich war zum Beispiel überrascht zu lesen, dass die Rose aus China stammt. Also ihre Urform und die ist dann halt in den letzten zweihundert Jahren zu unseren Rosen gezüchtet worden. Oder dass die ganze Blumengartengeschichte ein Produkt des neunzehnten Jahrhunderts ist, also in England, wo einerseits der Reichtum, der durch die Industrialisierung breitere Menschengruppen erreicht hat, und die Menschen nicht mehr jedes Stück Land dafür genutzt haben, um Gemüse anzubauen, und andererseits eben die Welterkundungen des Empires neue Pflanzen und Blumen nach Großbritannien gebracht haben und sich so die Idee des Blumengartens entwickelt hat. Es ist naheliegend, aber man muss diese Überlegung schon auch einmal anstellen. Und dafür wird man mit einem schärferen Bild des Bürgertums belohnt.

Hier ist die Arthur Wall im botanischen Garten, das Original 1829 gebaut. Die Idee ist, dass vor allem früchtetragende Pflanzen in der Nähe der durch mehrere Kamine beheizbaren Wand früher im Jahr zu sprießen beginnen: „a popular and effective English garden technology of the era“. Und angeblich sind hier die ersten Ananas auf Tasmanien gewachsen.

Auf dem Rückweg bin ich dann noch schnell ins Museum geschlüpft. Das war auch gut, wirklich, wobei ich zugeben muss, dass ich s bisschen überflogen bin. Museumsfatigue? Maybe. Es war aber sehr gut aufgearbeitet, die Aborigines Sachen sind, wie mein brasilianischer Zimmerkollege oft einmal betont hat, sehr gut, das stimmt. Auch interaktiv und was zum Angreifen und Videos und alles drum und dran. Interessant fand ich dann aber insbesondere, dass die Kunst… Also eigentlich waren da zwei Sachen: da war zum einen eine Ausstellung zur Australischen Identität anhand von Keramik. Das find ich super, das war wirklich eine ganz interessante Sache. Weil einerseits war das historisch aufbereitet, quasi das letzte Jahrhundert durch und auf der anderen Seite halt verschiedene Einflüsse diskutiert, ob jetzt die Aborigines selbst oder die Inanspruchnahme von Aboriginesdesigns durch Europäischstämmige und eine eigene Diskussion von Begriffen wie appropriation und so… das ist Bildungsauftrag wahrnehmen. Bei freiem Eintritt.

Hier wird die Gleichheit vor dem Gesetzt von Aborigines und EuropäerInnen dargestellt. Wird immer noch dran gearbeitet, soweit ich das verstanden habe.

Und dann in der Galerie ist halt offensichtlich gewesen, dass Kunst auch Realität schafft, da waren halt auch vor allem Landschaftsmalerei von Tasmanien und einige Aborigines, die gemalt waren und auch Bronzestatuen und so, wirklich ganz interessant, wie so das Bild quasi vom Land und von den Leuten erfasst und gemacht wurde. Es gibt ein interessantes, wo im Hintergrund Hobart ist, mit dem Mount Wellington und so und man sieht ein bisschen den Rauch vielleicht aus der Industrie aufsteigen und die ordentlichen Häuser und Segelschiffe. Und im Vordergrund ist eine Gruppe nackter Aborigines, die um ein Feuer herumsitzen und tanzen und spielen und baden und zwei kommen von der Jagd und bringen tote Tiere. Und es macht diesen Gegensatz auf. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass es entscheidet, welches Leben das lebenswertere ist…

Das linke Bild ist The Onlooker von E. Philipp Fox (1905). Kommt mir aus irgendeinem Grund total bekannt vor, aber ich könnte jetzt nicht sagen woher…

Außerdem gibt s ab einem gewissen Breitengrad dann auch gerne einmal eine Antarktisabteilung in den Museen. Das hat mir gleich total Lust gemacht, dorthin zu fahren. Nicht nur die Interviews mit den begeisterten ForscherInnen, und dem netten älteren Pärchen, die im Video als Polar Tourists unterschrieben waren. An einem Punkt waren sie sich so lieb einig, was für schönes Wetter sie an dem einen Tag gehabt haben, weil es hat nicht gestürmt und überhaupt kein Wind ist gegangen und man musste gar nicht alles anziehen, was man mit hatte.

Hier kann man schauen, wie groß der siebte Kontinent im Vergleich zu anderen ist. Und aus irgendeinem Grund helfen hier London und Wien, sich in Europa zu orientieren. (Von mir aus der achte Kontinent, wenn ich Zealandia mitrechne. Ein achter Kontinent der uns ein bisschen über den Verlust des neunten Planeten hinwegtröstet?)

Abends hab ich mir dann noch ein aufregendes Abendessen in einer schicken japanischen Bar geleistet. Schweinebacke. Da sagt die Kellnerin zu mir, dass das ein bisschen eine trennende Speise ist, wo einige Leute nur dafür herkommen, andere können es nicht leiden. Bisschen fatty, sagt sie. Ist ok, sag ich, das ist ja gut mit den pickles, die ich dazu bestelle. Da muss sie mir zustimmen. Es war dann wirklich gut und ich hab gemerkt, dass es einen Unterschied zwischen fatty und greasy gibt. Quasi fettig und ölig, aber irgendwie erwischt das das auch nicht besonders, weil wenn ich das so schreibe, nun, fettig ist schon besser als ölig, aber es kann kaum als gut beschrieben werden. Vielleicht hat fatty auch kaum was positives, aber hier war s gut. Mehr seidig als fettig.

