Thai Food statt Taifun…

Es ist schon interessant, wo ich jetzt „was zu tun“ habe, wie schnell die Zeit vergeht und ich direkt in diesen Stress komme, den man so nennt und dann sagen die anderen, dass sie derartige Sorgen haben möchten. Ich zähle an meinen Fingern, wie viele Tage ich noch hier bin, weil ich an der anderen Hand bereits gezählt habe, wie viele Tauchgänge ich noch brauch, bis ich den nächsten Level erreiche. Die bei SSI wissen schon, wie sie ihr System gameifizieren müssen, damit sie solche Hanseln wie mich vor die Harpune bekommen.

Ich hab ganz schön unterschiedliche Tauchzentren mitbekommen, kommt mir vor. Und wenn dieses hier ein bisschen unsympathisch rüberkommt, muss ich doch sagen: der Typ, der hier mit mir meinen Stress and Rescue Kurs durchgeht, das ist mit Abstand der professionellste unter den TauchlehrerInnen, die ich bisher so gehabt hab. Der hat nicht nur einen Plan, was ihm wichtig ist, der hat auch ein Verständnis dafür, wie das SSI Schulungssystem funktioniert und warum da was beinhaltet ist. Als Schüler ist das immer so ein Ding, wenn da einer vor einem steht und sagt „na, da haben die s aber nicht übertrieben mit dem Stoff” und „sollte man eigentlich schon“ und „das ist eigentlich unglaublich, wer da alles Instructor sein darf”. Und man selbst irgendwie ja das Produkt dieser Lehrmethoden und wie viel liegt das in meiner eigenen Verantwortung, was ich gelehrt bekommen hab oder halt dass meine Tauchstunden sich oft einmal auf das konzentriert haben, was andere als das Notwendige empfunden haben. Er hat ja ganz offensichtlich recht, aber mich jetzt gegen diese Leute solidarisieren, von denen ich ja auch Sachen gelernt hab und mit denen es lustig war… es ist nie so einfach.

Ko Haa Neung, mein sechster Tauchgang hier in der Gegend. Natürlich frag ich mich sofort, wie das entsteht, dass so ein Felsen mitten Meer herumsteht. Es ist vielleicht irgendwas mit Gletschern…

Ja, jedenfalls ist das der, dessen Namen ich nachgefragt hab. Und der ist eh ok. Wenn ich so immer wieder am protokollieren bin, was so passiert, was dann oft passiert, wenn ich mich nicht ständig von einem Ort zum nächsten bewege, dass sich meine Eindrücke am nächsten Tag schon wieder vollkommen umgedreht haben. Eigentlichen muss das der Wahrheit entsprechend heißen: meine Eindrücke einfach ständig falsch sind. Oder: ich ständig Einschätzungen vornehme, die sich kaum einen Tag später als Fehleinschätzungen, die sich wiederum kaum einen Tag später vielleicht wieder als Fehleinschätzungen und so weiter. Und weil das Leben ja nicht binär ist, oszilliere ich da nicht zwischen zwei Eindrücken sondern es geht von einem Erleben ins nächste. Vielleicht ist das auch tatsächlich ein Schärfungsprozess. Was weiß man. Jedenfalls hat sich der Tauchtyp als eh umgänglich und liebenswert herausgestellt. Und wenn er darüber schimpft, dass die Sachen nicht da sind und er sich alles selbst ausdrucken muss und wozu sie eigentlich einen Typen im Office haben… dann bin ich dafür auch einmal sehr empfänglich, weil ich mir ähnliche fragen auch schon mal gestellt hab. Und sein Chef hingegen, den ich anfangs als den lockereren erlebt habe, der bisserl pragmatischer wirkt und dessen Wiener-Schnitzel-Rassismus ich am Anfang noch versucht habe, als einen Spleen zu betrachten, der ist insgesamt mehr so ein bisschen so mit den etwas stabileren Meinungen über Leute von hier oder da und als ich gesagt habe, ich kann ihn erst morgen bezahlen, da sind ihm ein bisschen die Mundwinkel ausgekommen und ich hab mir gedacht, na dem fehlt aber auch ein bisschen der Idealismus.

Und jetzt ist das Problem, dass das Boot noch nicht fertig ist und ich meine Praxis nicht so recht machen kann und aber auch niemand mehr im Shop ist, weil die Saison noch nicht so wirklich angefangen hat und überhaupt hänge ich jetzt in der Luft, meine Resttage auf der einen Hand und die benötigten Tauchgänge auf der anderen. Jetzt muss ich morgen wahrscheinlich einfach einen Tag lang irgendwie abhängen, hier in Ko Lanta. Und wie gesagt, es ist noch nicht wirklich was los. Wenn ich was essen geh, sitz ich meistens allein im Lokal. Wirklich wahr. Mittags und Abends. Ich mein, ein bisschen was, vielleicht dass dann noch eine russische Familie kommt oder sich zwei holländische Mädels irgendwo niederlassen. Aber wenig. Und ich natürlich hin- und hergerissen, weil ich bin schon froh, dass ich hier meine Ruhe hab und ich auf der Straße mehr Einheimische seh als nicht. Aber gleichzeitig ist hier halt alles so für die Nicht-Einheimischen hergerichtet, dass es leer und verlassen wirkt. Und so geh ich dann an diesen Bars vorbei, mit ihren Bambusmöbeln und drinnen liegen die vier Angestellten herum und spielen auf ihren Handies und irgendwelche Neunzigergitarren dröhnen aus den Lautsprechern. Und dann eines nach dem anderen, die alle zirka so sind.

Was ich hab zum Beispiel sehr schön finde, ist, dass hier ja eigentlich, so sagt man mir, eher Muslime zuhause sind. Und die buddhistischen Thais sind eher in den letzten fünfzig Jahren hierher, halt für den Tourismus, weil s da halt ein Geld zu machen gibt. Und schön find ich das insofern, weil ich ja schon in Indonesien kaum etwas lieber hatte, als bekopftuchte Frauen, die geschminkt, die lachend, die zu dritt auf einem Motorrad oder von mir aus einem Moped die Straße entlangbrausen. Das gefällt mir einfach gut von wegen: es ist überraschenderweise nicht das Kleidungsstück, das Menschen den Zugang zur Gesellschaft verwehrt.

