Baba, Pape’ete! Tadaa, Tokio!

Es stimmt schon, ich hab mit einem Kulturschock gerechnet. Ich hab mir gedacht, der Unterschied zwischen einsiedeliger Inselidylle und halbautomatisierter Millionenstadt wird mich irritieren. Aber so sehr hab ich mich in den paar Wochen auch wieder nicht dran gewöhnt, immer nur die selben zehn Gesichter zu sehen. Ich war ja auch in Pape’ete im Einkaufszentrumsäquivalent und da sind auch viele verschiedene Leute zu sehen. Dass die Autos wieder auf der anderen Straßenseite fahren, habe ich mehr oder weniger ohne bewusste Entscheidung akzeptiert. Nein, womit ich mir ein bisschen schwer tu, ist der Schalter, den ich von Liegen wieder auf Laufen zu schieben versucht bin. Tahiti hat mich willkommen geheißen, wie ich es nicht erwartet hätte. Ich bin getaucht, ich hab gekocht, ich hab Leute gekannt… ich war manchmal ein bisschen überfordert, wenn ich auf französisch was sagen sollte oder wenn ich einem Gespräch folgen wollte. Ich bin meiner Tauchverpackung für den Fotoapparat hinterhergelaufen. Aber wenn ich erschöpft war, hab ich mich hingelegt, wenn ich aufgewacht bin, bin ich aufgestanden. Wenn ich spazieren gegangen bin, hab ich mir Sonnencreme draufgeschmiert. Und wenn ich was neues wollte, bin ich eine Woche auf die Nachbarinsel gefahren. Es war wirklich ein gemütliches Arrangement.

Ein letzter Blick auf Mo’orea und dann elf Stunden Pazifik bis nach Japan. À tout!

Ja, hänge ich dem ein bisschen hinterher. Und es hat ja auch gleich ein bisschen so ausgeschaut, als wollte mich Französisch Polynesien nicht loslassen. Der Benjamin (-scha’möö) hat mich morgens um fünf zu meinem sieben Uhr Flieger geschupft, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Weil zuerst hab ich recht lang am Eincheckschalter gewartet und als ich dann dran war, hat mir die Frau Schalterbeamte gesagt, dass sie mich nicht einchecken kann, wenn ich nicht einen Flug wieder raus hab, aus Japan. Und ich denk mir na geeeh. Der Flughafen Faa’a hat nicht mal eine Flughafenhalle, der hat wirklich nur ein Vordach und dann einen Duty-Free Bereich mit einem kleinen Café und all den Perlen, die sonst niemand gekauft hat. Und so steh ich also vor Sonnenaufgang und mit einer halben Stunde Gratisinternet vor dem Flughafen und ärger mich mit der Website von der koreanischen Fluglinie, weil es beim dritten Versuch noch immer nicht funktioniert hat, mir einen billigen Flug nach Seoul zu kaufen. Ich hab dann über lastminute.de und innovative Zahlungsmethoden den Flug ums doppelte gekauft. Sind immer noch nur achtzig Euro gewesen und ich war froh, dass das am Schalter dann für ein OK gesorgt hat. Hätte ich mir ein bisschen mehr Gedanken gemacht, dann wäre mir vielleicht sogar eine billigere Route eingefallen. Weil – psst! – das ist nur für Show, ich werde den Flug einfach verfallen lassen. Ab und zu muss man so eine zusätzliche Abgabe leisten, wenn man seine Pazifikquerung so nebenher einkauft. Und natürlich sagt das Außenministerium sehr wohl, dass ich ein Rausflugticket brauch. Aber das war bei Neuseeland, da hab ich mich ja informiert. Bei Japan hab ich so einen Kommentar sogar gesucht und wiederholt nicht gefunden. Aber ich mein, was soll ich das der Angestellten am Eincheckschalter kommunizieren versuchen. Es ist natürlich belanglos in der Situation. Computer says no – presumably.

