Tagesausflug und nächtliche Begegnung

Es ist fast ein bisschen enttäuschend, dass der Lonely Planet sagt, dass Kagoshima sowieso und gleich einmal die netteste Stadt in Japan ist. Hat s es damit schon wieder oder was? Auf jeden Fall hatte ich gestern ein Gespräch mit der einen Restaurantbesitzerin oder -angestellten, ist ja auch egal, die aus dem Lokal gekommen ist, nachdem ich ein bisschen davor gestanden bin und mit mir zu reden angefangen hat. Und das bin ich nicht gewohnt, bin ich nicht mehr gewohnt, hätte ich mir nicht erwartet. Und ich weiß nicht genau, was das war, weil sie hatte eh keinen Platz und dann haben wir aber ein bisschen geredet und vor allem war s interessant, um zu sehen, wie manche Laute einfach nicht ins Japanische passen. Da war natürlich eine R-L Sache, die nicht so einfach war, aber insbesondere die Geschichte mit dem H und dem F. Das ist für jemanden, der so heißt wie ich, nicht so einfach. Und wenn sie mir sagt, dass das Lokal hurr ist, dann hab ich mir wirklich etwas schwergetan, abgesehen davon, dass ich schon verstanden hab, dass sie keinen Sitzplatz mehr hat. Und der vermeindliche bread train, mit dem ich in der Regel unterwegs bin, das ist ein bullet train, ein Shikansen. Weil wenn man mal keinen Vokal zwischen zwei Konsonanten braucht (und einer von den beiden kein N oder M ist, jaja, so einfach ist das auch wieder nicht), dann macht man halt ein U. Deshalb hab ich für meinen Namen damals im Karatekurs auch ein Hu Ri Tsu auf den Gürtel geschrieben bekommen.

Kagoshima hat seinen eigenen Vulkan vor der Tür. Say hello, Sakurajima.

Und in der Nacht war dann der Typ, der am Code meiner Zimmertür gescheitert ist. Also, meine Schlafsaalzimmertür. In Wahrheit war s erst Abend, als jemand also ein paar Mal daran gescheitert ist, den Code richtig in die Tür zu tippen. Ich hab mir gedacht, dass sind die von nebenan, die stehen einfach an der falschen Tür: Falsche Tür oder falscher Code, das Ergebnis ist ein ähnliches.

Sir, said I, or Madam truly your forgiveness I implore
But the fact is, I was napping
And so gently you came rapping
And so faintly you came tapping

Tapping at my chamber door that I scarce was sure I heard you
Here I opened wide the door…

Er war dann immerhin betrunken und seine Frau ist ein bisschen genervt am Küchentisch gesessen. Ich dachte ja, der wohnt mit ihr im Nebenzimmer, aber in dem Hostel war streng getrennt, die Bubenschlafsäle und die Mädchenschlafsäle. Dementsprechend hab ich ihm dann auch gedeutet, dass er wohl an der falschen Tür sei. Und er hat mir auch durchaus zugestimmt, also zumindest hat er meine Gestik imitiert, aber seine Handlungen sprachen eine andere Sprache! Jaja, hat er gesagt und hat mich ins Zimmer zurückgedrängt ist an mir vorbei und hat sich in das leere Bett gelegt. Na gut, hab ich gedacht, dann schlafst dich halt aus. Und ich hab bis in der Früh gedacht, der wollte sich einfach nur hinlegen, weil das halt manchmal notwendig ist, dass man sich hinlegt, ab einem gewissen Punkt. Ich bin dann draufgekommen, der hat wirklich hier sein Bett gehabt, als er am nächsten Tag beim Ausziehen sein Rollwagerl mitgenommen hat. Und das hat auch erklärt warum der dritte in unserem Zimmer, sich das Bett über mir genommen hat, was ich eine seltsame Entscheidung gefunden hab, wenn man annimmt, es sind nur zwei Personen, die sich zwei Stockbetten teilen. Ach ja, Hostelleben.

Heute wissen wir, dass man seinen Dinosaurierpark nicht auf einem aktiven Vulkan bauen soll, aber man sieht, das sind etwas ältere Modelle. Ich hab den wirklich gern, weil er ein bisschen so ausschaut, als sei er absichtlich so gemacht, dass er im Sumpf steht. So hat man sich das früher einmal vorgestellt.