Hier hat mir der Busfahrer aus Zwickau seinen Rotfilter für die Kamera ausgeborgt. Das macht schon einen Unterschied. Allerdings habe ich als Sechsjähriger wahrscheinlich eine bessere Nicht-Verwackelt-Quote gehabt, als wenn ich hier sechsunddreißig mal auf den Auslöser gedrückt hab…

Weil ich wirklich mehr mit Tauchen oder Theorie beschäftigt bin, als mit allem anderen, bleibt für viel mehr Beobachtungen keine Zeit. Was sich allerdings ausgegangen ist, ist, dass das Wasser hier so… weich? Ich glaube, das ist weiches Wasser, wenn die Seife kaum von der Haut zu spülen ist. So stehe ich des Morgens (wenn ich nicht auf dem Weg zum Tauchen bin) oder des Abends (wenn ich nicht den halben Tag im Meer verbracht hab) unter der Dusche und summe das Lied über the hardness of water vor mich hin beziehungsweise vor mir her.

Und manchmal ist das Essen einfach so scharf, dass es mich fertigmacht. Ich hab das schon gern gehabt, wenn das Essen mal nicht so scharf ist. Auf der anderen Seite hab ich den Eindruck, es ist ja oft nicht nur scharf sondern das funktioniert mit Säure und mit Süße und das ist wirklich auch gar nicht schlecht. Ess ich halt zwei, drei Teller Reis dazu, es gibt ja eh nichts schöneres, als eine Küche, bei der Reis einfach mal die Basis ausmacht. Oh, und ich krieg auch wieder Obst und Gemüse. Das war auf den Philippinen ein bisschen schwerer. Da war ich zwar auch froh über den Reis, aber sonst gab s halt viel für PollotarierInnen und wenig für die, die manchmal auch einen Ballaststoff in ihrem Essen suchen.

Checking out Jakarta

Also ich bin ganz hin und weg von Jakarta. Das kann gut einfach sein, weil ich jetzt noch damit angefangen habe, Indonesien total super zu finden und jetzt gar nicht so recht wegfahren zu wollen. Und dann ist Jakarta auch gar nicht das, was ich befürchtet hab: die Stadt erschlägt mich nicht mit ihrer Größe, weil selbst wenn hier über zehn Millionen Menschen wohnen und gerade noch hinter Tokyo auf Platz zwei der größten Ballungszentren der Welt liegt, die seh ich ja nicht alle. Ich wohn zwar quasi an der Grenze zum Stadtzentrum, wenn nicht überhaupt eh im Stadtzentrum und bin heute halt durch das Stadtzentrum gelaufen, aber trotzdem: geh ich von der fünfspurigen Stadtautobahn in eine Seitenstraße, finde ich dort die selben kleinen Standeln, die selben Leute, die selben Häuser wie in jeder anderen Stadt, in der ich hier gewesen bin. Es herrscht dort schlagartig eine andere Stimmung, auch wenn sich der Verkehr manchmal ein bisschen auch dort den Weg durchbahnt, wenn sonst alles stockt. Es ist natürlich schwierig, etwas über eine Stadt zu sagen, nachdem man sie einen Tag lang gesehen hat.

Weil gestern bin ich ja um viertel fünf am Bahnhof in Bandung gesessen und hab darauf gewartet, dass ich auf den Bahnsteig darf. Weil da hat er mich nicht durchlassen. Ich bin dann etwa um halb auf dem Bahnsteig gewesen und da waren grob geschätzt schon hunderttausend Leute, also ich weiß nicht genau, warum ich nicht hab dürfen aber um ehrlich zu sein bin ich froh, wenn man mir irgendwas sagt. In einem Café in Bandung hab ich gefragt ob sie open oder closed sind und hinter der Budl war nicht so viel Englisch vorhanden oder ich weiß nicht, hat er einfach eines von den beiden ausgesucht und wiederholt, auf jeden Fall hatte ich den Eindruck es wär offen und hab schon die Karte angeschaut und dann hat er ganz bemüht versucht wieder meinen Blick zu bekommen um mir zu deuten, dass nein, doch closed. Und wie gesagt, ich bin wirklich dankbar für alle Informationen die ich dann letztlich bekomm, weil wegen mir muss niemand Englisch lernen. Na und in Jakarta ratz-fatz von dem einen Bahnhof zu meinem Bahnhof, zweimal umsteigen, alles kein Problem, die Sicherheitsleute am Bahnsteig total hilfreich, wissen was ich mein, wenn ich die Stationsnamen ausspreche und der eine hat sich sogar nochmal um mich gekümmert, als sie meinen Zug auf den anderen Bahnsteig umgeleitet hatten. Da hat er mich nochmal gesucht und mir das gesagt. Total nett. Erwartet man das in einer Großstadt? Nicht unbedingt.

Mein Fahrer in Bandung hat ein paar Mal den Kopf geschüttelt über wie verrückt der Verkehr in Jakarta sei. Es ist auf jeden Fall keine Stadt für FußgängerInnen. (Ist mir aber egal.)

Im Hotel hat man mir an der Rezeption gesagt, ich könne erst um zwei einchecken. Natürlich, ich hab ja auch geplant erst um zwei da zu sein… Aber sie ist so lieb und nimmt meinen Rucksack. Ob s ein Café gibt irgendwo oder irgendwas, frag ich. Mall?, fragt sie mich. Ja, warum nicht, Mall. Also geh ich zum Great Indonesian. Leider hat das zu. Ich glaub, weil ein Feiertag war, wie ich später gelesen hab. Aber zuerst glaub ich ja, dass es wegen Demonstrationen oder irgendwas ist. Und ich war mir nicht ganz sicher, ob der Polizeischutz, der das Einkaufszentrum umstellt, ob der immer da ist oder halt heute, quasi Ausnahmezustand.