Und das war s dann schon wieder mit Tasmanien. Das ist direkt schade gewesen, hab ich gemerkt, weil ich gerne noch auf den Berg gestiegen wäre oder einen Ausflug mit dem Schiff gemacht hätte, runter zum südlichen Leuchtturm, zu den Delphinen, den Robben und den Pinguinen. Und wenn man den Kreis ein bisschen weiter ziehen möchte, wenn man ins Auto steigen würde, dann gibt s die Strände und die Wälder und die Seen und die Berge und vieles davon auch mit Wildnis. Aber ich sitze schon wieder am Flughafen und warte auf meinen Flug nach Sydney. Jetstar hat ein bisschen Verspätung, aber das ist nicht ungewöhnlich. Der Warteraum zeigt Tasmanien nochmal von seiner skandinavischen Seite, selbst die Kaffeebars geben sich schick und individuell und in der Ecke ist ein großer Kinderspielplatz mit Klettergerüst und Bildern tasmanischer Fauna. Und der Humor steckt einfach darin, dass man am International Airport Hobart nur Flüge nach Australien bekommt. Vielleicht versteckt man seine Anstrebungen zur Unabhängigkeit hier einfach dort, wo alle hinsehen.

Tamar Valley

Tamar Valley ist eine Kette, die Milchprodukte herstellt. Ich hab ein paar Joghurts von ihnen gegessen, mit Mango-Passionsfrucht Geschmack, war ganz gut, wobei die Mango wie so oft ja mehr eine Geschmacksstreckerin ist als wirklich etwas, was man haben will, wenn man gleichzeitig Passionsfrucht bekommt. Oh, ständiges Passionsfruchtessen ist der schönste Zeitvertreib, den ich mir in Australien angewohnt habe. Auch hier wird die zwar stückweise gekauft, aber einen Euro pro Stück, das… in Wirklichkeit weiß ich gar nicht, ob das günstiger ist, als bei uns zuhause. Aber auf jeden Fall find ich s ok und ich halt mich eh zurück. Es ist einfach das beste. Und so war ich ein bisschen traurig, dass ich am Flughafen drei Bananen, zwei Kiwis und eine Maracuja in den Kübel entsorgen musste. Weil Australien hat auch – ich hab das vielleicht mal erwähnt, als ich in Alice Springs gewesen bin – zwischen den Bundesstaaten absurd strenge Einfuhrgesetze, was Obst und Gemüse betrifft. Ich glaub nach Melbourne hab ich von Alice Springs aus sogar eine Banane geschmuggelt oder einen Apfel. Jetzt, am Launcestoner Flughafen hat mich der Spürhund aus der Menge gepickt, der wollte mein Freund sein. Die Banane hat halt noch gerochen, nachdem ich sie gerade erst eine Minute vorher entsorgt hatte. Dafür hätte es kaum den geruchssensiblen Hund gebraucht, das hätte auch der ältere Herr von der Immigration selbst riechen können, so intensiv war das.

Im Sinne von „other yoghurts are available“ möchte ich gerne Thick & Creamy erwähnen. Ich bin kein Fan vom Feigenjoghurt, aber ich bin ein Fan von Alex Horne und seiner Horne Section (hier mit Roisin Conaty, von der ich auch ein Fan bin).

Jetzt bin ich jedenfalls sozusagen am unteren Ende des Tamartals und gestern bin ich mit dem Bus fast bis nach ganz oben gefahren, fast bis ans Meer. Da waren schon ein paar Kühe zu sehen, ein paar Kühe, ein paar Schafe und eine Handvoll Lamas. Ist immer ganz nett, Lamas auf einer Weide zu sehen. Das ist so ein bisschen, na ja, das ist ein bisschen eine Innovation irgendwie, eine Neuigkeit. Und Lamas haben oft einen netten Gesichtsausdruck und ein bisschen was knuffiges. Und weil sie bisschen längere Beine haben und den Hals und so… auf jeden Fall sind Schafe oft ein bisschen verdreckt, während Lamas quasi direkt in einen Pullover gestrickt werden können, so scheint s. Kühe, Schafe, Lamas und Pferde in Pferdejacken. Weil es ist kalt. Heute Nacht hat s unter Null gehabt. Und ich hab zwar zuletzt ein bisschen über die meiner Eitelkeit zuzuschreibenden Einschränkungen meiner Kleidung berichtet, aber wenn s hart auf hart kommt, dann ist das ja egal.

In Beauty Point, wo der Bus seine Endstation hat, gibt s das Schnabeltierhaus und die Seepferdechenwelt. Und ich hab mir beides gegeben, auch wenn ich nur drei Stunden Zeit hatte, weil der letzte Bus am Samstag bereits um halb zwei wieder zurück nach Launceston fährt. Aber nachdem das beides geführte Besuche sind, war eh klar, dass die nur jeweils eine Stunde dauern und dann ist sich sogar noch Zeit für einen Kuchen im Café River ausgegangen.

