Wenn man in einem Land ist, in dem die Berge Ben heißen, dann ist das schon einmal schön. Und wenn meine letzte große Wanderung entlang vom Loch Lomond gelaufen ist, dann ist ein Ben Lomond doppelt erfreulich. Und wenn man dann in einer Stadt ist, in der so viel europäische Jugend sich ihre Erwartungen von Bungeejumpen, Kajakfahren, Fallschirmspringen, Paragleiten und „günstigen“ Bierkrügen erfüllt, und wo ein bisschen Bergsteigen einem eine Ruhe verspricht, die anderweitig nicht zu erringen ist, dann ist das jetzt dreimal oder sogar nocheinmal doppelt, quasi viermal so willkommen.
Von Queenstown (310m) auf den Ben Lomond (1748m), und ein langer Hatscher ist es auch noch. Ich war sieben oder acht Stunden unterwegs, alles in allem. Und glücklicherweise hab ich relativ schnell einmal L. kennengerlernt, die aus Boston. Weil zu zweit ist es einfacher. Allerdings pusht man sich zu zweit auch stärker. Wahrscheinlich hätte uns beiden allein jeweils der Sattel gereicht. Oder zumindest, dass ich irgendwo auf den letzten hunderten Metern mal umgedreht hätte. Ehrlich, es waren so zwanzig Schritte. Pause. Zwischendurch hat mir eine nette Asiatin zwei Minzzuckerl gegeben, das hat mich wahrscheinlich dreihundert Meter weitergebracht. Aber natürlich, das Gros hab ich L. zu verdanken und ihrem Ruf jetzt nicht aufzugeben. Weil irgendwie reicht das mit den Bergen im Blut und der jugendlichen Agilität kaum noch aus, mich auf einen Gipfel zu kriegen. Aber wir sind dann oben angekommen, kaum zu glauben, es war wirklich kaum zu glauben.
Wir sind dann wieder runtergegangen, muss man, nicht wahr. Und da haben wir uns gefreut different muscle groups und alles. Aber auch runter dauert s zweieinhalb Stunden, drei Stunden. Und ich hab noch gesagt, na, ich werde nicht mit der Gondel fahren. Aber da waren die muscle groups noch frisch und Abstieg ein Abenteuer und eine Freude. Und die Amerikaner hinter uns waren auch noch gesprächig und lustig. Ich mein, die waren bis zuletzt gesprächig und lustig, eigentlich. Vater und Sohn. Von denen hab ich oben ein Foto gemacht, ein gemeinsames. Und dabei hab ich dem Burschen, early teenager, gesagt, ob er nicht die Kappe aus dem Gesicht nehmen möchte. Weil es halt auf dem Bild ausgeschaut hat wie dunkle Nacht im Schatten des Schirms. Aber da ist dann doch irgendwo die Grenze mit dem Englischen, dass man das sensibel rüberbringt, weil ich glaub, es hat viel mehr geklungen nach, nimm doch das Kapperl ab, Bub. So meint ich s ja nicht, aber die zwei in unserem Rücken bin ich mir den ganzen Abstieg wie ein grantiger alter Mann vorgekommen, der dauernd an der Mode der Jugend was auszusetzen hat. Vorgekommen oder mich erinnert zu sein… same same.
Also, Weg runter. Weil da ist eine Gondel rauf, das hab ich nicht gesagt. Aber die haben wir beide nicht genommen gehabt am Weg rauf, deshalb sind wir uns ja sowieso schon immer besser vorgekommen als die Leute, die uns überholte haben oder den Aufstieg mit nearly there und don’t give up now befördert haben. L. hat schon lange nur noch von dem Bier geredet, auf dass sie sich freut und zu Beginn des Abstiegs hat sie zwar kurzfristig eine ganze Palette zusätzlicher Bedürfnisse entwickelt, aber das ist alles schnell wieder auf das Bier zusammengestutzt worden. Über kurz oder lang waren auch die neuen Muskelgruppen müde und angestrengt und mühsam, den Berg runter zu tragen. Noch dazu ging es dann ja immer wieder rauf und runter und dann Stufen und es war alles immer schlimmer. Und dann sind wir bei der Gondelstation angekommen und hatten ein Bier – das erstaunlich großzügig bepreist war. Und bisschen was zu essen. Und dann halt so, wenn sie nicht mehr als zehn Dollar kostet, dann fahren wir mit der Gondel, ja, sure, das klingt vernünftig.