Für mich aber blöd, ich lauf herum und weiß nicht so recht warum. Es ist nicht mal zehn, das ist mein Problem, wo soll ich meine vier Stunden hier versandeln. Ein bisschen ist mir schon noch unwohl, dass ich mit meinem ganzen Geld (sechzig Euro mindestens waren das) und dem Notebook und so unterwegs bin. Ich glaub ja, es ist Ausnahmezustand. Glücklicherweise hab ich die Karte ja auf dem Telefon und das funktioniert auch offline gut genug und ich schau bei dem einen oder anderen Café vorbei, die ich auf meiner Karte finde. Hinter der deutschen Botschaft finde ich dann eins, das auf den ersten Blick schon ein bisschen komisch ausschaut, aber sie haben offen und ich denk mir, gut, das schaut schon ok aus. Komisch mein ich, dass es total eine AusländerInnenabsteige war. Ganz einfach preislich gesteuert. Ich hab dort quasi Wien-Preise gezahlt. Aber dafür bin ich auch drei Stunden dort gesessen mit meinem Tabbuleh mit Chorizo und meinen zwei Kaffees. Weil ich hab jetzt ein bisschen angefangen, Kaffee zu trinken. Das ist für jetzt, weil das einfach, auch wenn ich grad noch bis zum Hals in Tee gestanden bin, ein Kaffeeland ist. Und er ist gut, was soll ich sagen.

Cup of coffee.

Weil ich in der Früh so irre müde gewesen bin, wollte ich mich dann am Nachmittag ein bisschen hinlegen. Aber die zwei Kaffee, naja, war nicht. Aber ich bin im Hotel herumgelegen und zum ersten Mal in Indonesien amerikanisches Fernsehen gehabt. Ist auch nicht wirklich was gewesen, aber ich hab meine Stadterkundung für heute aufgehoben.

Blöde Idee war das. Blöde Idee weil gestern war vielleicht Feiertag, aber heute ist Montag und anscheinend ist Montag alles zu. Mein Ausflug hat mich zirka sieben Kilometer nach Norden geführt – erm, Luftlinie. Und da waren allerhand Attraktionen aufgelistet. Als erstes führ ich mich in einen großen Park mit einem großen Ständer in der Mitte, stellvertretend für die Kraft, die für die indonesische Unabhängigkeit aufgewandt wurde. Aber als ich den Park betreten möchte, höre ich ein Mister! und der Sicherheitsbeamte sagt mir, dass heute leider der Park zu ist. Maintenance. Maintenance?, denk ich. Vielleicht wird der Park sauber gemacht. Und ich mein, das muss man schon sagen: Indonesien hat ein massives Problem mit dem Mist. Jakarta ist relativ sauber, ganz ehrlich, so wie ich auch in Yogyakarta oft, gefragt wie ich s finde, gesagt hab: sauber. Und die Leute sind freundlich und yaddah-yaddah. Aber das ist halt relativ. Während ich hier war hab ich auch diese Schlagzeile mal gelesen, dass sich die Länder der Welt relativ einig sind, dass es keine gute Idee ist, den Mist der Reichen in die Geographie der Armen zu exportieren. Weil es offenbar usus ist, dass Privatpersonen in Südostasien sich die Müllentsorgung abkaufen lassen und dann einfach tonnenweise Mist in die Landschaft kippen und sich eine zweite Yacht kaufen. Guter alter Kapitalismus.

…aber ich schaff es einfach nicht.

Also der Park zu, das Museum zu, das andere Museum zu. Was offen hat, und was ich besuche ist die Moschee. Die Große Moschee von Jakarta. Und ich mein, das ist nicht untertrieben, die hat schon irre viel Platz. Ich weiß ja zu wenig über Moscheen, warum da so viel Platz draußen ist, zum Beispiel. Weiß ich nicht. Und sie hat halt keine Bänke drinnen, das ist mehr so frei gestaltbarer Raum. Multi-Purpose. Außer dass die Frauen und Kinder halt bisschen auf der einen Seite sitzen müssen, weil die Männer den meisten Platz brauchen. Und jetzt will ich das nicht kleinreden, da ist eine Geschlechterdifferenz tief eingegraben in dieser Architektur. Wobei, in der Architektur, es ist ja nur ein Zaun in der, nun, nicht ganz in der Mitte. Mehr so zwei Drittel eben. Brauchen halt mehr Platz. Aber wie hier Menschen einfach Zeit verbringen, das finde ich immer wieder erstaunlich. Weil ein bisschen ist eine Moschee auch einfach ein Jugendzentrum für Erwachsene. Da kommen die Leute hin, nicht zuletzt, damit sie keinen Blödsinn anstellen und drin werden sie halt ein bisschen indoktriniert, aber auf der andren Seite lernen sie auch Arabisch. Und so liegen die meisten einfach so herum, spielen auf ihrem Handy oder schlafen. Dazwischen beten einige in dieser so seltsam anmutenden physischen Form mit dem Aufstehen und dem Niederknien. Und es ist ganz besonders irgendwie, wenn das einer allein macht oder drei nebeneinander. Na ja, und dadurch, dass dieser Raum so alltäglich genutzt wird, ist es letztlich gar keine schlechte Idee, finde ich, dass es auch einen Damenbereich gibt und einen Herrenbereich. Aber natürlich würde ich den Großteil meiner eigenen Tempel schon als Begegnungszone gestalten und gemeinsam feiern.

Die große Kugel in der Mitte hängt übrigens direkt in der Mitte der großen Kuppel, die nicht im Bild ist, weil ich schon zurückhaltend am Rand gesessen bin und nicht mittendurch marschiert bin.