Schnabeltierhaus war super. Ich hab eh gesagt, dass ich die sehr herzig finde und das tolle an tasmanischen Schnabeltieren, im Gegensatz zu denen am Festland, ist, dass sie sich nicht auf Nachtaktivität beschränken. Das, scherzt der Führer, hätten sie auch mit den Menschen gemeinsam, wo die TasmanierInnen ja auch insgesamt mehr leisten als die FestlandaustralierInnen. Haha, nein, bloß ein Scherz. Ich komme mir immer ein bisschen vor, als würde ich da aus der Reisegruppe hervorstechen, weil in der Regel halt vor allem Kinder und hier vor allem Mädchen mit ihren Eltern (vor allem Müttern), in den Attraktionen von Beauty Point zu finden sind. Hier vor allem in der Seepferdchenwelt. Deswegen ist es umso seltsamer, dass ein Dreifachpass angeboten wird, der neben der Seepferdchenwelt und dem Schnabeltierhaus noch das Beaconsfield Mine and Heritage Center beinhalted, also einen Besuch in das Minenmuseum. Weißt, wenn ich die Zeit gehabt hätte oder nicht so überrascht davon gewesen wäre, dass ausgerechnet die industrielle Vergangenheit der Gegend noch Gegenstand meines Ausflugs sein sollte, hätte ich mir das ja auch angeschaut. Aber insgesamt bisschen eine komische Kombination.

Weniger komisch ist, dass das Schnabeltierhaus neben den fünf Schnabeltieren auch drei Echidnas – also Ameisenigel – beherbergt. Die beiden sind nämlich die einzigen lebenden Vertreter der Monotremata, der Kloakentiere: Säugetiere mit Kloake, die Eier legen und ihre Kinder (puggles) säugen. (Uh! Babyschnabeltiere haben außerdem Zähne, die ihnen später zugunsten von so Mahlplatten ausfallen.) Schließlich haben sie beide die Beinstellung von Reptilien, was es ganz witzig macht, ihnen beim Watscheln zuzuschauen. In einem Eingangsvideo war eine deutsche Biologin zu sehen, die sich als Kind für Schnabeltiere interessiert hat und deswegen jetzt in Australien ist und die ein Schnabeltierweibchen verfolgt und dann tun sie eine Kamera in den Bau und schauen den geschlüpften Jungtieren beim Aufwachsen zu. Wie man s halt macht, in einem Tierfilm. Weil man weiß so wenig, heißt s immer wieder, man weiß so wenig. Und ich denk mir, wenn ich das gewusst hätte, dass man so wenig weiß, dann hätte ich doch sowas gelernt, so leicht wie ich der Tätigkeit gegenüber begeisterungsfähig bin…

Dann haben wir uns Jupiter angeschaut, weil der der größte Planet sei und deshalb heißt auch das große Schnabeltier so. Und der ist wirklich groß, vielleicht sechzig Zentimeter, das eine Männchen, dass sie haben. Weil sie sind bisschen sehr territorial und da wird nur ein Männchen im Schnabeltierhaus geduldet. Weibchen haben sie vier und eine davon heißt Poppy und eine andere Freya, worüber ich mir die anderen zwei Namen dann gar nicht mehr gemerkt hab. Und als er gesagt hat, dass sie beim Tauchen die Augen zu machen, hat mich das gar nicht gewundert, weil wenn sie am Boden nach Essen suchen, dann machen sie das im Kreis und durchaus systematisch, aber auf jeden Fall schaut s nicht so aus, als würden sie sich gründlich nach Essen umschauen.

Ich glaub, das ist Poppy, die in ihrem Aquarium irgendwelche Würmer verloren hat. Wunzig im Gegensatz zu Jupiter. Aber herzallerliebst in Gegensatz zu so ziemlich allem anderen auf der Welt!

Durch das Ameisenigelzimmer gehen wir dann einfach so durch, während die Ameisenigel aus ihren Bauten kriechen um sich ein Essen abzuholen, dass der Führer auf den Boden stellt. Das ist so eine Creme, aber es sind auch wirklich Ameisen drin. Die sind schon auch herzig, das miss man ihnen auf jeden Fall anerkennen. Wie sie schlurfen und dass sie eigentlich halt so kleine bestachelte Kugeln sind, aus denen vorne eine lange Nase und drumherum kleine Beinchen mit langen Klauen hervorwachsen.

Selbst der Führungstyp war überrascht, dass sie plötzlich zu dritt dastanden, weil der eine („Big Tom“) war eigentlich gerade im Winterschlaf. Allerdings tun sich die offenbar relativ leicht, mit rein und raus aus dem Winterschlaf und so hat er kurzerhand auf einen Teller Ameisen vorbeigeschaut.

Interessant ist bei beiden Tieren, dass sie – auf Tasmanien – nicht gefährdet sind. Sie dürften insgesamt genügend Platz haben und einheimische Raubtiere suchen sich in der Regel kleinere Tiere. Füchse seien am Festland ein Problem, aber auf Tasmanien gibt s keine Füchse. Manchmal holt sich ein Adler ein Schnabeltier oder versucht irgendwie an die weiche Unterseite von einem Ameisenigel zu kommen. Aber insgesamt geht s ihnen gut, stabile Population und alles. Auch gut zu hören.