Auf jeden Fall hat ist er schnell eingeschlafen, aber er hat auch im Schlaf noch sehr viel geredet und geschnauft, der Herr Kollege vom Bett nebenan. Und ich hab mir noch gedacht, das tut mir urleid gegenüber dem, der da im Bett über mir liegt, weil dem hab ich da jetzt einfach so eine Schnarchnase ins Zimmer gelassen, anstatt ihn irgendwie abzuwehren und was weiß man schon. Natürlich hab ich auch für mich ein bisschen gedacht, blöd, dass ich jetzt nicht schlafen kann. Aber als ich dann mein Buch weggelegt hab, es war ja wirklich kaum erst zehn, wie der betrunken heimgekommen ist, bin ich tatsächlich schnell einmal eingeschlafen. Ich erinnere mich zwar, zumindest das Gefühl gehabt zu haben, Ewigkeiten lang nicht einzuschlafen, weil ich die Geräusche von nebenan dauernd im Ohr gehabt hab. Aber in Wahrheit war das insgesamt eh eine erholsame Nacht, würde ich sagen.

Am nächsten Morgen steig ich in die Gemeinschaftsküche und da sitzt schon die Frau Gattin und entschuldigt sich bei mir, so wie sie sich auch in der Nacht bereits immer wieder entschuldigt hat. Ebenso er, darf man nicht vergessen, entschuldigen hat auf jeden Fall funktioniert. Aber jetzt drückt sie mir noch ein Sackerl in die Hand, während sie sich entschuldigt für noisy. Die kennt ihren Mann. Ah wo!, sag ich, das wäre nicht nötig. Interessant, denk ich mir, dass ich auf Englisch rede, wenn ich weiß, dass sie mich nicht versteht und sie im selben Wissen auf Japanisch redet. Natürlich, die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass sie was versteht. Aber wir kommunizieren eh vor allem über Tonfall. Na gut, sag ich, vielen Dank.

Mehr Sauropoden! Hier zumindest der am Boden liegende Schwanz, ist auch schon lang nicht mehr, wie wir uns Dinosaurier vorstellen. Im Hintergrund gibt s eine lange Rutsche, die leider dem Wetter entsprechend leider in einer ziemlichen Lacke endet.

Als er dann aufsteht, entschuldigt auch er sich nochmal bei mir, obwohl ich glaub, dass ihn die Frau geschickt hat. Und dann bringt auch er mir noch ein Geschenk zur Entschuldigung. Sehr nett, wäre nicht notwendig gewesen, das passt schon, vielen Dank, war überhaupt kein Problem. Ich denk die ganze Zeit daran, dass der Typ im Bett über mir das ganze Leid mit mir geteilt hat und ich hier mit Geschenken beschüttet werde, da empfinde ich eine gewisse Schieflage.

Dazu zwei Dinge. Einerseits find ich es eh ganz ok, was da passiert ist. Das klingt jetzt irgendwie nach einer komischen Feststellung. Aber ich mein so unterm Strich, weil ich mich über den Kontakt einfach gefreut hab. Ich hab mich natürlich ein bisschen geärgert über das Rattern und Poltern im Nebenbett, aber vielleicht hab ich jetzt lang genug in Schlafsälen geschlafen, dass ich darüber wirklich mehr oder weniger gleichgültig hinwegschlafe, wenn sich in unmittelbarer Nähe jemand wälzt und plagt. Aber insbesondere das dahinterliegende Ich-muss-mich-jetzt-mal-hinlegen-alles-andere-später und später dann tatsächlich ein bis zwei authentische Entschuldigungen, wo ich nicht das Gefühl hatte, dass die von Scham überwältigt waren. Also schon gewissermaßen eine Peinlichkeit, aber etwas, worüber man reden kann. Ein Danebentreten und Bereuen und dann mit mehr Sozialkompetenz gelöst, als das gefühlt daheim gelöst werden würde. (Insbesondere, weil mein Verhalten, des Durchtauchens so gut damit funktioniert hat.) Das war schon gewissermaßen beeindruckend und ich hab so auch eine sehr echte Begegnung gehabt, kam mir vor. Wir haben uns dann wieder und wieder verabschiedet, weil wir sozusagen den gleichen Weg von der Gemeinschaftsküche (aus der sie sich verabschiedet haben) hinunter in die Café-Restaurant-Co-Working-Space-Area hatten (aus der ich mich dann wiederum verabschiedet hab). Und wenn sich so eine Ärgerlichkeit in zwischenmenschlichen Kontakt auflöst, das ist super.