Aber ja, es ist Ramadan und vielleicht ist es sonst ganz anders. Aber ich hätte gerne mal, dass wenn bei uns irgendwo eine Sendung ist und man braucht ein Symbolvideo für „den Islam“, dass man dann nicht immer diese uniform wippenden Reihen alter Männer zeigt sondern mal so einen großen Teppich, auf dem sich Asiaten in der Mittagshitze ausruhen, während einer in der Ecke sitzt und langsam mit dem Finger im Koran einer Zeile folgt und seine Lippen lautlos den Text nachahmen.

Gegenüber von der Moschee ist die Kathedrale, die hat auch nicht zu gehabt. Die Stimmung in einer Kathedrale ist schon was anderes, als in einer Moschee. Hier, so kommt mir vor, ist nichts mit einfach mal bisschen Zeit verbringen. Ich mein, ja: die TouristInnen sitzen hier auf den hinteren Bänken und genießen die Stille und die Kühle. Aber grad das vorne einer vor einer Marienstatue kniet. Es ist lustig, denke ich, während im Westen der Islam so viel mit seinem Jenseitskonzept assoziiert wird und man sich vor der scheinbar klaren Anleitung für den Märtyrertod fürchtet, dafür erscheint mir die Moschee viel mehr ein Ort des Lebens zu sein, als die Kirche.

Vor der Kathedrale kann man sich mit einem Pappendeckel-Franziskus fotografieren lassen

Was auch nicht zu hat, ist der Kim Tek Ie Tempel. Und o wow bin ich hier überfordert. Also, ich hab mittlerweile das lokale China Town erreicht. Ich muss sagen, ich erzähle wenig darüber, wie aufregend die Straßen einfach sind. Oft sind die Straßen so wie oben in dem Video. Mehrspurig und relativ frei interpretiert von Autos und Mopeds. Selten gibt s einen Übergang, von dem ich dann den Verkehr filmen kann. Öfter steh ich einfach zwei Minuten an der Straße und stürze mich dann in den Verkehr, den dem auf mich zukommenden Verkehr zugewandten Arm ausgestreckt, die flache Hand den FahrerInnen entgegen, als ob ich sie damit abbremsen oder auch nur besänftigen könnte. Zwischendurch steh ich auch mal in der Mitte der Straße und denk mir, ha!, daheim gibt s das nicht. Glücklicherweise gibt s viele Einbahnen und das macht s etwas einfacher. Oft hau ich mich dann aber in irgendwelche Seitengassen, die schnell nur einen, eineinhalb Meter breit sind. Da sitzen die Leute auf der Straße und gehen ihrer Arbeit nach. Richten irgendwas, kochen irgendwas, sortieren irgendwas aus. Dazwischen spielen Kinder und Katzen liegen in der Sonne. Vögel jammern in ihren Käfigen und ab und zu läuft ein Fernseher irgendwo. Und in den Straßen krieg ich dann auch eher mal Blickkontakt und Leute grüßen mich und ich grüße zurück und es fühlt sich gut an, dass mich diese Leute in ihrer Gasse willkommen heißen. Weil ich hab manchmal eh das Gefühl, ich laufe eher durch ihr Wohnzimmer als durch ihre Straße.

Also der Tempel. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ausschauen tut s chinesisch, von der Architektur. Und im Hintergrund läuft, nun ja, so chinesische Musik halt, wie man sich das vorstellt. Und es gibt dutzende von Schreinen und in jedem stehen Statuen und viele der Statuen haben sogar Namensschilder. Überall brennen Kerzen und Säulen voll Öl in denen ein Docht hängt. Tatsächlich gehen auch Menschen herum, in den Händen ein Bündel Räucherstäbchen, das sie der einen oder anderen Statue widmen, vor ihr so ein bisschen wippen und sich verbeugen und solche Sachen. Es ist… ich will sagen, es ist wie man sich das vielleicht vorstellt. Aber dann wiederum ist es auch wieder gar nicht, wie man sich das vorstellt. Wer sind diese vielen Menschen und möglicherweise GöttInnen und HalbgöttInnen und Dämonen oder… ich hab gedacht, das sei ein buddhistischer Tempel, aber hier sind so viele verschieden Leute.

Braucht noch wer ein Räucherstäbchen?

Ich verlasse den Tempel und China Town und finde mich alsbald wieder unter den vertrauen IndonesierInnen. Ein gutes Stück weiter komme ich dann in der Altstadt an. Hier sind noch einige herausfordernde Straßen zu überqueren, ein Busfahrer schaut mir aus seinem Fenster zu und spornt mich dabei an. Die Altstadt ist ein großer Platz mit Kaffeehäusern drumherum und dem alten Kolonialverwaltungsgebäude. Warte, nur, dass ich das richtig hab. Ja, also, der Sitz des Gouverneurs der Vereenigde Oostindische Compagnie. Der niederländischen Ostindiengesellschaft. Wiederum, man muss den Kapitalismus nicht lieben, aber immerhin haben sie einen hübschen Platz gestaltet und Jakarta ein Rathaus hingestellt. Auf dem Platz rufen mir noch einmal Mädchen nach und wir machen eine Handvoll Selfies, also in Wirklichkeit machen wir einfach Fotos auf denen ich mit drauf bin. Ich habe in den letzten zwei Tagen links im Mund eine Aphthe entwickelt, die mir das Lächeln ein bisschen schmerzhaft macht. Vielleicht, so denke ich, ist es eine Reaktion, eine Abnutzungserscheinung, weil ich hier meine Mundwinkel so viel mehr bemühe als in den Jahren zuvor.

Ich fahr dann mit der Schnellbahn heim. Weil ich war natürlich ganz schön lange unterwegs für das bisschen Luftlinie. Mir klebt das T-Shirt am Körper, alle Kleidungsstücke, die ich mitgebracht hab, verdunkeln sich immens, sobald der Schweiß kommt. Und der Schweiß kommt. Es ist heiß und die Luft ist sicher auch feucht und ich geh so viel, wie sonst niemand in dieser Stadt. Aber auch trocken pickt mir die Haut von Schweiß und Schmutz und… ja, nein. Schweiß und Schmutz, das ist es wahrscheinlich. Ich hatte ein Papaya-Calippo, also einfach eine Spalte Papaya, die mir der Obsthändler in einem Plastiksackerl serviert hat. Es ist ja nicht so, dass das Müllproblem nur importiert wäre. Aber vielleicht kleben meine Hände auch davon noch ein bisschen. Und so geh ich dann ins Mall.