Seepferdchen gibt s überhaupt viele. Ich mein, er sagt wenig darüber, wie s ihnen in der Natur geht, aber die ganze Seepferdchenwelt ist eine Zuchtstation und man kann dort auch seine Seepferdchen kaufen. Er sagt immer wieder mal Preise durch, wenn er die verschiedenen Arten beschreibt. Aber nicht wie im Geschäft, mehr so nebenbei. Und Seepferdchen, ich mein, man muss sicher auf Sachen aufpassen, der Tourguide meint zum Beispiel, dass die Einrichtung eines Seepferdchenaquariums schon einmal ein halbes Jahr dauern kann, bis alles passt, bevor man sich sein Seepferd hineinsetzt. Aber wenn man s mal heraußen hat… Nachdem der Vater oft einmal mehrere hundert Seepferdchenfohlen zur Welt bringt, schwimmen in den Zuchttanks einfach tausende kleine Seepferdchen herum. Weil in der Natur ist natürlich das Problem, dass die anderen Seepferdchen gerne mal einen Seepferdchennachwuchs schnabulieren, geschweige denn die anderen MeeresbewohnerInnen. Immer eine Gefahr für ein Seefüllen. Aber in der kontrollieren Seepferdchenwelt des Aquariums überleben wahrscheinlich fünfundneunzig Prozent.

Kübelweise Seefohlen.

Ja, die Väter. Das Weibchen übergibt die Eier dem Männchen in eine Bauchtasche, in der sie befruchtet werden. Die Fohlen schlüpfen dann sogar in der Bauchtasche und dann kann man sich einen Film anschauen, in dem das Männchen kleine Seepferdchen (Seepferdchenchen?) aus seiner Bauchtasche schleudert. Und deshalb kann man das Geschlecht von Seepferdchen am Bauch erkennen: die Männchen haben einen Wasserbauch und die Weibchen was der Führer ein Six-Pack genannt hat. Weil um attraktiv zu wirken, stopfen die Männchen ihre Bauchtaschen mit Wasser aus um stolz ihre Wamperl zu zeigen.

Das ist kein Seepferdchen, sondern, glaub ich, ein Seedrache oder wie die deutsche Wikipedia ergänzt: ein Kleiner Fetzenfisch. Und das bisschen mehr Fisch sieht man ihm auch an, muss sich nicht festhalten und all das.

Und dann haben wir noch Seepferdchen gehalten und das ist immer spätestens der Moment, wo man merkt: ich konkurriere mit kleinen Mädchen um einen Platz am Aquarium. Nein. Eh nicht. Ich lass die kleinen Mädchen gerne vorher ein Seepferdchen halten. Leider war mein Seepferdchen dann schon etwas des Haltens müde oder es war insgesamt ein bockiger Seemustang. Idealerweise hätte es ja seinen Schwanz um meinen Finger geschlungen und wäre lässig in der Strömung gestanden. Aber nichts da, das reinste Rodeo, wenn man beim Rodeo das Rodeopferdchen einfach mit einer Hand fassen würde. Und so hab ich mich nach wenigen Sekunden auch abwerfen lassen.

„How was your day?“, hat der Busfahrer zu mir gesagt, als er mich um halb zwei abgeholt hat. Ja, hab ich gesagt, schön war s.

Abends war ich dann noch den Spiderman anschauen. Weil irgendwie wollte ich gern noch ein bisschen raus am Abend und nachdem die Busstation gegenüber vom Kino gewesen ist, hab ich da schon das Programm gecheckt gehabt. War dann auch ganz gut. Ein bisschen zu durchsichtig der Plot ganz ehrlich, das hat mich nicht überrascht, was da dann vielleicht für Überraschung sorgen sollte. Hingegen war ich überrascht, dass der Spiderman auf seiner Europatour auch in Österreich gewesen ist. Weil sie sind von Venedig über die Alpen nach Prag gefahren und das war zwar ein bisschen ein Umweg und die Musik war auch schon Tschechisch. (Ich hab s zuerst eher für was Jugoslawisches gehalten, aber nachdem in Prag der Soundtrack mehr oder weniger fortgeführt wurde, tippe ich jetzt auf Tschechisch in the first place.) Aber ich hab mich bisschen überrascht umgeschaut, als die Alps, Austria Einblendung gewesen ist und nicht mehr Enthusiasmus spürbar wurde. So sehr bin ich in dem Film verloren gegangen, dass es einen Moment gebraucht hat, bis ich mich ja nicht von ÖsterreicherInnen umgeben erkannt habe. Und für eine Szene, die an einer generisch-alpinen Raststation spielt, bring ich jetzt auch keine Heimatsbegeisterung auf.

Dann, jetzt ein bisschen weiter in die Filmkritik eingehend, hab ich schon auch auffällig gefunden, dass die Bösen mal wieder enttäuschte ArbeitnehmerInnen sind. Das hat mich schon beim Spiderman Homecoming bisschen irritiert, den ich vor ein paar Wochen im Fernsehen bisschen angeschaut habe, dass der Böse ein enttäuschter Arbeiter ist, dem seine Arbeitsgrundlage illegal gemacht worden ist, weil der reiche Anton Stark oder die Regierung oder halt jemand mit im Zweifelsfall Waffengewalt, die Artefakte für sich beansprucht, die der Michael Keaton mit seiner Firma aus den Ruinen klaubt. Und jetzt wieder, zwar nicht mehr Blue-Collar aber schon wieder die dem Lob auf ihre Arbeit enteigneten ArbeitnehmerInnen. Uncool, Spiderman, Handlanger des Großkapitals! „Friendly Neighbourhood“, my bum! Und uncool wer auch immer sich keine Sorgen über die moralischen Implikationen der Darstellung von skrupellosen, machtgeilen ArbeiterInnen in für Kinder gemachte Filme macht.