„Twenty-five dollars.“ „You’re kidding.“ „…“ „You’re not kidding!“
Sind wir also zu Fuß runter. Und jetzt war s dann wirklich schon sehr wichtig, zu zweit unterwegs zu sein, weil wenn man allein fluchend durch den Wald stolpert, wirkt man vielleicht schon ein wenig ausgehebelt, so psychisch. Aber zu zweit geht das irgendwie, nicht so schlimm. Aber es war schon schlimm, es war ziemlich anstrengend. So sehr, dass aus dem ganzen Biergetrinke, das in Queenstown auf uns gewartet hat, letztlich nichts geworden ist, einfach weil schlafen dann doch das wichtigere war. Tipsy waren wir dann am nächsten Tag.
Christchurch, Christchurch… Ōtautahi. Irgendwie ist es schon ziemlich ein Neustart mit dem ganzen Hier-in-Neuseeland-Ankommen. Dementsprechend brauch ich wohl einfach auch, mir einen Schreibrhythmus zuzulegen. Es ist ja plötzlich alles ein bisschen mehr Urlaub. Die Vertrautheit Melbournes hat sich zuletzt durchaus heimelig angefühlt und ich bin ja jetzt auch wieder unterwegs. On the road again… Busfahren und Hostelnächte. Ich hab meinen Zeitplan einmal für zwei Wochen y pico geplant. Und dann noch einmal zwei Wochen. Weil: ich bin draufgekommen, dass ein bisschen im Voraus sich die Sachen anschauen, gar nicht so schlecht ist. Pass auf:
Ich
wollte ja eigentlich gerne Wandern gehen. Deswegen flieg ich ans
andere Ende der Welt, um eine gemäßigte Klimazone zu finden, in der
die Berge Alpen genannt werden. Nicht nur, aber Wandern hat mir
einmal eine gute Erfahrung gegeben und der lauf ich ein bisschen
hinterher. Damals war s Schottland, heute ist es das hier. Und das
Wandern ist gut organisiert in Neuseeland,
let me tell you. Es gibt eine Website auf der man sich
für die Walks und für die Übernachtungen auf den Walks
anmelden kann, möglicherweise sollte und je mehr man auch irgendwo
übernachten will, muss. Jetzt hab ich mir das schöne Buch vom
Lonely Planet, das mir Hiking und Tramping in New
Zealand näher bringen möchte seinerzeit im Buchgeschäft von
Sagen-wir-einfach-es-wäre-Brisbane-gewesen nicht gekauft weil
einerseits sollte der Fokus jetzt einmal auf Australien gelegt
werden, in dem ich gerade angekommen war und zweitens eher unsinnige
Sache, da sich jetzt mit einem zusätzlichen Reiseführer zu
belasten. Hat sich auch bei dem Australienreiseführer übrigens als
derartige erwiesen und er wartet – wenig durchblättert – in
Melbourne auf mich. Man hat mir aber in Christchurch im Hostel einen
ausgeborgt und ich hab mich darüber hergemacht.
Also
nicht ganz so. Zuerst habe ich einmal einen deutschen Reiseführer
durchblättert und mir die Attraktionen der Südinsel
herausgeschrieben, mir zirka eine Route überlegt und mir ungefähr
die jeweiligen lokalen Schönheiten notiert. Dann hab ich mir den Bus
gesucht und gemerkt, dass ich mit dem nicht so locker herumkomme, wie
ich mir das vorgestellt habe und dass die Entfernungen doch etwas
größer sind, als man nach Australien annehmen möchte und eine
zweite Rundfahrt entworfen. Dann hab ich festgestellt, dass die
Hostels teilweise eine Woche voraus ausgebucht sind. Wo gibt s denn
sowas, hab ich mir gedacht und neue Zwischenstopps in meiner Route
eingelegt. Zwischendurch hab ich mir für den dritten April einen
Flug von Nelson nach Auckland gekauft, weil ich dann doch auch
Interesse an der Nordinsel bekommen habe, aber ich wollte dort nicht
auch nochmal eine Runde machen. Fünf Wochen sind dann doch knapp.