Sakurajima hat außerdem einen Geopark und ein öffentlichesFußbad, wo man nebeinander einmal seine Füße ins Thermalwasser stecken kann. Aber wichtiger, dass der Regen auch die eine oder andere Katze unter die sporadischen Dächer des Onsen getrieben hat.

Der zweite Punkt ist das mit den Plastiksackerln. Ich mein, einen Moment war ich schon überfordert, wie ich jetzt ein Geschenk ablehnen kann, als das-ist-wirklich-nicht-notwendig. Und ich bin eh grad am Ausmisten gewesen, die letzte Woche. Das klingt jetzt total undankbar, aber dann kommt das wieder in einem Plastiksackerl. Ich hab in zwei Wochen Japan mehr Plastiksackerl weggeschmissen als im ganzen bisherigen Jahr, muss ich leider sagen. Ich mein, das sind vielleicht fünf oder sechs, also nur mittel-tragisch. Aber trotzdem! Das wird ja noch mehr. Im Geschäft gelingt es mir schon ab und zu rechtzeitig zu sagen, dass ich das in meinen Hippiebeutel tu, danke vielmals. (Und dann kleben sie mit so einem Tixo den Strichcode ab, was war ich darüber verwirrt!) Aber es ist so selbstverständlich, dass selbst wenn ich ein einziges Klumpert kauf, dass es schon in einem Sackerl ist, während ich noch versuche, meine Münzen in mein Münzfach zu schieben. Sie haben sehr elegante Münzen, find ich. Hab ich mich schnell dran gewöhnt. Kann sein, dass der Fünfhunderter und der Hunderter, wie auch der Fünfer und der Fünfziger haptisch schwierig auseinanderzuhalten sind – von wegen barrierefreiem Bargeld. Aber die Hunderter sind auf jeden Fall sehr schön und alles ist handlich und man braucht s ja auch dauernd, weil überall die Automaten rumstehen. Und jetzt die Automaten, da kriegt man natürlich kein Sackerl. Aber dann hab ich schon wieder mehr Plastikflaschen durch die Hände gehen gehabt als in den vergangenen Monaten. Was ich auf meine Kappe nehm, das ist einfach weil die Neugier manchmal sagt, kauf die ein Fanta White Peach statt da aus der Wasserfontäne daneben zu trinken. Hast eh so viele Hunderter im Geldbörsel. Kauf dir ein Pepsi Japan Edition. Kauf dir einen Grapefruitsaft in der Dose. Kauf dir das! Na, ich bin ja auch nur ein Konsument.

Arthouse

Melbourne. Stadt der … Pfirsiche? Ich wollte mir vor meiner Herreise gerne ein Hostel reservieren, damit ich nach der Ankunft nicht in der großen Stadt in der Luft hänge. Regrettably funktioniert meine Karte noch nicht wieder und Lars from the Hostel schreibt dementsprechend, dass meine Karte nicht funktioniert. Ich sage zu Lars, dass ich gehofft habe, eine Reservierung würde auch so funktionieren, dass ich das Geld in bar bei mir hab, dass ich aber verstehe, wenn sie keine Reservierung annehmen können, wenn die Karte nicht funktioniert. Aber ich würde dann einfach einmal vorbeischauen, wenn ich ankomme, vielleicht ginge sich das ja trotzdem aus, dass da irgendwo noch ein Bett für mich leer stehen würde. Ich krieg keine Antwort mehr, aber es war dann eh gar nicht so unpraktisch.

Bye-bye Alice. Ich lasse dich ohne Reservierung hinter mir.