Durchsage im Zug, vielen Dank für die englische Version. Am besten gefällt mir aber, dass Vorsicht auf Indonesisch Hati-hati heißt.

Weil ich wollte eigentlich ins größte Mall von Jakarta gehen, so als Abschluss nach der größten Moschee, der größten Kirche, vielleicht des größten chinesisch-buddhistischen Tempels und des größten erhaltenen Gouverneurssitzes einer niederländischen Multicorp hatte ich ja schon. Aber das Einkaufszentrum war mir dann zu weit entfernt und ich bin deshalb in das Great Indonesia, das ich gestern besuchen wollte. Das war heute offen und es dürfte nicht der Ausnahmezustand gewesen sein: Heute gehe ich an vielleicht hundert Polizisten vorbei, die auf der Straße herumliegen (ja, wirklich, die ruhen sich auch aus wenn s heiß ist), ich mein, de facto steig ich über einige drüber. An der Wand stehen dutzende Plastikschilder für besagte Polizisten. Am unheimlichsten sind jedoch die Granatwerfer, die einige der Polizisten umgehängt haben oder neben den sich ausruhenden (Ruhe vor dem Sturm und so) liegen. Ich kenn sowas nur aus Computerspielen, vor allem das Geräusch, das ich damit assoziiere (ein hohles plopp!) habe ich sicher noch nie in echt gehört. Nebelgranaten? Tränengas? Was weiß man, ich bin im Einkaufszentrum!

Ein paar Polizisten und ihre Deeskalationsausrüstung. Jetzt seh ich grad, dass auf dem Sonnendach Polantas steht, auch irgendwie witzig.

Ja, es ist wirklich ekelhaft. Es ist wie eine andere Welt zu betreten, hier lebt das andere Drittel oder Achtel oder Hundertstel. Hier haben alle Labels ihre Outlets und sie reihen sich alle aneinander. Sportzeugs und Mode, das ist, was die Leute wollen. Gut ausschauen. Und es schaut auch gut aus im Mall, alles ist hell und glatt und diesmal wirklich sauber. Glatt und kalt ist es außerdem. Unter der Kategorie Toys, Children and Maternity finde ich ein paar Spielegeschäfte, aber über Jenga und Vier Gewinnt sehe ich keine Brettspiele. Dann gibt s vier Geschäfte für Books and Stationary. Ich erschrecke ein wenig über mich, als ich feststelle, wie wohl ich mich fühle, von Blöcken, Heften und Kugelschreibern umgeben. Umgeben von einer unnötigen Auswahl an Papier, wird mein lästerndes Kritikerherz auch schon ruhiger. Es dauert lange, bis ich mich für ein Heft entscheide, aber es ist ja auch ein schöner Prozess, in dieser Auswahl zu schwelgen. Ich krieg dann zuerst eine Rechnung von der Abteilungsbetreuerin, mit der ich darauf zur Kassa gehe, wo der Preis nochmal von einer anderen Kassiererin in eine zweite Kassa eingetippt wird. Ich weiß nicht, ob das als extra Service verkauft wird, eine Sicherheits- oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist. Ich geh dann noch teuer Ramen essen, weil ich schon da bin und der ist auch gut, was soll man sagen. Kapitalismus schafft mir ein hübsches Notizheft und gutes japanisches Essen in sauberer Atmosphäre, das passt schon. Zwischendurch denke ich, ob draußen gerade mit Tränengasgranaten auf DemonstrantInnen geschossen wird, während ich hier in scheinbarer Auswahl und neutraler Hintergrundmusik eingelullt vor mich hin schlender.

Abgeschirmt von der Außenwelt, hab ich im Mall heute sogar den Aufruf zum Fastenbrechen verpasst.

Wieder draußen bin ich nochmal ein bisschen euphorisch, wieder im echten Jakarta zu sein. Aber in Wahrheit gehören die ja eh zusammen. Es ist vielleicht ganz gut, den Kapitalismus so in einem zu sehen, die zwei Aspekte so nebeneinander, nicht wie bei uns, wo es so relativ mittig ist. Sondern wo die einen ihre Schubkarrenläden vor sich herschieben, auf der Straße schlafen und sich immer nur eine Handvoll Shampoo kaufen, weil sie das Geld für eine ganze Flasche in ihrem Haushalt nicht aufbringen. Und auf der anderen Seite der Spiegelpalast, in dem sich Menschen abkapseln, buchstäblich gegen die zunehmend verschmutzte Umwelt, gegen Hitze und Klimawandel, in dem sie sich amerikanische Sportschuhe kaufen, japanische Notizbücher und deutsches Bier. Und hier spüre ich dann auch, zu dem einen globalen Prozent zu gehören. Ich bin vielleicht zögerlicher und unwilliger, aber vielleicht ist das nur hinderlich beim Genuss meiner Privilegien. Natürlich bin ich froh, problemlos Zugang zum Luxusleben zu bekommen, auch wenn ich verschwitzt und schmutzig bin. Ich hab Geld, ich hab eine Hautfarbe, die hier ebenfalls Privileg bedeutet – ich weiß nicht, wie heruntergekommen ich daherkommen müsste, dass mir der Eintritt verwehrt werden würde.

Übrigens könnte ich nicht mal sagen, ob s überhaupt eine Demo gegeben hat heute. Zumindest nichts, was international berichtet würde.

Salan, salan…

Ich bin auf Java angekommen. Ich hab mir von J. und L. noch eine Handvoll Tipps geholt, was hier zu tun ist und dann hab ich mich auf den Weg gemacht. Nochmal Medan zum Abschied und da hab ich schon gemerkt, dass ich an meinem Kulturschock gearbeitet hab und dass ich Indonesien nach zwei Wochen durchaus besser vertrage. Da war auch eine gewisse Vorbildwirkung oder Initiation durch J. und L., das würde ich nie leugnen. Die beiden gehen mit einer Souveränität durch Indonesien, von der ich mir durchaus ein bisschen was abgeschnitten hab.