Und der Flug war entsprechend billig weshalb ich schnell einmal
zugeschlagen habe. Damit hab ich einmal Realitäten geschaffen, was
glaubst du. Jetzt natürlich kommt langsam der Wanderführer ins
Spiel, weil ich mir jetzt Routen angeschaut habe und dann online nach
availability gecheckt hab und bemerkt hab: die Routen,
die ich mir aussuch, die sind für die nächsten zwei Wochen
ausgebucht. Jetzt natürlich ist mir der Flug gleich wieder etwas im
Weg gestanden und so günstig war er auch wieder nicht…
Alles
halb so schlimm, ich hab mir eine Wanderroute etwas abseits
ausgesucht, unten auf Steward Island, wo ich eh gerne hinwollte, weil
s dort allerhand Vögel zu sehen geben soll. Und daneben ist noch die
kleine Insel, auf der wohl allerlei Bodenvögel leben, weil es keine
Marder, Katzen und Füchse gibt. Mit ein bisschen Glück findet sich
dort auch ein Kakapo. Im Nachhinein hab ich noch festgestellt, dass
die Übernachtungen mich erstaunlich günstig kommen. Es sind nur
drei Tage, aber das ist wahrscheinlich ganz ok dafür, dass ich nur
halb ausgerüstet bin.
Jetzt,
Christchurch. Das ist irgendwie eine nette Stadt. Die Architektur ist
gleich so viel europäischer, grüner Rasen, Trauerweiden und
mehrspurige Einbahnstraßen. Das kann ich mich nicht erinnern, in
Australien gesehen zu haben, auf jeden Fall bringt mich das sehr
durcheinander beim Straßenkreuzen. Weil, so wirklich hab ich das
immer noch nicht heraußen. Natürlich, ich schau schon relativ
automatisch nach rechts und dann nach links und dann vielleicht
nochmal nach rechts, aber an T-Kreuzungen oder bei einem der auch
hier häufigen Kreisverkehren komm ich doch bisschen durcheinander,
von wo ich jetzt überall zirka ein Auto erwarten muss. Es ist immer
noch die gewaltsame Übersetzung einer automatisierten Handlung in
ihr Spiegelbild.
Nett
sag ich, aber das ist natürlich nicht herausragend. Nein, würde ich
auch nicht sagen. Sie haben sehr schön so einen Fluss eingebaut,
mehr einen Bach, der so durch s Zentrum fließt – nämlich
Christchurch upon Avon. Und das ist alles sehr natürlich
inszeniert ist mit bisschen Bank und vielen Enten und Gräsern und
kleinen Brücken. Inklusive der Rememberance Bridge, an der an
ein heftiges Erdbeben von vor acht Jahren erinnert wird, bei dem
hundertfünfundachzig Leute gestorben sind. Und das ist auch hübsch
gemacht, mit einer Wand, an der die Namen der Opfer aufgeschrieben
sind, oft auch in der Schrift ihrer Herkunftskulturen.
Christchurch
hat einen großzügigen Park und Botanischen Garten, daran kann man
sich ruhig auch bei uns ein Beispiel nehmen, aber die ganze Gärtnerei
hat ja nicht unbedingt so eingeschlagen im deutschsprachigen Raum.
Ich mein jetzt, dass man da eine eigene Kultur herum entwickelt hätte
und nicht die französischen Gärten kopiert hat. Vielleicht muss ich
mir den Nachsommer nochmal zur Hand nehmen, mag sein, dass meine
Annahme da etwas widerlegt wird, zumindest literarisch.