Jetzt hat mir Tokio die ersten zwei Tagen wie gesagt verhältnismäßigen Stress gemacht. Eben aus dem Gefühl heraus, hier mit den TouristInnenaufgaben konfrontiert zu sein. Dass ich da in den richtigen Modus komme. Oder raus aus dem falschen. Es gäbert so viel zu sehen und gleichzeitig hab ich so wenig Ahnung, was ich sehen wollen würde. Ich bin ja eigentlich schon wieder hier wie wenn man mich in den Flieger gesetzt hätte und Ab die Post! in die Ferne katapultiert. Das ist heute schon ein wenig besser geworden, weil ich ein paar TouristInnensachen gemacht hab. Schrein besucht. Kreuzung gequert. Schnitzel gegessen. Was man halt so macht, wenn man in Tokio ist. Und mein erster Ausflug auf den Berg ist auch geplant. Hakerl gesetzt, alles auf Schiene. Ich bin deshalb heute tatsächlich mal bisschen aufgeschreckt in der Nacht, dass ich da wieder auf mich gestellt bin und Hostel buchen und Routen überlegen. Tsk, tsk. Ist doch Urlaub, hab ich versucht mir zu sagen. Und ich hab vielleicht bisschen mit den Schultern gezuckt und bin dann schnell wieder eingeschlafen. Dass ich Mitte September zum Wählen einen Sprung in Tokio sein soll. Aber dann hab ich gesehen, dass ich im schlimmsten Fall einen Tagesausflug mach, weil zwischen Osaka und Tokio ist es zwar die halbe Honshu, aber trotzdem nur zweieinhalb Stunden mit dem schnellen Zug. Alles also nicht so heiß gegessen wie die Ramen: drei Tage da und schon zweimal Gaumen verbrannt.

„What’ve they got in there? King Kong?“ Der Haupteingang zum Meiji Schrein, Ian.

Ich bin auch gar nicht besonders in der Stimmung zu schreiben, merke ich. Da ist schon eine allgemeine Überforderung. Dabei gäb s von den Windseitigen Inseln noch so viel zu berichten. Wie ich zum mo’oreanischen Belvedere hochgeradelt bin und gegen Ende schon alle zweihundert Meter eine Pause hab einlegen müssen. Aber für die Aussicht auf die schöne Aussicht dann doch durchgehalten hab. Und mich dann auf der Wanderung im Ananasfeld verlaufen hab. Oder wie ich im Vallée Blanche mit den Haien getaucht bin und so viel auf die vermutlich katalonischen TouristInnen herabgeblickt hab, weil die derart aufwendige Fotoausrüstung mitgebracht hatten. Und wo der Philippe nachher gesagt hat, dass ich eine gute buoyancy hab, auch wenn ich erst wenig getaucht bin. Oder dass wir tatsächlich eine Verabschiedung gefeiert haben, zu der ich eine Sachertorte gebacken hab, deren Glasur nicht so schlecht geworden ist. Dass alles ein bisschen zu kurz gewesen ist. Und über dieses Gefühl, jetzt wieder aufgebrochen zu sein, nachdem ich eine Art zuhause gefunden hab, in dem ich mich so wohl gefühlt hab, wie vielleicht seit Jahren nicht.

Die Blätter der Ananas sind hart und gleichen einer Säge. Nicht durch ein Ananasfeld laufen, auch wenn man das Gefühl hat, das wäre eine Abkürzung!

Das drückt alles vielleicht auch ein bisschen auf meine ersten Japaneindrücke, dass ich das Gefühl habe, ich bin ohne besonderen Grund und übereilt aus Tahiti abgereist und wie organisier ich mir das, dass ich da bald wieder einmal zurückkehre. Jetzt muss Japan das aushalten, ständig verglichen zu werden. Und ich, der ich gerade noch sozial gut eingebettet, wenngleich sprachlich eingeschränkt gewesen bin, fühle vielleicht dadurch ein bisschen mehr Fremde und Verlorenheit in dieser Gesellschaft, in der allen Vorurteilen zufolge, viele Einheimisch ebenfalls mit der sozialen Isolation kämpfen. Das erste Bild, das sich mir als „japanisch“ eingeprägt hat, waren die ordentlichen Reihen der Reisfelder, die ich schon aus dem Flugzeug und eine Stunde später auch aus dem Zug in die Stadt gesehen habe. So ordentlich, dass es fast ein bisschen wehgetan hat. (Zumindest wenn man die Erfahrung gemacht hat, dass das eigene Bedürfnis nach Ordnung ab einem gewissen Grad etwas schmerzhaft sein kann.)