So hab ich also am Flughafen in Medan mehr oder weniger ruhig gewartet, während der Lionair Flieger, der für zehn vor eins am gleichen Gate wie mein Airasia Flieger (zwanzig nach eins) um eins immer noch nicht mit dem Boarding begonnen hatte. Ist halt so. Im Flugzeug bin ich erste Reihe Gang gesessen, neben mir ein Herr, der sich bereits seiner Schuhe (und Socken sowieso) entledigt hatte, neben ihm ein Herr, der den ganzen Flug in seinem Koran geblättert gelesen hat. Gegenüber am Gang eine Reisegruppe, die alle so bunte Jacken tragen, nebst allerlei Stickerei auch mit einem großen, goldenen Hakenkreuz (linksdrehend) am Rücken. Ja, ich bin weit von zuhause weg.

Final Call… wir sind dann auf der Hinterbühne quasi noch ein oder zwei Gates weitergeleitet worden, ich nehme an, es ist einfacher gewesen, als uns das neue Gate über die Lautsprecher durchzusagen.

Zu den kleineren Unannehmlichkeiten gehört,
(eins) dass es im Flugzeug vor lauter Ramadan nicht einmal Nüsschen oder einen Joghurtbecher Wasser gegeben hat.
(zwei) dass ich im Hotel gemerkt habe, dass ich eine kleine Schabe in meiner Seifendose eingesperrt hatte, die sich beim Holterdipolter der vergangenen zwei Tage (in Medan hab ich zur Hotelseife gegriffen, just so you know) in einen unappetitlichen Scrub verwandelt hat. Hab ich aber schnell aus der Seife gespült gehabt.
(drei) dass sich um drei des Nachts (ist das eigentlich ein doppelter Genitiv? Von wegen der Genitiv von die Nacht sei der Nacht und von der Nacht dementsprechend des Nachts?) jemand in der Tür geirrt hat, sag ich jetzt einmal, und gerne in mein Zimmer kommen wollte. Ich nehme an, bereits als ich das Licht angemacht habe, hat sich die Person draußen korrigiert, als ich dann die Tür aufgemacht habe, war niemand zu sehen. Es kann natürlich auch sein, dass die Wände so dünn sind, dass ich wirklich den Schlüssel in der Nachbartür gehört habe, kann durchaus sein. Ich hab dann noch den Riegel vorgeschoben und weitergeschlafen.

Naja und heute hatte ich eigentlich einen ganz gemütlichen Tag in Yogyakarta, or as the cool kids are calling it: Jogja. Ich hab immer noch etwas gebraucht, um aus dem Haus zu gehen… Es gibt ja nicht so richtig ein Frühstück in Indonesien. Die Leute fangen gleich einmal mit einem Curry oder einer Hühnersuppe an. Und ich bin ganz ehrlich ein bisschen damit überfordert, wenn das nicht im Hotel irgendwo mit inbegriffen ist, mir in der Früh bereits was frittiertes zu bestellen. Es ist – glaub ich zu recht zu behaupten – mehr das Bestellen als das Essen.

Wer ist wieder da…?

Aber ich bin dann bisschen spazieren gegangen und es ist schon etwas touristischer als Medan. Aber der Tourismus ist viel asiatischer Tourismus, die EuropäerInnen sieht man wirklich nur vereinzelt, also selten tatsächlich vereinzelt, ab und zu zwei Mädels, immer wieder mal ein Pärchen, selten mehrere. Dafür in allen möglichen Alterskategorien. Und ab und zu grüßen wir uns, wenn wir irgendwo aneinander vorbeigehen. Es ist sicher eine zweiseitige Sache, wo ich mich in zwei Wochen doch etwas an Indonesien gewöhnt hab, aber Jogja ist auch ein bisschen aufgeräumter und insgesamt weniger überrascht mich zu sehen. Heute wurde ich nicht ein einziges mal darum gebeten, den Selfiehintergrund zu machen.

Die beste Begegnung des Tages hatte ich mit einer älteren Frau, in deren Standl ich mich auf der Suche nach Ronde niedergelassen hatte. (Keine Ahnung was Ronde ist, ich hab halt die Empfehlung… ist es eine Empfehlung oder eine Mutprobe, ich hab den Kontext ein bisschen vergessen.) Sie hat mir mit einem Wort und nach meinem Unverständnis mit einem Wort und einer Handbewegung vermittelt, dass Ronde aus ist. Aber weil ich jetzt schon da war, hab ich mir dann einen Kopi gekauft und dabei quasi mein ganzes Indonesisch an die Frau gebracht. Panas? fragt sie mich. Panas, sag ich. Das hab ich bei den heißen Quellen gelernt, die wir in der Zwischenzeit einmal besucht hatten: Air Panas – heißes Wasser. Das Air Wasser heißt ist ja besonders lustig, wenn man zum Beispiel ein Air Tonic bekommt. Hätten sie direkt in Space Balls verwenden können. Jedenfalls hat sie mir dann einen picksüßen Instantkaffee gemacht. Aber war nicht so schlecht. Ich hab mir nur gedacht: erstens würde ich das Zeugt zuhause aber sowas von nicht trinken. Und zweitens sitz ich hier in einem Land, in dem super Kaffee angebaut wird, in dem ich frische Kaffeebohnen vom Strauch genascht habe (und ich hab das ganz gut gefunden, fast schade, dass niemand Kaffee auf dickeres Fruchtfleisch hingezüchtet hat) und, naja, Instantkopi. Aber gut war er halt doch irgendwie. Und dann hat sie viertausend verlangt und das ist wirklich ok, weil immerhin hat sie einen guten Standort gleich neben dem Sultanspalast. Und lernen tu ich auch noch was: Sie fragt mich was ich tu und antwortet sich selbst mit salan, salan – walking, walking.