Die Auswahl an Hostels ist nicht schlecht. Ich frag mich manchmal, wieso Wien da nicht mehr zu bieten hat, weil da gibt s das in der Myrthengasse und ja, es gibt die großen Wombat’s und offenbar zwei Filialen von Do Step Inn – wo sich auch eine große PunmeisterIn verwirklicht zu haben scheint. Aber das war s dann irgendwie auch schon wieder. Vielleicht ist es, dass hier die Hostels zu drei Viertel und mehr mit Leuten voll sind, die einen Job suchen oder eben einen Job gefunden haben, ein halbes Jahr Küchenhilfe, Straßenarbeiten oder schnell mal irgendwo putzen (descaling a urinal with duct tape and vinegar). Und die sich das mit der eigenen Wohnung nicht antun wollen bzw. leisten können. Und von denen gibt s hier viele. Letztes Jahr wurden über 210 000 Working Holiday Visas ausgestellt. Ein Fünftel davon für Menschen aus dem Vereinigten Königreich, etwas mehr als ein Zehntel jeweils für Deutsche, FranzösInnen, KoreanerInnen (nämlich: SüdkoreanerInnen) und TaiwanesInnen. Gefolgt von Japan, Italien, Irland, Kanada, Niederlande etc.

So wirklich hört man nicht, wie s abgeht auf der Bourke St, wenn die Leute aus ihren Büros in die Pubs laufen.

Na jedenfalls ist es nichts geworden mit der Reservierung und letztlich war das ein Glück auch noch. Wie ich aus dem Bus aussteig, der mich vom Flughafen in die Stadt gebracht hat, mach ich mich nach einigen Orientierungsbemühungen in Richtung des Hostels auf, aber ich ruf auch mal bei der V. an, dass wir uns akkordieren für wann auch immer.

Melbourne macht auch blauen Himmel

„Ich bin grad angekommen, an der Dings, an dem Bahnhof. Central Southern…“
„Southern Cross Central.“
„Ja, genau das. Ich hab in fünf Minuten mehr Leute gesehen als in einer Woche Alice Springs.“
„Das glaub ich.“
„Na und jetzt geh ich einmal in deine Richtung, ich hab mir da ein Hostel rausgesucht, das bei dir in der Gegend ist.“
„Wo bist du?“
„Na, ich geh jetzt da gleich über den Fluss.“
„Das ist aber weg von mir.“
„Is it?“
„Ja.“
„Hm, warte.“ Ich biege aus der Menschenmenge ab und stelle mich ein bisschen ins Abseits. Ruhe ist in Bahnhofsnähe schwer zu finden.
„Warte, ich such dir ein paar Möglichkeiten in meiner Gegend raus.“

Ich hab ein bisschen übersehen gehabt, dass Melbourne groß oder einfach chaotisch genug ist, dass es manche Straßen, manche Adressen einfach zweimal gibt. Aber der Rucksack ist kein Problem und so fahr ich ein bisschen mit der Straßenbahn und schmeiß mich dann gleich einmal in ein vertrauenswürdiges Hostel. Die Stimmung an der Rezeption ist gut genug, dass ich einmal vier Nächte buche, vier Nächte im Sechserzimmer in einem, wie sich kurz darauf herausstellt, dreistöckigen Moloch. Vor vielen Türen steht abends das feste Schuhwerk, mit dem die – ich nehm mal an vornehmlich männlichen – Work-and-Travellers tagsüber auf der Baustelle stehen. Alle haben ihre Geschichten mitgebracht und ich bin gegenüber ihnen, die in Jahren rechnen, mit meinem Monat auf Reisen absolut der Frischling.