Im Hostel aber dann weiterhin: so ordentlich. Sehr viele Warn- und Verwendungshinweise, bebildert und japanisch beschriftet. Ich frag mich dann immer, ob mir das stärker auffällt, weil ich s nicht verstehe und deshalb mehr darauf konzentriere oder ob es das bei uns einfach weniger gibt. Vielleicht hatte ich sogar den gleichen Gedanken bereits in Indonesien. Obwohl das schwer vergleichbar ist… Und der Schlafsaal war vielleicht der ordentlichste, den ich je erlebt hab. He!, in Mo’orea haben sie sogar Wände zwischen den Betten hochgezogen und hier schlaf ich im Stockbett. Aber ich krieg mit Vorhängen und Benehmen (auch dafür gibt s schnell einmal ein paar Schilder) von meinen MitbewohnerInnen so wenig mit, ich weiß kaum, mit welchen sieben anderen Leuten ich überhaupt das Zimmer teile. In der minimalistischen Gemeinschaftsküche ist Platz für Handtücher für die Hände, Handtücher für die Tische, Handtücher die eigentlich Geschirrtücher sind.

Um ein Lokal zu bewerben, hat jemand anderswo ein Bild von einem Tier auf einem Teller ausgestellt. Die englische Übersetzung dazu hat gelautet Some Kind of Crustacean.

Ja, es ist a neurotic’s paradise und da wehrt sich alles ein bisschen in mir. Schön und überraschend schön in seiner schlichten Eleganz ist es natürlich trotzdem. Und Bewunderung für die U-Bahn, die ich nicht einmal zu verstehen versuchen muss, weil mein Maps mir sagt, welcher Bahnsteig, welcher Waggon, welche Station und welcher Ausgang. Ich kann nur annehmen, dass jemand vor zehn Jahren einen Tag lang planen hätte müssen, bevor sie die U-Bahn benutzen wollten. Nicht, dass nicht auch die Stationen mit Informationen zugepflastert sind. So überlässt man es beispielsweise nicht dem Zufall, wo die NutzerInnen entlanglaufen, die Pfeile am Boden sagen, dass man sich links halten soll. Außer manchmal, wenn man sich rechts halten soll. Und ich versteh nicht, warum, aber warum auch, ich tu, was mir die Pfeile sagen. Manchmal sagt mir eine Fußbodenbeschriftung auch, dass ich während dem Gehen nicht rauchen oder mit meiner Handheld Device spielen soll. Dann steck ich das Handy tatsächlich weg. Ja, man muss schon ein bisschen aufpassen im Straßenverkehr, nicht zuletzt, weil in den Seitenstraßen eigentlich keine Gehsteige sind, manchmal Markierungen. Und das gefällt mir, das macht aus jeder Gasse eine Begegnungszone. Es ist erstaunlich, wo in einer Gesellschaft, die so viel für einen geregelten Ablauf sorgt, sich plötzlich eine relative Leerstelle auftut, die bei uns daheim für Chaos oder zumindest eine Menge grantiger Leute sorgen würde.

Für Ordnung hingegen sorgen hier hunderte PensionistInnen in Uniform. Zumindest wirken sie so. Bei jeder Baustelle, bei einer komplizierten Ausfahrt stehen oft einmal zwei, drei Personen mit Helm und Insignien des Sicherheitspersonals und wedeln mit ihren Signalstaberln herum um jemandem die Ausfahrt oder Überquerung zu ermöglichen. Und das ist wiederum erstaunlich, weil ich das für in Europa einfach nicht für leistbar halte. Auf der anderen Seite handelt es sich dabei oft um ältere Personen, ich gehe also wirklich davon aus, dass sich hier jemand die Pension aufbessert.

„Auch das waren unsere Gäste…“ Während ich mich auf Mo’orea verlaufen gehabt hab, bin ich auf einen Pampelmusenbaum gestoßen, der mir Schatten und eine Jause spendiert hat. Man kann s kaum Verlaufen nennen, wenn man dabei derartige Erlebnisse macht.

Also ja. Alles fremd. Morgen geht s auf den Fuji und dann in einem Aufwischen wieder runter. Weil sich s anders nicht ausgeht. Das heißt früh aufstehen und neun Stunden Wanderung. Sechs rauf, drei runter. Und wenn s nur für zwei Tage ist, ich bin ganz froh, einmal einen Blick von Japan außerhalb von Tokio zu bekommen. In so einer Großstadt sind die Isolationserfahrungen schon einmal ganz von selbst etwas extremer.