Ich glaub, es war mein erster Marvel Film im Kino. Aber sieht man, wie kalt es am Heimweg war?

Und am nächsten Tag dann ein Spaziergang in den Cateract Gorge, da geht so ein Weg in die Schlucht hinein, wo einer der Zuflüsse in den Tamar ein bisschen ein Wildwasser und ein bisschen einen hübschen See macht, in den im Sommer die LauncestonerInnen wohl baden gehen. Aber nicht jetzt. Jetzt ist es kalt und Hochwasserwarnung. Aber es ist ein schöner Spaziergang, eine halbe Stunde und man hat dank Schlucht das Gefühl, ewig weit von allem Weg zu sein.

In der Schlucht gibt es auch ein betonernes Becken zum Längenschwimmen. Und der Himmel, ja, irgendwie ist der Himmel auf der Südhalbkugel schon schön.

Launceston selbst hat mir eigentlich auch ganz gut gefallen, vielleicht auch nach so langer Zeit in der großen Stadt, dass mir das mit der Kleinstadt wieder ganz gut getan hat. Gut gefallen hat. Es hat mich ein bisschen an Tin Can Bay erinnert, obwohl es sicher deutlich größer ist. Aber daran hab ich gedacht, diese erste Begegnung mit den breiten Straßen und den großen Vorgärten… Aber das war eigentlich auch mehr beim Reinfahren, weil dort wo ich dann war, war s eh deutlich kompakter. Immer noch breite Straßen. Und die blödesten Ampeln, die ich in Australien erlebt hab, weil die nur grün geworden sind, wenn man gedrückt hat, aber meistens, wenn man gedrückt hat und die Autos hatten schon grün auf der Geraden, hat s mir nicht mehr grün gemacht. Auf der anderen Seite haben sich die Leute sehr stark an die Ampeln gehalten, das war auch irgendwo überraschend.

Interessant war auch, dass mir mindestens drei Buchgeschäfte aufgefallen sind. Also echte Buchgeschäfte, keine Geschäfte, die einfach mal eine Kiste Bücher um einen Euro vor die Tür stellen, aber auch keine Megastores, kein Thalia, kein Amazon, nicht mal ein Frick. Das ist schon erstaunlich, these days und vielleicht überhaupt days.

Hier bin ich mal wieder lange auf der Straße gestanden um ein Foto von einem kleinen Vogel zu erhaschen. Auf diesem sind s sogar zwei geworden.

Am Nachmittag hab ich mir im Museum noch eine Eintrittskarte in die Dinosaurierausstellung gegönnt. Weil das Museum natürlich gratis, aber die Sonderausstellung war ihr Geld auch durchaus wert. Da hat sich nämlich jemand die Mühe gemacht und eine kleine Ausstellung über die Federn auf Dinosauriern zusammengestellt. Und da haben sie (günstige, möchte ich sagen) Kopien von Fossilien an die Wand gehängt und einen Zeichner gehabt, der ihnen hübsche, farbenprächtige Bilder von Dinosauriern gemacht hat und sogar ein paar animatronische Dinosaurier mit Federn drauf. Die wirklich ein Scheiß sind, aber ja, was soll s. Ich mein, ist ja für die Kinder und wenn das die Begeisterung weckt. Wie. So. Nicht. Weil ich hab mir wieder gedacht: als ich ein Kind war und mich für Dinosaurier interessiert hab, hab ich ein bisschen gedacht, dass man schon alles weiß und dass Paläontologie nicht so spannend ist. Dass da die ganze Federrevolution quasi direkt in meine Generation fallen würde, das hab ich nicht geahnt. Sooo spannend, was sich da getan hat und so interessant, weil das ganze so von China getrieben wird und da gibt s sicherlich einiges, was man auch soziologisch und ethnologisch betrachten könnte, ob der Fortschritt langsam ist, weil die traditionelle Paläontologie wohl globaler wird und hundertfünfzig Jahre Anglozentrismus dem sicherlich ein bisschen entgegenwirken.

Das ist das Bild vom Luis Rey, auf dem sich ein Velociraptor an einen Avimimus heranmacht…
…und hier haben sie s mit Skelettmodellen nachgestellt. Hab ich hauptsächlich fotografiert, weil es explizit daran erinnert, dass Velociraptoren nur zirka zwei Meter lang waren. Und die Klaue, die der Alan Grant den Film über in der Hand hält ist etwa doppelt so lang wie die, die dieser hier an seinen Füßen hat. Hätte wahrscheinlich trotzdem gedrückt, wenn man drauf schläft.