Na und
dann das Museum. Ich hab mich kurzfristig gegen die Gallerie und für
das Museum entschieden. Ich sag das jetzt einfach noch ein
hundertstes Mal, dass ich dieses hiesige Konzept von Museum für
besser halte, als ich mich von bei uns erinnere. Ich war ja in
Melbourne auch noch schnell am letzten Sonntag, obwohl sie dort
unerwarteterweise sogar Eintritt verlangt haben. Aber – auch das
muss man sagen – es war es durchaus wert. Es war sogar um ein Eck
besser, als was ich in Christchurch gesehen hab. Und das hier, nun,
das war zumindest etwas lebendiger aufbereitet in vielen Fällen,
als… wie gesagt: ich es von bei uns in Erinnerung hab. Jetzt
wiederum: Ich hab von bei uns auch in Erinnerung, dass ich das
Naturhistorische Museum trotzdem geliebt habe, auch wenn es keine
Plaketten gegeben hat, die speziell Kinder zum Nachdenken und
Ausprobieren gebracht haben. Aber ich bin letzten Endes auch kein
Geologe, Zoologe, nicht einmal ein Paläontologe geworden. (Was mich,
wo ich gerade vor lauter Hostelvideoschauen wieder Jurassic Park
lese, doch mit ein bisschen Sehnsucht wurmt.)
Aber
ich hab zumindest was über Maori gelernt und meine ersten
Menschliche-Statuen-in-Glasvitrinen-Ausstellungsstücke gesehen. Die
Maori sind etwa vor siebenhundert Jahren auf Neuseeland
beziehungsweise Aotearoa gelandet und damit sind sie gerade einmal
doppelt so lange hier wie die ersten EuropäerInnen, von denen der
Herr Tasman sechzehnzweiundvierzig als erster hier gelandet ist.
Überhaupt ist Neuseeland in vieler Hinsicht so viel anders als das
gute Australien, das gleich daneben ist. Die Alpen, die auf der
Südinsel die Geographie bestimmen, entstehen seit fünfundvierzig
Millionen Jahren, aber so wirklich hat der Prozess wohl erst vor fünf
Millionen Jahren angefangen und dementsprechend aktiv wachsen die
Berge hier noch aus dem Boden. Ich würde sagen: Präpubertär.
Jetzt, kulturell hat mich die Auseinandersetzung mit den Aborigines drüben in Australien letztlich ziemlich sprachlos hinterlassen. Ich hatte eine kurze Unterhaltung mit der Ethnologin, die in der Frage kulminiert ist, ob dies mein erster Kontakt mit einer indigenen Kultur sei. Und: Ja, das ist es. Und ich merke, ich hab keine Ordnung dafür in meinem Kopf, keine Kategorien dafür, wie ich mit so viel Fremdheit umgehen kann. Interkulturelle Kompetenz ist etwas, was ich mir seit Jahren in die Sonstige Fähigkeiten Spalte schreiben würde, aber das ist etwas anderes. Das ist etwas ganz anderes. Wie soll ich bei null zu denken anfangen, ich hab den Kopf doch sehr in einem spät- bis postkapitalistischen, liberalen Multikulturalismusgebäude, bisschen ideologisch, bisschen idealistisch, bisschen pragmatisch. Und die Maori, merk ich, sind mir fremd, aber der Kulturschock scheint nur halb so schlimm: ich lese über Expansion und über Kriege zwischen den Maori und ich ich sehe Schmuck und Religion und Spiele. Und es gibt Ausbeutung der Natur. Aus dem, was ich über „die Kultur der Aborigines“ gehört habe, ist die Erhaltung des Gleichgewichts dort so zentral, dass es einfach fremder ist, als so ziemlich alles, was ich bisher kennengelernt habe. Nämlich überhaupt: Erhaltung: die sozialen Strukturen, die spirituell-kulturellen Erzählungen, das ökologische Gleichgewicht. So sehen wir sie heute. Aber auch das stimmt natürlich: Was wissen wir schon von den letzten vierzigtausend Jahren. Ich verstehe, dass die eine oder andere Gruppe vor zwanzigtausend Jahren eine Felswand als Tafel verwendet hat und die dort festgehaltenen Zeichnungen nach wie vor Teil des kulturellen Bedeutungsschemas der heute lebenden Nachfahren sind. Ich sehe, dass es komplexe und strenge Heiratsarrangements gegeben hat. Ich verstehe aber auch, dass die vielen hunderten Gruppen, die an den Küsten gelebt haben, möglicherweise ganz anders funktioniert haben und Handel getrieben haben mit den Nachbarn in Neuguinea und sich mit den Nachbarn gestritten und bekriegt haben. Aber auch: dass es Sprachgrenzen gibt, von denen ich noch nicht verstehe, wie tiefgreifend sie sind – die ständigen Vergleiche mit Europa kommen mir unsinnig vor, weil da Völkerwanderungen, Imperien und Nationalbewegungen Sprachgruppen ausgerottet und verschoben haben. Aber hier scheinen sich Nachbarn nicht verständigen zu können, die seit Jahrtausenden nebeneinander leben und ich weiß in Wahrheit nicht, wie fremd die hiesigen Sprachen sind. Und die Geschichten vom Bruce Chatwin sind noch einmal eine Sache für sich, was das Singen der Landschaft und die Verständigung über die verschiedenen Kulturen Australiens hinweg betrifft. Und es stimmt wohl eh nur die Hälfte von dem, was man mir erzählt hat und ein Viertel von dem, was ich mir gemerkt habe. Auch ich stopfe die Löcher in meinem Wissen mit Frosch-DNA.