Ich hab das auch bei den Schmetterlingen mal gesagt: ich versteh das schon, dass man von der Schönheit angetan ist und sich das irgendwie einfangen möchte, aber daraus entstehen dann halt so Sammelkästen mit toten Insekten. Und so ähnlich ist es damit, dass hier überall Vögel in Käfigen gehalten werden. Das macht eine schöne Geräuschkulisse, aber es hat auch was trauriges.

Der Sultanspalast war allerdings schon zu. Ich war dafür in einer Kunstgalerie, in der Batik ausgestellt war. Und jetzt, nicht dass du glaubst, Hippieteeshirts. Neinein, das ist eine Technik, die hab ich mir dort erklären lassen und dann hab ich nichts gekauft und da war der Galerist nicht ganz glücklich mit mir, das hab ich schon gemerkt. Aber das war schon klar, weil mich auf der Straße echt drei Leute zu der Galerie geschickt haben. Und ich war eh schon skeptisch und voller Verdacht, dass einem hier die Leute, die einen auf der Straße ansprechen, tatsächlich nur gute Tipps geben, wo gibt s denn sowas? Aber scheinbar hält man mich für einen Künstler, wegen den langen Haaren. Long hair, long life ist ein Spruch, den ich schon ein paar Mal gehört hab. Das ist nicht ganz ernst gemeint, so viel hör ich schon raus. Aber was genau dahinter steckt, bin ich mir nicht ganz sicher. Es gibt schon Männer mit langen Haaren, so ist das nicht, aber irgendwie ist es nicht gewöhnlich und wenn, dann ist man damit wohl ein Künstler. Und so war ich dann trotzdem in der Galerie und das war auch interessant, weil es ist-a-so, dass da mit Bienenwachs auf Baumwolle das Bild quasi aufgetragen wird und dann wird drüber gemalt, von hell nach dunkel und wer will, der kann zwischen den Farben auch neu mit Wachs arbeiten und am Ende wird das ganze in kochend heißes Wasser getunkt und das Wachs schmilzt davon und übrig bleibt das Bild. Besonders interessant – aber das machen nur die wirklich guten – fand ich die Technik, wo das ganze Tuch schwarz gefärbt wird und dann wird wiederum mit Wachs gemalt und dann wird gebleicht und übrig bleibt schwarz. Fotografieren wäre wohl etwas frech gewesen zu dem Zeitpunkt.

Ausblick auf den Verkehr. Selbst auf GoogleMaps wird neben der Wegdauer mit dem Auto, dem öffentlichem Verkehr oder zu Fuß auch eine Moped als Option angeboten.

Und dann bin ich in den Wasserpalast gegangen, wo ich alle paar Meter einen selbsternannten Guide abgeschüttelt hab. Eigentlich sind sie echt nicht besonders aufdringlich, jetzt, überhaupt. Manchmal fragt mich einer, ob ich transport brauch, aber ein einziges Nein tut s in der Regel. Ab und zu fragt halt einer wo ich herkomm und sag dann ah, Vienna oder ah, Australia, je nach meiner Aussprache. Der eine hat mich gleich einmal als einen Deutschen erkannt, an meinen Sandalen oder an meinem Hipsterssackerl, das hat mir ein bisschen zu denken gegeben. Aber natürlich. Für einen Niederländer fehlt mir ein halber Meter Körpergröße und irgendwie gibt s sonst nicht so viel europäischen Tourismus. Am Lake Tabo waren noch ein paar RussInnen, also, das war auffällig. Aber sonst, ja Deutsche. Vielleicht muss ich mir da gar nicht so viel Gedanken drüber machen. Nicht, dass ich was dagegen hab, dass ich als Deutscher identifiziert werde, wirklich nicht. Ich mein, ich bedaure halt am ehesten, dass mein Französisch-Sein ausgeschlossen wird…

Der unterirdische Eingang in den Wasserpalast. Die Wände sind sichtlich renovierungsbedürftig.

Egal. Was? Ja, Wasserpalast. War ok. Da gibt s Eintritt und irgendwie ist es ein bisschen unübersichtlich und außerdem wird gerade renoviert und entweder ich hab eine Tür verpasst oder Teile sind abgesperrt, auf jeden Fall waren in meiner Broschüre mehr Räume als ich gesehen habe, aber dann wiederum darf man durch manche Durchgänge nur in eine Richtung und nicht mehr zurück und was man dann verpasst hat, hat man halt verpasst. Ich hab mir gedacht, schade, dass sie nicht diesen javanischen Stil für Dorne verwendet haben (Game of Thrones Referenz), weil im Grunde ist das eins zu eins der eine Ort gewesen, an dem Doran Martell gezeigt wurde. Es wäre schön gewesen, wenn die Rhoynar sich so deutlich im Architekturstil von den Andals und der First Men absetzen. Aber nachdem Dorne letztlich eh keine Rolle gespielt hat, wäre das auch vergebene Liebesmüh gewesen. Der hiesige Wasserpalast war ebenfalls nur ein Schatten von dem, was er mal gewesen ist. Aber es gibt auf jeden Fall eine Idee davon, dass das recht eindrucksvoll gewesen sein muss. Interessant auch, dass drumherum einfach Stadt ist, also an den Außenmauern quasi schon die nächsten Häuser angebaut sind. Sowas tät s bei uns nicht geben.

Über dem Tor ist das, was ich im nächsten Absatz als javanesischen Löwen bezeichne. Leider ist mir da die Sonne von der Seite ins Bild gesprungen…

Vom Stil eigentlich sehr schön. Es ist dieses Javanesische, mit den Löwen, die die Zunge herausstrecken und ich hab das vorher auch schon in der Galerie gesehen, bei denen, die traditioneller gemalt haben und hab mich daran erinnert, dass ich als Kind das schon interessant gefunden habe. Ich weiß nicht, war das im Naturhistorischen Museum? Wäre eigentlich seltsam… Aber ich erinnere mich an javanesisches Schattenpuppentheater und dass ich das toll gefunden habe. Nämlich wahrscheinlich leicht gruselig, aber faszinierend. Ich kann mich wahrlich kaum erinnern, aber es ist nicht komplett negativ besetzt.