Der Rest des Museums war ganz bunt zusammengewürfelt. In einem Raum ist die ausgestopfte Tierwelt Tasmaniens mit der ausgestorbenen zusammengewürfelt. Witzigerweise sind die Dinosaueriermodelle in der permanenten Ausstellung auf dem Stand der Neunziger, also sans Federn und der Allosaurus schwingt einen Schwanz so schlangenhaft, wie ich glaube, dass man das heute nicht mehr darstellen würde. Da stehen zwei alte Autos neben einem Pferdegeschirr, drüber ein Flugzeug und ein Pteranodonmodell. Hinten ist eine Abteilung über Strafgefangene, die nach Tasmanien deportiert wurden (für lächerliche Straftaten, leider ist das Foto nicht herzeigbar…), eine großzügige Geologieabteilung und eine ausführliche Präsentation über den tasmanischen Tiger, mit kurzen Videoausschnitten und einem ausgestopften und Zeitungsartikeln und allem, was man noch hat über das Tierchen, das es wohl seit neunzig Jahren nicht mehr gibt.

Im ersten Stock war dann eine Sonderausstellung über Marjorie Bligh, Domestic Goddess. Das war in Neuseeland, gell, wo das Haus im Museum ausgestellt war, in dem dieses Ehepaar seine Muschelsammlung aufgehängt hatte. Nun, hier ist das Leben einer Frau dokumentiert, die Bücher über ordentliches Haushalten geschrieben hat, die regelmäßig Preise für Handarbeiten gewonnen hat und die aus Plastikabfall Untersetzer gehäkelt hat. Und ich will das gar nicht kleinreden. Im Gegenteil finde ich das sehr toll, dass man als kleines Museum eine Ausstellung über eine lokale Legende macht, die die Gegend ein bisschen geprägt hat und die ein paar Bücher geschrieben hat. Außerdem kann man ein bisschen das wandelnde Frauenbild behandeln und eine ganz witzige Yarnbombing Aktion machen, wo den Dinosauriermodellen Häkeldeckchen übergeworfen werden. Fand ich schon gut. Und sie ist mit folgendem Spruch zitiert, den es im Shop dann auf Tragetaschen und T-Shirts gab und damit eh überkommerzialisiert wurde und schon wieder an Wert verloren hatte: Let me have my way exactly in everything, and you will find that a pleasanter creature does not exist.

Ich hatte den Eindruck, diesen Triceratops schon mal wo gesehen zu haben. Wie viele derart gute Triceratopsschädel gibt s wohl insgesamt? Und von wie vielen gibt es Kopien für die Museen in aller Welt, weil das sind ja in der Regel nicht die echten Knochen, die da ausgestellt werden.

Get Packing

Und so mache ich mich wieder auf den Weg. Die (sechs!) Wochen in Melbourne sind schnell vergangen und während ich zum dritten und voraussichtlich vorerst letzten Mal im SkyBus zum Melbourner Flughafen fahre, denke ich daran, wie gemütlich die letzten Wochen waren. Nämlich nicht nur eben die Faule Haut in Melbourne, wo ich in Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeit stellenweise untergegangen bin, auch in Indonesien hatte ich immer noch den Einzelzimmerluxus. Ja, daran denke ich vor allem, dass ich jetzt wieder in Stockbetten schlafen werde, auf jeden Fall solange ich noch in Australien unterwegs bin.

Einmal werd ich hier noch wach: Der Blick aus meinem Melbourner Schlafzimmer auf den unerwartet blauen Himmel und einen Hinweis auf eine zeitlicher aufstehende KranlenkerIn.

Ich mache mich auf den Weg für ein paar Tage Tasmanien und dann noch ein bisschen Sydney, bevor ich Australien insgesamt hinter mir lassen werde. Hat s mich doch noch gelockt, die Empfehlungen, mir doch unbedingt noch Tassie anschauen zu müssen und danach noch einen Blick auf die zwei meistfotografierten TouristInnenattraktionen Australiens zu werfen, praktischerweise direkt nebeneinander: Sydneyer Opernhaus und selbigens Harbour Bridge. Ich bin etwas besser vorbereitet als sonst, hab nochmal den dicken Australien Lonely Planet hergenommen und mir ein bisschen eine Reiseroute zurechtgelegt. Ich hab zwar auch meine Fehler gemacht und einen Flug gleich mal verfallen lassen, weil umbuchen einfach teuer gekommen wäre. Aber das hat man halt, wenn man einen Plan macht. Nur wer nicht plant, verplant sich nicht.

Sonst zeigen die Vorbereitungen, dass es insbesondere auf Tasmanien wieder einmal am gschicktesten wäre, ich würde mir ein Auto nehmen, weil es ja hier auch um ein bisschen Wildnis geht, die man sucht. Ich aber plane meine Route wieder entlang des öffentlichen Verkehrs, ich mein, ja, besser als nicht und ich bin eh kaum eine Woche da. Meine Lieblingszeile im Reiseführer bezieht sich auf den Mole Creek, wo geschrieben steht, dass man mit etwas Glück in der Morgen- und Abenddämmerung Schnabeltiere in den Wasserwegen beobachten kann. Hm… Wasserweg? Da ist schnell einmal mein Interesse geweckt, nachdem ich Anfang der Woche eine halbe Stunde in der Dunkelheit des Schnabeltierhaus im Zoo gestanden bin und dort erlebt hab, wie herzig, wie unglaublich herzig, diese Tiere sind. Was auch witzig war, dass ich halt doch lange in dem dunklen Zimmer gestanden bin und die Augen sich immer mehr an die Dunkelbheit gewöhnt haben. Und dann kommen neue BesucherInnen herein und suchen das Schnabeltier in seinem Aquarium, während ich sehe, dass es direkt vor ihnen schwimmt. Das sind fast ein bisschen SuperheldInnenfähigkeiten, die ich da erlebt hab. Und so klein sind sie! Ich glaub, dass ich mir die immer zumindest einen Meter lang vorgestellt habe. Vielleicht dass meine Kinderaugen da irgendwo ein Bild in einem Buch gesehen habe oder dass in Videoaufnahmen die Größenverhältnisse nur so schwer feststellbar sind. Aber sie sind ja nur dreissig, vierzig Zentimeter lang. Und so der Körper von einem Otter (ich mein, nein, aber am ehesten), mit den Watschelfüssen und der Entenschnabel, das ist schon sehr süß von den Voraussetzungen her.