Jetzt ist der Text natürlich längst von einer brutalen Wirklichkeit eingeholt worden. Weil entworfen hab ich das am Tag vor meiner Abfahrt aus Christchurch, am Tag vor dem Anschlag. Und am nächsten Tag stand ich zu Mittag an der Busstation, in der Hand ein vietnamesisches Schweinebauchbrötchen. Schulkinder sind mit Plakaten gegen den Klimawandel bzw. gegen die Untätigkeit der Politik angesichts des Klimawandels unterwegs gewesen. Und dazwischen ein Herr, der sein Fahrrad geschoben hat und gegen Autos und Kinder als die größten Faktoren der Umweltverschmutzung agitiert hat. Auch in Neuseeland gibt es Leute, die vielleicht ein bisschen Unterstützung bedürfen. Schön war, dass eine von den drei Mädels, mit denen ich bei zwei, drei Ampeln gewartet habe, auf dem Weg einen Mist von der Straße aufgehoben und mistkübelunterstützt entsorgt hat. Da hab ich mir gedacht, die meint das ernst, die lebt das. Weil ihre Freundin hatte nur ein „I’ve made a sign“ Schild.
Und
beim Rausfahren aus Christchurch sind wir durch eine Absperrung
gefahren. Aber ich weiß natürlich nicht, was „normal“ ist.
Gewundert hab ich mich schon, dass ein lächelnder Polizist mit einem
Maschinengewehr an der Straße gestanden ist. In ihrer ganzen
karierten Uniform in bester britischer
Die-Polizei-ist-eine-zivile-Macht-Tradition. Aber der Busfahrer hat
genuschelt, das Lautsprechersystem hat geraschelt und das WiFi hat
nicht funktioniert. Und so hab ich auch erst zwei Stunden nach den
Anschlägen davon erfahren, dass was passiert ist. Als ich in Oamaru
angekommen bin, war die Hostelrezeptionistin bisschen überrascht,
die hat erst später mit uns gerechnet, wenn überhaupt, vor lauter
Absperrungen.
Na und dann hab ich zwei Tage lang im Apartmentblock des Hostels gewohnt, mit R. und L., die beide ein Frauenzimmer gebucht hatten. Aber im Hostel in Oamaru ging s bisschen drunter und drüber und da wurde improvisiert. Der Fernseher ist noch eine Zeit lang gelaufen und im neuseeländischen Fernsehen haben sie versucht, der Situation gerecht zu werden. Die Art und Weise, wie die ReporterInnen teilweise schlicht mit der Trauer und der Überraschung überfordert waren ist ein Bild dafür, wie wenig man in Neuseeland offenbar damit gerechnet hat, das man hier fremdenfeinliche Gewalt erleben muss. Und die Premierministerin Jacinda Ardern macht das vielleicht auch deshalb einfach irrsinnig gut, ist präsent und betroffen und hat als Konsequenz mittlerweile die Waffengesetze verschärft. Schneller als ich einen Blogeintrag fertig bekomme werden in Neuseeland halbautomatische Waffen untersagt. Und sie sagt: they are us – solidarisiert sich mit Muslimen als der angegriffenen Gruppe, stellt klar, dass das ein Anschlag auf Neuseeland ist. Und die Ermordeten bekommen Gesichter in den Zeitungen, in jeder Stadt finden sich Plätze der Trauer und Anteilnahme mit Blumen, Kerzen und Gedichten. Und der Name des Mörders bleibt unausgesprochen.