Und dann hab ich mich in ein Hipstercafé gesetzt. Also, wirklich. Das hätte so auch in Melbourne stehen können. Dort hab ich einen Burger gegessen und einen Kaffee getrunken, einen echten jetzt. Der war auch ziemlich gut, hat mir aber auch echt ein bisschen den Kreislauf zusammengehaut. Hundertfünfzig Milliliter, sans Zucker, ich hab nicht zugeschaut, aber Bamboo Drip, durch oder zumindest mithilfe von Bambus gefiltert. Dort bin ich endlich dazu gekommen, mir ein bisschen indonesische Geschichte anzulesen…

Entkolonialisierung

Also, Indonesien war ja niederländische Kolonie. Im sechzehnten Jahrhundert sind die niederländischen HändlerInnen gekommen und zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hat sich eine nationale Bewegung in Indonesien entwickelt. Weil eigentlich natürlich irgendwie nahezu hundert Ethnien, die auf den vielen Inseln halt leben. Und die Niederländer haben natürlich, für Verwaltung und alles selbst ein bisschen drauf geschaut, dass das zusammenkommt. Aber dann hat halt der Nationalismus auch hier begonnen und vielleicht ganz interessant, weil es schon ein bisschen eine andere Facette auch zeigt und man muss wohl vorsichtig sein, wenn man alles über einen Kamm schert tut man wohl auch dem einen oder anderen unrecht. Jetzt, das vorausgeschickt ist die Unabhängigkeit Indonesiens jetzt nicht nur vom Nationalismus sondern vielmehr vom Faschismus auch befördert worden. Weil die Niederlande sind ja schnell einmal besetzt gewesen, als das Deutsche Reich in Richtung Paris marschiert ist. Also, jetzt vor allem im zweiten Weltkrieg, aus dem ersten – wieder was gelernt – haben sich die Niederlande militärisch nicht beteiligt bzw. wurden auch nicht beteiligt. Indonesien ist dann nicht Teil des Deutschen Reichs geworden, wie ich einmal spekuliert hatte, die NiederländerInnen (ich mein, technisch gesehen, waren die Niederlande eine Demokratie, da ist auch die Kolonialpolitik durch den Volkswillen getragen) haben sich noch ein bisschen gehalten, bis Indonesien dann von Japan besetzt worden ist. Die haben in zwei, drei Jahren die niederländischen Verwaltungsstrukturen dekonstruiert und spätestens als es ihnen nicht mehr so gut gegangen ist, haben sie selbst den indonesischen Nationalismus gefördert. Nachdem Japan kapituliert hatte waren sie angehalten einerseits die Waffen niederzulegen, andererseits Indonesien weiterhin zu verwalten. Daraufhin haben sie – zumindest teilweise – einfach die nationalistischen Indonesier(Innen), die hinter Japan standen, bewaffnet. Irgendwann ist dann noch die britische Armee gekommen, auf die Bitte der NiederländerInnen, die da einfach kolonial weitermachen wollten, aber einfach nicht die Ressourcen hatten, um da ein Volk zu unterdrücken. Großbritannien hatte aber auch nicht gerade Lust, da jetzt stellvertretend einen Kolonialkrieg für die Niederlande zu führen und pi-pa-po hat Indonesien noch fünfundvierzig die Unabhängigkeit ausgerufen. Drei bis vier Jahre hat der Imperialismus gegen den Nationalismus gekämpft und etwa eine Viertelmillion Tote verursacht, größtenteils IndonesierInnen, Militär und Zivile. Aber dann haben die NiederländerInnen gesagt, ok, dann halt nicht, macht s euren Scheiß doch selber, wir wollen gar nicht wirklich Kolonialpersonen sein.

Weil es gibt hier schon viele Statuen, mehr oder weniger hässlich, muss man leider sagen, die einen militärischen Sieg feiern und oft haben die neunzehnfünfundvierzig draufstehen. Da hab ich mich oft gefragt, aber jetzt weiß ich s.

Der Islam in Indonesien

Das war das zweite Thema, das mich schon länger interessiert hat. Interessanterweise gibt s dazu angeblich einfach nur wenig Informationen. Es ist einfach nicht klar, wann und wie sich der Islam in Indonesien durchgesetzt hat, auf jeden Fall hat er das. Als die europäischen HändlerInnen im sechzehnten Jahrhundert hier groß angekommen sind, gab s praktisch keinen Buddhismus und keinen Hinduismus mehr. Und dabei mag der Islam tatsächlich nur hundertfünfzig Jahre vorher so wirklich angekommen sein. Aber wie ja oben schon angedeutet, gab s statt Indonesien ja einen ganzen Haufen an Völkern, die in unterschiedlichen Systemen gelebt und beherrscht wurden. Es ist ein bisschen ein Rätsel und, wie die Wikipedia schön sagt, der indonesische Staat ist mehr daran interessiert, neue Moscheen zu bauen als alte auszugraben.

Halbe Stunde noch bis Fastenbrechen!

Als nächstes wäre es interessant, den südostasiatischen Islam ein bisschen mehr ins Bewusstsein zu rücken. Bzw. auch besser zu verstehen. Schon auch, um zu zeigen, dass Islam Nuancen besitzt und dass man in Europa halt an den arabischen Raum denkt, wenn man Islam sagt und man kann gerne die Stellung der Frau, männliche Ehrenkodexe oder den Umgang mit Hunden diskutieren, aber vielleicht muss man da kulturell ein bisschen aufpassen und das nicht per se dem Islam in die Schuhe schieben. Ich bin nie so vielen, nämlich größtenteils total entspannten, umgänglichen Hunden wie hier, dem viertbevölkerungsreichsten Staat der Welt mit der größten muslimischen Bevölkerung begegnet. Auch wenn das nur mein kleiner Erfahrungsschatz ist.