In der Tat Mansion

Eine Zeitlang unterhalte ich mich ganz gut entlang der Frühstücksgespräche von zwei Deutschen, die sich einmal hinter dem Rücken ihrer Freundin über diese auslassen und dann über ihre eigenen Sorgen plaudern. Eigentlich hab ich durchaus Respekt vor ihnen, wie sie sich das mit ihren neunzehn Jahren organisieren, wie sie hier Leute kennenlernen, wie sie versuchen, darauf zu achten, sich gesund und gleichzeitig sparsam zu ernähren, wie sie Arbeit und Reisen verbinden und sich dabei mit dem Druck durch die Eltern aber natürlich auch mit den Erwartungen und Enttäuschungen zwischen einander auseinandersetzen. Ich nehme an, das ist ein bisschen die AustauschschülerInnenvergangenheit gepaart mit meinen eigenen Schwierigkeiten und dem wiederkehrenden Unwillen, ein halbes Leben später, mich mit genau diesen Punkten zu beschäftigen. Because I hate the notion that I should do it, hab ich letztens in einem anderen Kontext gehört und ja, Weisheit der Jugend: man soll sich nicht jeder Erwartung unüberlegt beugen. Und so lächel ich über sie und erheitere mich an ihren Sätzen, in denen ernsthafter Ärger über die Unentschlossenheit der Freundin, echte Sorge über das knappe Budget und schlecht verholene Begeisterung über die Drogen, an denen sie zuletzt ein bisschen mitgenascht haben mitschwingt. Es ist so ein Moment, in dem ich durchaus froh bin, nicht mehr zwanzig zu sein, aber gleichzeitig beneide ich sie ein bisschen darum, dass für sie alles so offen scheint und ihre Sorgen so gegenwartsbezogen. Unlängst hat s Birdman in meinem Hostel gespielt und ich hab ihn beim zweiten Mal wieder gut gefunden. Gerade wegen solchen Szenen, wo der so unangenehme Edward Norton zur auf Emma Stones Frage, was er mit ihr tun wollen würde, hätte er keine Angst, sagt, er würde ihr die Augen aus dem Kopf klauben und in seinen eigenen Schädel pflanzen um die Welt so zu sehen, wie er sie gesehen hat, als er in ihrem Alter war. Und das ist ein guter Moment, weil er grad ein bisschen fassbarer wird und wen nicht sympathischer so zumindest ein bisschen authentischer in seiner aggressiven Suche nach Realität. Dass er eben nicht nur hinter ihr her ist. Ja, ist ein guter Film und wenn man sich ein bisschen mit dem Alter und damit zusammenhängend den Jahren davor und den Jahren dahin beschäftigt…

Und es gibt wieder asiatisches Essen für mich. Hier ein bisschen Thailokalambiente.

In Melbourne geh ich ein wenig entlang meinen Wege spazieren, genieße überraschende Wantan Füllungen in Chinatown, schlender durch den einen oder anderen Park um den lässigen SkateboarderInnen beim Flippen und den Hipstern beim Picknicken zuzuschauen. Seit mehreren Tagen hab ich meinen Ausflug nach Mt Dandenong im Kopf, den mir der ständig benacktoberkörperte Tattooträger aus Alice Springs noch schnell nahegelegt hat. Damit hat er meinen ganzen Doucheverdacht, den ich ihm gegenüber natürlich gehegt habe, ein bisschen durcheinander gebracht und ich hab das Gefühl, ich schuld ihm das ein bisschen, zu sehen, ob wir die gleichen Sachen gut finden würden. Sonst führt mich V. rum und ich seh mal eine Bar, mal einen günstigen Pastaplatz, mal eine Bibliothek oder ein Stadion von innen. Aufregend, dass die Carlton North gewonnen haben, hab ich schon gesagt, aber persönlich aufregender fand ich, wie die V. die Bier reingeschmuggelt hat. Da braucht s nicht viel für mich. Aber sonst hätten wir die wahrscheinlich einfach schnell vor dem Stadion austrinken müssen und hätten vielleicht das zweite Viertel auch verpasst.

Dann war ich in der National Gallery Victoria. Ich bleib da ja bei sowas gern bei den ImpressionistInnen hängen. Und schön, mal einen Monet und einen Manet nebeneinander hängen zu haben, damit ich mal lern, welcher, welcher ist… (Funfact: Der Wikipediaartikel von Monet sagt not to be confused with Manet und vice versa.) Zwischen den Bildern des frühen zwanzigsten Jahrhunderts laufen Un chien andalou (1929) und Vormittagsspuk (1927). Dann auf einen Sprung zu den Wiener SezessionistInnen, wo, hab ich letztens mal gecheckt, auch eine Frau als dabeigewesen zählt. In der Einführung finde ich den Satz Following the Nazi annexation of Austria in March 1938… und habe gleich das Gefühl, dass hier ein bisschen eine Intervention stattfinden sollte. Following a civil war, Austria gave up on any and all humanist ideas and chose the path of Nazi ideology in March 1938…

M…net

Ein anständiges Museum, das regelmäßig kostenlose Führungen durch verschiedene Ausstellungen macht. Das eigene Textboxen für Kinder anbietet, damit das auch für junge Leute interessant ist. Aber irgendwie ist es schon komisch, am anderen Ende der Welt europäische Kunst zu finden. Ich mein, nicht schlecht, da komm ich zumindest ein bisschen zum Nachdenken darüber, dass in den europäischen Museen natürlich auch viel hängt, das ein bisschen eine Reise hinter sich hat. Und was man sich antut, um den kulturellen Kanon um die Welt zu treiben.