Tamar Valley

Tamar Valley ist eine Kette, die Milchprodukte herstellt. Ich hab ein paar Joghurts von ihnen gegessen, mit Mango-Passionsfrucht Geschmack, war ganz gut, wobei die Mango wie so oft ja mehr eine Geschmacksstreckerin ist als wirklich etwas, was man haben will, wenn man gleichzeitig Passionsfrucht bekommt. Oh, ständiges Passionsfruchtessen ist der schönste Zeitvertreib, den ich mir in Australien angewohnt habe. Auch hier wird die zwar stückweise gekauft, aber einen Euro pro Stück, das… in Wirklichkeit weiß ich gar nicht, ob das günstiger ist, als bei uns zuhause. Aber auf jeden Fall find ich s ok und ich halt mich eh zurück. Es ist einfach das beste. Und so war ich ein bisschen traurig, dass ich am Flughafen drei Bananen, zwei Kiwis und eine Maracuja in den Kübel entsorgen musste. Weil Australien hat auch – ich hab das vielleicht mal erwähnt, als ich in Alice Springs gewesen bin – zwischen den Bundesstaaten absurd strenge Einfuhrgesetze, was Obst und Gemüse betrifft. Ich glaub nach Melbourne hab ich von Alice Springs aus sogar eine Banane geschmuggelt oder einen Apfel. Jetzt, am Launcestoner Flughafen hat mich der Spürhund aus der Menge gepickt, der wollte mein Freund sein. Die Banane hat halt noch gerochen, nachdem ich sie gerade erst eine Minute vorher entsorgt hatte. Dafür hätte es kaum den geruchssensiblen Hund gebraucht, das hätte auch der ältere Herr von der Immigration selbst riechen können, so intensiv war das.

Im Sinne von „other yoghurts are available“ möchte ich gerne Thick & Creamy erwähnen. Ich bin kein Fan vom Feigenjoghurt, aber ich bin ein Fan von Alex Horne und seiner Horne Section (hier mit Roisin Conaty, von der ich auch ein Fan bin).

Jetzt bin ich jedenfalls sozusagen am unteren Ende des Tamartals und gestern bin ich mit dem Bus fast bis nach ganz oben gefahren, fast bis ans Meer. Da waren schon ein paar Kühe zu sehen, ein paar Kühe, ein paar Schafe und eine Handvoll Lamas. Ist immer ganz nett, Lamas auf einer Weide zu sehen. Das ist so ein bisschen, na ja, das ist ein bisschen eine Innovation irgendwie, eine Neuigkeit. Und Lamas haben oft einen netten Gesichtsausdruck und ein bisschen was knuffiges. Und weil sie bisschen längere Beine haben und den Hals und so… auf jeden Fall sind Schafe oft ein bisschen verdreckt, während Lamas quasi direkt in einen Pullover gestrickt werden können, so scheint s. Kühe, Schafe, Lamas und Pferde in Pferdejacken. Weil es ist kalt. Heute Nacht hat s unter Null gehabt. Und ich hab zwar zuletzt ein bisschen über die meiner Eitelkeit zuzuschreibenden Einschränkungen meiner Kleidung berichtet, aber wenn s hart auf hart kommt, dann ist das ja egal.

In Beauty Point, wo der Bus seine Endstation hat, gibt s das Schnabeltierhaus und die Seepferdechenwelt. Und ich hab mir beides gegeben, auch wenn ich nur drei Stunden Zeit hatte, weil der letzte Bus am Samstag bereits um halb zwei wieder zurück nach Launceston fährt. Aber nachdem das beides geführte Besuche sind, war eh klar, dass die nur jeweils eine Stunde dauern und dann ist sich sogar noch Zeit für einen Kuchen im Café River ausgegangen.

Schnabeltierhaus war super. Ich hab eh gesagt, dass ich die sehr herzig finde und das tolle an tasmanischen Schnabeltieren, im Gegensatz zu denen am Festland, ist, dass sie sich nicht auf Nachtaktivität beschränken. Das, scherzt der Führer, hätten sie auch mit den Menschen gemeinsam, wo die TasmanierInnen ja auch insgesamt mehr leisten als die FestlandaustralierInnen. Haha, nein, bloß ein Scherz. Ich komme mir immer ein bisschen vor, als würde ich da aus der Reisegruppe hervorstechen, weil in der Regel halt vor allem Kinder und hier vor allem Mädchen mit ihren Eltern (vor allem Müttern), in den Attraktionen von Beauty Point zu finden sind. Hier vor allem in der Seepferdchenwelt. Deswegen ist es umso seltsamer, dass ein Dreifachpass angeboten wird, der neben der Seepferdchenwelt und dem Schnabeltierhaus noch das Beaconsfield Mine and Heritage Center beinhalted, also einen Besuch in das Minenmuseum. Weißt, wenn ich die Zeit gehabt hätte oder nicht so überrascht davon gewesen wäre, dass ausgerechnet die industrielle Vergangenheit der Gegend noch Gegenstand meines Ausflugs sein sollte, hätte ich mir das ja auch angeschaut. Aber insgesamt bisschen eine komische Kombination.