Kinder und Erwachsener kommentieren ihren Erfolg, das nachtaktive Schnabeltier im dunklen Aquarium zu finden.

Jetzt denk ich aber auch ein bisschen daran, was Melbourne mit mir gemacht hat, dass ich, kaum, dass ich am Weg zum Flughafen bin, mich wieder an die Klaviatur meines Notebooks setze, während mir das jetzt geschlagene sechs Wochen lang einfach nicht in den Sinn gekommen ist, ja mich mit Überwindung konfrontiert hat, die ich nicht aufgebracht hab. Letztlich ist das schwierig, aber ein Kernproblem. Es hat irgendwas mit Sinnhaftigkeit zu tun, mit Perspektive und so. Aber auch mit dem Gefühl einfach untertauchen zu können und aus der Welt in mein Zuhause verschwinden zu können, in der Unübersichtlichkeit der ungreifbaren Endlichkeit. In dem Moment, wo ich anfangen habe, mich wieder damit auseinanderzusetzen, nur noch zehn Tage, eine Woche, achtundvierzig Stunden hier zu sein, habe ich wieder eine Dringlichkeit gespürt, die mir dazwischen abgegangen ist. Das Gefühl, von der Welt eine Pause nehmen zu wollen – und trügerischerweise das begleitende Gefühl, das auch tun zu können – ist ja etwas, was ich aus dem Wiener Rhythmus gut kenne und was eines der Hauptmotive war, mich in den Flieger zu setzen. Und wenn ich von Busfahrt zu Busfahrt denke, dann läuft das auch gut. Mit den zur Hand seienden Rückzugs- und Auseinandersetzungsverweigerungsmöglichkeiten verantwortungsvoll umzugehen, das hat mich vielleicht ein wenig überfordert. Wenn ich dann doch einmal einen Ausflug in die Stadt oder eben in den Zoo gemacht habe, hat sich das schnell gelegt. Mit Menschen in Kontakt sein, das ist da eigentlich immer hilfreich. Aber wenn der Zweifel nagt, dann ist das leichteresagtalsgetan…

Na, wenn ich den Zoo nochmal erwähne, dann leg ich da gern auch noch ein Zoobild bei. Bei dem blauen Himmel darf man nicht Kausalität und Korrelation verwechseln! Ich hab das Bild hochgeladen, weil das Licht gut ist. Ausnahmsweise einmal. Und: Ich hab schon so lang keine Giraffen mehr gesehen, ist mir aufgefallen, sind die Schönbrunnernen schon in ihr neues Haus gezogen?

Anyway. Ich hab mir neue Schuhe gekauft und weil fünf Paar Schuhe zu viel sind – I guess das war auch irgendwo Teil der Überlegung als ich in Indonesien so lange gezögert habe, mir Flip-Flops zu kaufen bis ich dann keine gekauft habe – habe ich die Sportschuhe in Coburg gelassen. Das ist ein Euphemismus für Weggeschmissen. In Wirklichkeit haben die auch schon derart gerochen, dass es mir teilweise unangenehm war, sie in der Gegenwart von anderen auszuziehen. Und wenn man, siehe oben, in Hostels wohnt, dann wird viel vor anderen Leuten ausgezogen. Vor allem auch Schuhe. Und selbst Schuhe kaufen ist nett. Ich hab das auch mit der V. besprochen, die Leute sind ein bisschen bewanderter darin, das ganze Verkaufen nicht zu einer mühsamen Erfahrung zu machen, weil sie… nun. Ich weiß natürlich nicht wirklich, wie das ist. Sie sind einfach besser im miteinander reden, kommt mir vor und die Schuhverkäuferin ist mir so auch authentischer vorgekommen. Natürlich: vorgekommen. Ich hab da noch ein bisschen nachgedacht, weil sie, als ich mich dann entschieden hatte und es mit dem Zahlen ans Ende der Transaktion gegangen ist, gesagt hat, ja, auch ihr gefallen die olivgrünen besser als die schwarzen, gegen die ich mich zugunsten der olivgrünen entschieden hab. Und sagt sie das vielleicht einfach so, weil man das sagt, um die KäuferIn in dem Gefühl zu bestärken, sie habe da gerade eine gute Entscheidung getroffen? Weil oft kippt man ja schnell einmal in eine Post-Konsum-Depression, dass man schon wieder Geld ausgegeben hat und schon wieder ein Klumpert mehr hat. Und dann hilft das, ob authentisch oder freundlich ist in der Wirkung recht ähnlich.