Am ersten März hab ich meine Sachen erst einmal zusammengepackt um umzuziehen. Einerseits noch ein bisschen weiter in die Richtung, wo die schicken Straßencafés sich an die schicken Streetfoodläden sich an die schicken Barbershops („free beer with every cut“) reihen. Andererseits vielleicht ein bisschen kleiner, etwas persönlicher. Der Chef im neuen Hostel ist ein bisschen unheimlich in seiner direkten, bestimmenden Art und Weise, aber deshalb funktioniert sein Konzept wohl auch. Ein Konzept wo jeder sein eigenes Geschirr bekommt, aber dafür nicht unbedingt einen Schrank für mein Zeug. Er hat allerdings auch eine deutlich stillere, angenehmere Frau, insofern gleicht sich das eh alles ein bisschen aus. Aber wenn mir jemand gleich einmal erklären möchte, nach welcher Sprache mein Name ausschaut, like ausgerechnet: „German doesn’t have so many consonants, here, put one or two Vees in and you’re Polish.“ Aber ich krieg einen ganz guten Deal dafür, dass ich eine Woche bleib und ich nachdem ein neuer Vermieter nicht unbedingt jemand ist, mit dem ich mich gleich einmal anlegen möchte, lass ihm sein Checker-Sein. Er wirkt wie jemand, der einen Groll hegen würde.

I’ve got one in a four-bed room or in a six-bed room. They’re the same price.
Alright, I think I’ll have the one in the four-bed room, then.
Schaut von seinem A3 Heft auf, in dem er seine Übersicht über alle Betten, Zimmer und Gäste aktuell hält und lächelt mich an: „I’ll give you the one in the six-bed room.
„…“
It’s much nicer.
Well, I guess I’ll trust you.
Good.

Das ist jetzt auch schon wieder… mehr als eine Woche her. Aber es ist auch wirklich gemütlich und es gibt viele LangzeitbewohnerInnen, die mit ihrem Work-and-Travel Visum hier tatsächlich wohnen. Ich kann mir vorstellen, dass das gut funktioniert und ehrlich gesagt, die Woche hier war schon sehr gemütlich und ich versteh mich gut mit den Leuten, die hier sind. Vielleicht ein bisserl viel Rauschmittel aber auf jeden Fall friedliches Auskommen und gute Stimmung. Bisweilen hängt einmal das halbe Hostel vor dem Fernseher, für die seltsamsten Sendungen finden sich oft erstaunlich viele Leute. Gut, an Birdman waren die ZuschauerInnen zugegebenermaßen weniger interessiert und sind nach und nach für wichtigeres aufgestanden. Dann ist das ganze Zimmer für eine Formel 1 Dokumentation voll. Oder gestern Abend, als Magic Mike XXL gelaufen ist. Der Entscheidungsprozess ist mehr Papstwahl, indem der gemeinsame Geist der BewohnerInnen durch die Person mit der Fernsteuerung agiert. War schon ein erstaunlich ok-er Film, und glücklichweise hat es mir niemand übel genommen, dass ich manchmal bisschen Kommentar notwendig hatte, quasi #SavedByTheMetaebene. Der Anfang war eindeutig besser, insgesamt stringenter und nicht uninteressant, wie die Homophobie gehandhabt wurde. Weil immerhin ziehen sich da erwachsene Männer gemeinsam aus und tanzen miteinander. In der zweiten Hälfte verliert sich die Handlung dann ein bisschen und ich persönlich fand die Strip- aber auch Tanzszenen nicht besonders aufregend. Außer natürlich, man sagt, wenn man nicht hinschauen kann, sei das ein Zeichen für aufregend, weil manches war einfach nicht zum Hinschauen. Und ich will nicht sagen, dass da nicht ein paar Einlagen dabei waren, die ich auch gut fand, aber in der zweiten Hälfte hab ich mich eher gewunden vor Übergriffig.

So werden die Leute aus der National Gallery verabschiedet. Ur süß.