Weniger komisch ist, dass das Schnabeltierhaus neben den fünf Schnabeltieren auch drei Echidnas – also Ameisenigel – beherbergt. Die beiden sind nämlich die einzigen lebenden Vertreter der Monotremata, der Kloakentiere: Säugetiere mit Kloake, die Eier legen und ihre Kinder (puggles) säugen. (Uh! Babyschnabeltiere haben außerdem Zähne, die ihnen später zugunsten von so Mahlplatten ausfallen.) Schließlich haben sie beide die Beinstellung von Reptilien, was es ganz witzig macht, ihnen beim Watscheln zuzuschauen. In einem Eingangsvideo war eine deutsche Biologin zu sehen, die sich als Kind für Schnabeltiere interessiert hat und deswegen jetzt in Australien ist und die ein Schnabeltierweibchen verfolgt und dann tun sie eine Kamera in den Bau und schauen den geschlüpften Jungtieren beim Aufwachsen zu. Wie man s halt macht, in einem Tierfilm. Weil man weiß so wenig, heißt s immer wieder, man weiß so wenig. Und ich denk mir, wenn ich das gewusst hätte, dass man so wenig weiß, dann hätte ich doch sowas gelernt, so leicht wie ich der Tätigkeit gegenüber begeisterungsfähig bin…

Dann haben wir uns Jupiter angeschaut, weil der der größte Planet sei und deshalb heißt auch das große Schnabeltier so. Und der ist wirklich groß, vielleicht sechzig Zentimeter, das eine Männchen, dass sie haben. Weil sie sind bisschen sehr territorial und da wird nur ein Männchen im Schnabeltierhaus geduldet. Weibchen haben sie vier und eine davon heißt Poppy und eine andere Freya, worüber ich mir die anderen zwei Namen dann gar nicht mehr gemerkt hab. Und als er gesagt hat, dass sie beim Tauchen die Augen zu machen, hat mich das gar nicht gewundert, weil wenn sie am Boden nach Essen suchen, dann machen sie das im Kreis und durchaus systematisch, aber auf jeden Fall schaut s nicht so aus, als würden sie sich gründlich nach Essen umschauen.

Ich glaub, das ist Poppy, die in ihrem Aquarium irgendwelche Würmer verloren hat. Wunzig im Gegensatz zu Jupiter. Aber herzallerliebst in Gegensatz zu so ziemlich allem anderen auf der Welt!

Durch das Ameisenigelzimmer gehen wir dann einfach so durch, während die Ameisenigel aus ihren Bauten kriechen um sich ein Essen abzuholen, dass der Führer auf den Boden stellt. Das ist so eine Creme, aber es sind auch wirklich Ameisen drin. Die sind schon auch herzig, das miss man ihnen auf jeden Fall anerkennen. Wie sie schlurfen und dass sie eigentlich halt so kleine bestachelte Kugeln sind, aus denen vorne eine lange Nase und drumherum kleine Beinchen mit langen Klauen hervorwachsen.

Selbst der Führungstyp war überrascht, dass sie plötzlich zu dritt dastanden, weil der eine („Big Tom“) war eigentlich gerade im Winterschlaf. Allerdings tun sich die offenbar relativ leicht, mit rein und raus aus dem Winterschlaf und so hat er kurzerhand auf einen Teller Ameisen vorbeigeschaut.

Interessant ist bei beiden Tieren, dass sie – auf Tasmanien – nicht gefährdet sind. Sie dürften insgesamt genügend Platz haben und einheimische Raubtiere suchen sich in der Regel kleinere Tiere. Füchse seien am Festland ein Problem, aber auf Tasmanien gibt s keine Füchse. Manchmal holt sich ein Adler ein Schnabeltier oder versucht irgendwie an die weiche Unterseite von einem Ameisenigel zu kommen. Aber insgesamt geht s ihnen gut, stabile Population und alles. Auch gut zu hören.