Too many shoes on the dance floor!

Meine Sorge ist mehr, dass die olivgrünen Schuhe mit der beigen Hose und dem sandfarbenen Sakko um Aufmerksamkeit ringen, wer wohl den Ton am besten getroffen hätte, weil alle drei können nicht recht haben. Da hab ich auf jeden Fall eine Lektion gelernt, weil meine Garderobe nur beschränkt intern kompatibel ist: Da sind die Brauntöne, die ich nicht miteinander kombinieren kann und dann gibt s auf der anderen Seite die Jeans und den Pullover, die mich gemeinsam in Dunkelblau tunken. Was blöd ist, weil beides zusammen einfach mein wärmstes Outfit darstellt und ich bin schon wieder so weit im Süden, dass es hier so kühl ist, dass ich immer noch jedes Mal überrascht bin, wenn ich feststelle, welches Monat ist. Jetzt schau ich drauf, dass ich den Pullover mit der beigen Hose trage, dann tendiere ich aber zur weniger warmen Jacke… es ist alles nicht so einfach. Es ist etwas besser, wenn s warm ist. Das Grün meiner kurzen Hose schlagt sich nur mit zwei, drei T-Shirts aber da hab ich zum Glück eines meiner wenigen schwarzen Kleidungsstücke zur Alternative.

Wie dem auch sei, ich hab neue Schuhe und die sollen halbwegs wasserdicht sein, sie sind angenehm zu tragen, hübscher als die schwarzen und außerdem etwas leichter und weil sie insgesamt doch weniger stabil als die Laufschuhe sind, sind sie auch etwas besser einzupacken weil besser flachzudrücken, was ja auch kein Fehler ist. Eigentlich könnte ich fast auf die rauhledernen verzichten… aber dann wiederum hab ich im Südpazifikreiseführer einen Satz über französische Cafés gelesen, in denen ich auf Tahiti sitzen werde und dem regen Treiben im Hafen zuschauen werde. Dafür sind die rauhledernen vielleicht nicht schlecht.

Den Rucksack neu zu packen hat mir doch ein bisschen zu denken gegeben. Ich würde das wohl heute anders machen als vor einem halben Jahr. Da hab ich zumindest was gelernt. Gestern ist mir der Rucksack dann zunächst auch so leer vorgekommen, grad halb voll mit meinem Gewand und so… Am Weg zum Flughafen heute hab ich dann gemerkt, dass ich auch mein Handtuch in Coburg gelassen hab, was jetzt allerdings kein Euphemismus ist, sondern ein Unglück, das mich mental die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lässt. Ausgerechnet das Handtuch vergisst er… Es ist so komisch, weil ich heute in der Früh noch die Zimmer kontrolliert habe, ob ich irgendwo was liegen gelassen habe: Strategisches Ausziehen, ein Zimmer nach dem anderen: Schlafzimmer – Check!, Badezimmer – Check!, Wohnzimmer – … mnja, bisschen komplizierter, weil ich da noch den Mist rausbringen muss. Aber als ich nach dem Badezimmercheck die Stufen ins Erdgeschoss runtergestiegen bin, hab ich mir echt gedacht, es ist so seltsam, dass ich das so mache, weil ich seh doch gar nicht richtig, was ich da anschaue, weil mir diese Zimmer so vertraut geworden sind, sie so von mir in Beschlag genommen worden sind, dass ich das gar nicht wirklich sehe, wie sie anders sein sollten, ohne mich. Oder was in der Art, ganz genau kann ich den Gedankengang jetzt nicht mehr rekonstruieren. Aber ich hab auf jeden Fall darauf reflektiert, dass ich hier die Zimmer checke und irgendwie muss ich auf irgendeiner Ebene festgestellt haben, dass ich das nicht ordentlich mache, weil ich da gerade mein hängendes Handtuch übersehe, während ich glaube, kontrolliert zu haben, nichts vergessen zu haben.

They didn’t even call the flight, did you hear them call the flight?“ Nicht nur, dass der Flug nicht ausgerufen wurde, das Gate war auch gesperrt, während wir geboarded sind. Haben. Eingestiegen sind.

Und jetzt bin ich sans Handtuch in Tassie. Auf der anderen Seite, abgesehen davon, dass das Handtuch liegen zu lassen für einen Reisenden schon ein schlechtes Omen ist, ich hatte auch schon seit einiger Zeit vor, mir ein anderes Handtuch zu kaufen. Weil es da diese leichten Handtücher gibt und während ich zwar oft einmal finde, dass ein Handtuch gar nicht so schwer ist, vor allem ein trockenes, sind diese leichten Handtücher doch deutlich, naja, leichter und insgesamt platzsparender. Und trocknen tun sie letztlich auch flotter. Als doch recht konservativer Adopteur von Innovation, hab ich halt einfach irgendwo ein normales Handtuch lieber als so eines aus irgendwelchen Weltraumfasern und halte sie deshalb ein bisschen für Unfug, eine Spielerei für überausgerüstete, ein Accessoire für Am-Puls-der-Zeit-Reisende, ein Gimmick.

Ausgerechnet das Handtuch.

Nevertheless. Ich werde jetzt einmal in den Outdoorshop gehen und mich nach einem Spaceagehandtuch umsehen.