Seepferdchen gibt s überhaupt viele. Ich mein, er sagt wenig darüber, wie s ihnen in der Natur geht, aber die ganze Seepferdchenwelt ist eine Zuchtstation und man kann dort auch seine Seepferdchen kaufen. Er sagt immer wieder mal Preise durch, wenn er die verschiedenen Arten beschreibt. Aber nicht wie im Geschäft, mehr so nebenbei. Und Seepferdchen, ich mein, man muss sicher auf Sachen aufpassen, der Tourguide meint zum Beispiel, dass die Einrichtung eines Seepferdchenaquariums schon einmal ein halbes Jahr dauern kann, bis alles passt, bevor man sich sein Seepferd hineinsetzt. Aber wenn man s mal heraußen hat… Nachdem der Vater oft einmal mehrere hundert Seepferdchenfohlen zur Welt bringt, schwimmen in den Zuchttanks einfach tausende kleine Seepferdchen herum. Weil in der Natur ist natürlich das Problem, dass die anderen Seepferdchen gerne mal einen Seepferdchennachwuchs schnabulieren, geschweige denn die anderen MeeresbewohnerInnen. Immer eine Gefahr für ein Seefüllen. Aber in der kontrollieren Seepferdchenwelt des Aquariums überleben wahrscheinlich fünfundneunzig Prozent.

Kübelweise Seefohlen.

Ja, die Väter. Das Weibchen übergibt die Eier dem Männchen in eine Bauchtasche, in der sie befruchtet werden. Die Fohlen schlüpfen dann sogar in der Bauchtasche und dann kann man sich einen Film anschauen, in dem das Männchen kleine Seepferdchen (Seepferdchenchen?) aus seiner Bauchtasche schleudert. Und deshalb kann man das Geschlecht von Seepferdchen am Bauch erkennen: die Männchen haben einen Wasserbauch und die Weibchen was der Führer ein Six-Pack genannt hat. Weil um attraktiv zu wirken, stopfen die Männchen ihre Bauchtaschen mit Wasser aus um stolz ihre Wamperl zu zeigen.

Das ist kein Seepferdchen, sondern, glaub ich, ein Seedrache oder wie die deutsche Wikipedia ergänzt: ein Kleiner Fetzenfisch. Und das bisschen mehr Fisch sieht man ihm auch an, muss sich nicht festhalten und all das.

Und dann haben wir noch Seepferdchen gehalten und das ist immer spätestens der Moment, wo man merkt: ich konkurriere mit kleinen Mädchen um einen Platz am Aquarium. Nein. Eh nicht. Ich lass die kleinen Mädchen gerne vorher ein Seepferdchen halten. Leider war mein Seepferdchen dann schon etwas des Haltens müde oder es war insgesamt ein bockiger Seemustang. Idealerweise hätte es ja seinen Schwanz um meinen Finger geschlungen und wäre lässig in der Strömung gestanden. Aber nichts da, das reinste Rodeo, wenn man beim Rodeo das Rodeopferdchen einfach mit einer Hand fassen würde. Und so hab ich mich nach wenigen Sekunden auch abwerfen lassen.

„How was your day?“, hat der Busfahrer zu mir gesagt, als er mich um halb zwei abgeholt hat. Ja, hab ich gesagt, schön war s.

Abends war ich dann noch den Spiderman anschauen. Weil irgendwie wollte ich gern noch ein bisschen raus am Abend und nachdem die Busstation gegenüber vom Kino gewesen ist, hab ich da schon das Programm gecheckt gehabt. War dann auch ganz gut. Ein bisschen zu durchsichtig der Plot ganz ehrlich, das hat mich nicht überrascht, was da dann vielleicht für Überraschung sorgen sollte. Hingegen war ich überrascht, dass der Spiderman auf seiner Europatour auch in Österreich gewesen ist. Weil sie sind von Venedig über die Alpen nach Prag gefahren und das war zwar ein bisschen ein Umweg und die Musik war auch schon Tschechisch. (Ich hab s zuerst eher für was Jugoslawisches gehalten, aber nachdem in Prag der Soundtrack mehr oder weniger fortgeführt wurde, tippe ich jetzt auf Tschechisch in the first place.) Aber ich hab mich bisschen überrascht umgeschaut, als die Alps, Austria Einblendung gewesen ist und nicht mehr Enthusiasmus spürbar wurde. So sehr bin ich in dem Film verloren gegangen, dass es einen Moment gebraucht hat, bis ich mich ja nicht von ÖsterreicherInnen umgeben erkannt habe. Und für eine Szene, die an einer generisch-alpinen Raststation spielt, bring ich jetzt auch keine Heimatsbegeisterung auf.

Dann, jetzt ein bisschen weiter in die Filmkritik eingehend, hab ich schon auch auffällig gefunden, dass die Bösen mal wieder enttäuschte ArbeitnehmerInnen sind. Das hat mich schon beim Spiderman Homecoming bisschen irritiert, den ich vor ein paar Wochen im Fernsehen bisschen angeschaut habe, dass der Böse ein enttäuschter Arbeiter ist, dem seine Arbeitsgrundlage illegal gemacht worden ist, weil der reiche Anton Stark oder die Regierung oder halt jemand mit im Zweifelsfall Waffengewalt, die Artefakte für sich beansprucht, die der Michael Keaton mit seiner Firma aus den Ruinen klaubt. Und jetzt wieder, zwar nicht mehr Blue-Collar aber schon wieder die dem Lob auf ihre Arbeit enteigneten ArbeitnehmerInnen. Uncool, Spiderman, Handlanger des Großkapitals! „Friendly Neighbourhood“, my bum! Und uncool wer auch immer sich keine Sorgen über die moralischen Implikationen der Darstellung von skrupellosen, machtgeilen ArbeiterInnen in für Kinder gemachte Filme macht.

Ich glaub, es war mein erster Marvel Film im Kino. Aber sieht man, wie kalt es am Heimweg war?

Und am nächsten Tag dann ein Spaziergang in den Cateract Gorge, da geht so ein Weg in die Schlucht hinein, wo einer der Zuflüsse in den Tamar ein bisschen ein Wildwasser und ein bisschen einen hübschen See macht, in den im Sommer die LauncestonerInnen wohl baden gehen. Aber nicht jetzt. Jetzt ist es kalt und Hochwasserwarnung. Aber es ist ein schöner Spaziergang, eine halbe Stunde und man hat dank Schlucht das Gefühl, ewig weit von allem Weg zu sein.

In der Schlucht gibt es auch ein betonernes Becken zum Längenschwimmen. Und der Himmel, ja, irgendwie ist der Himmel auf der Südhalbkugel schon schön.

Launceston selbst hat mir eigentlich auch ganz gut gefallen, vielleicht auch nach so langer Zeit in der großen Stadt, dass mir das mit der Kleinstadt wieder ganz gut getan hat. Gut gefallen hat. Es hat mich ein bisschen an Tin Can Bay erinnert, obwohl es sicher deutlich größer ist. Aber daran hab ich gedacht, diese erste Begegnung mit den breiten Straßen und den großen Vorgärten… Aber das war eigentlich auch mehr beim Reinfahren, weil dort wo ich dann war, war s eh deutlich kompakter. Immer noch breite Straßen. Und die blödesten Ampeln, die ich in Australien erlebt hab, weil die nur grün geworden sind, wenn man gedrückt hat, aber meistens, wenn man gedrückt hat und die Autos hatten schon grün auf der Geraden, hat s mir nicht mehr grün gemacht. Auf der anderen Seite haben sich die Leute sehr stark an die Ampeln gehalten, das war auch irgendwo überraschend.

Interessant war auch, dass mir mindestens drei Buchgeschäfte aufgefallen sind. Also echte Buchgeschäfte, keine Geschäfte, die einfach mal eine Kiste Bücher um einen Euro vor die Tür stellen, aber auch keine Megastores, kein Thalia, kein Amazon, nicht mal ein Frick. Das ist schon erstaunlich, these days und vielleicht überhaupt days.

Hier bin ich mal wieder lange auf der Straße gestanden um ein Foto von einem kleinen Vogel zu erhaschen. Auf diesem sind s sogar zwei geworden.

Am Nachmittag hab ich mir im Museum noch eine Eintrittskarte in die Dinosaurierausstellung gegönnt. Weil das Museum natürlich gratis, aber die Sonderausstellung war ihr Geld auch durchaus wert. Da hat sich nämlich jemand die Mühe gemacht und eine kleine Ausstellung über die Federn auf Dinosauriern zusammengestellt. Und da haben sie (günstige, möchte ich sagen) Kopien von Fossilien an die Wand gehängt und einen Zeichner gehabt, der ihnen hübsche, farbenprächtige Bilder von Dinosauriern gemacht hat und sogar ein paar animatronische Dinosaurier mit Federn drauf. Die wirklich ein Scheiß sind, aber ja, was soll s. Ich mein, ist ja für die Kinder und wenn das die Begeisterung weckt. Wie. So. Nicht. Weil ich hab mir wieder gedacht: als ich ein Kind war und mich für Dinosaurier interessiert hab, hab ich ein bisschen gedacht, dass man schon alles weiß und dass Paläontologie nicht so spannend ist. Dass da die ganze Federrevolution quasi direkt in meine Generation fallen würde, das hab ich nicht geahnt. Sooo spannend, was sich da getan hat und so interessant, weil das ganze so von China getrieben wird und da gibt s sicherlich einiges, was man auch soziologisch und ethnologisch betrachten könnte, ob der Fortschritt langsam ist, weil die traditionelle Paläontologie wohl globaler wird und hundertfünfzig Jahre Anglozentrismus dem sicherlich ein bisschen entgegenwirken.

Das ist das Bild vom Luis Rey, auf dem sich ein Velociraptor an einen Avimimus heranmacht…
…und hier haben sie s mit Skelettmodellen nachgestellt. Hab ich hauptsächlich fotografiert, weil es explizit daran erinnert, dass Velociraptoren nur zirka zwei Meter lang waren. Und die Klaue, die der Alan Grant den Film über in der Hand hält ist etwa doppelt so lang wie die, die dieser hier an seinen Füßen hat. Hätte wahrscheinlich trotzdem gedrückt, wenn man drauf schläft.

Der Rest des Museums war ganz bunt zusammengewürfelt. In einem Raum ist die ausgestopfte Tierwelt Tasmaniens mit der ausgestorbenen zusammengewürfelt. Witzigerweise sind die Dinosaueriermodelle in der permanenten Ausstellung auf dem Stand der Neunziger, also sans Federn und der Allosaurus schwingt einen Schwanz so schlangenhaft, wie ich glaube, dass man das heute nicht mehr darstellen würde. Da stehen zwei alte Autos neben einem Pferdegeschirr, drüber ein Flugzeug und ein Pteranodonmodell. Hinten ist eine Abteilung über Strafgefangene, die nach Tasmanien deportiert wurden (für lächerliche Straftaten, leider ist das Foto nicht herzeigbar…), eine großzügige Geologieabteilung und eine ausführliche Präsentation über den tasmanischen Tiger, mit kurzen Videoausschnitten und einem ausgestopften und Zeitungsartikeln und allem, was man noch hat über das Tierchen, das es wohl seit neunzig Jahren nicht mehr gibt.

Im ersten Stock war dann eine Sonderausstellung über Marjorie Bligh, Domestic Goddess. Das war in Neuseeland, gell, wo das Haus im Museum ausgestellt war, in dem dieses Ehepaar seine Muschelsammlung aufgehängt hatte. Nun, hier ist das Leben einer Frau dokumentiert, die Bücher über ordentliches Haushalten geschrieben hat, die regelmäßig Preise für Handarbeiten gewonnen hat und die aus Plastikabfall Untersetzer gehäkelt hat. Und ich will das gar nicht kleinreden. Im Gegenteil finde ich das sehr toll, dass man als kleines Museum eine Ausstellung über eine lokale Legende macht, die die Gegend ein bisschen geprägt hat und die ein paar Bücher geschrieben hat. Außerdem kann man ein bisschen das wandelnde Frauenbild behandeln und eine ganz witzige Yarnbombing Aktion machen, wo den Dinosauriermodellen Häkeldeckchen übergeworfen werden. Fand ich schon gut. Und sie ist mit folgendem Spruch zitiert, den es im Shop dann auf Tragetaschen und T-Shirts gab und damit eh überkommerzialisiert wurde und schon wieder an Wert verloren hatte: Let me have my way exactly in everything, and you will find that a pleasanter creature does not exist.

Ich hatte den Eindruck, diesen Triceratops schon mal wo gesehen zu haben. Wie viele derart gute Triceratopsschädel gibt s wohl insgesamt? Und von wie vielen gibt es Kopien für die Museen in aller Welt, weil das sind ja in der Regel nicht die echten Knochen, die da ausgestellt werden.