Eines Tages war ich enttäuscht, dass ich keinen Kurkumatee beim Billa gefunden hab. Das war ein interessantes und bisher einzigartiges Erlebnis. Ich hab letzten Winter in Melbourne Kurkumatee getrunken und hab das ganz nett gefunden. Das angenehme war nämlich auch, dass es ein unaufdringlicher Tee war, der Tee hat mir nicht sagen wollen, wie ich mich fühlen soll, wenn ich ihn trinke und ist mir auch nicht ungefragt mit Sinnsprüchen zur Seite gestanden. Es war eine relativ schlichte gelbe Schachtel mit vermutlich zwanzig Teebeuteln drin. Ich bin versucht zu sagen, dass Tee in dieser von den Briten besiedelten und wahrscheinlich dann auch noch von asiatischstämmigen Leuten mitbewohnten Weltregionen einfach einen anderen Stellenwert hat und weniger stark als eine Ebene, auf der man seine Individualität gestalten muss betrachtet wird, denn als eine alltägliche Notwendigkeit. Jetzt haben aber die Briten den Kapitalismus erfunden und das stimmt sicher nicht, was ich da sag, vielmehr wird wahr sein, dass Tee und vergleichbare Heißgetränke im australischen Supermarkt so differenziert sind, dass jemand wie ich auch eine Zielgruppe ist, die ihr eigenes Marktsegment bekommt. Und ja: vergleichbare Heißgetränke. Wie ich in der Apotheke tea kaufen wollte, wurde ich ja zurecht verständnislos angeschaut.
Anyway. Stellt sich heraus, das ist alles falsch. Also nein, nicht alles. Aber zumindest die Feststellung, dass es beim Billa keinen Kurkumatee gäbe. Weil nachdem ich mehreren Leuten mit meiner Tirade vom Nichtvorhandensein Kurkumatees und der dadurch versinnbildlichten Hinterwäldlerischigkeit der österreichischen Gesellschaft in den Ohren gelegen bin habe ich vor nicht allzulanger Zeit dann beim dm einen Kurkumatee bekommen. Und nur kurz: interessant und nachvollziehbar, dass das bei uns die Provizialität am Wald festgemacht wird, weil mir dazu jetzt eben der englische Begriff backwater (Bedeutung 2a) eingefallen ist. Quasi eine Bestätigung dessen, dass ich das Konzept von Deutschen, die am Meer leben für kurios halte. Aber dann noch eins drauf, wenn mir für hinterwäldlerisch tatsächlich freshwater (Bedeutung 2, US, veraltet) vorgeschlagen wurde.
Aber ja, ich hab beim dm Kurkumatee bekommen. Und ich hab kurz darauf auch beim Billa Kurkumatee entdeckt. Da muss sich aber wirklich irgendjemand mit Sehfehler in die Fokusgruppe geschlichen haben, weil ohne nähere Betrachtung, ist der Tee gar nicht identifizierbar. Na und dann war ich beim denn’s und hatte die ganze Tasche voll Kurkumatee. Und jetzt ist es eh wieder etwas kühler, das ist ja nicht schlecht: kann ich Kurkumatee trinken.
Jetzt noch: Ich hab auch selbst zwischendurch einen Kurkumatee gemacht, der war aber gar nicht besonders gut. Liegt wohl daran, dass der Kurkuma schon sehr lang im Kasten rumsteht und weil irgendwo Kurkuma der färbt immer noch die halbe Arbeit erledigt… überhaupt. Wer kauft schon neue Gewürze, wenn die alten auch komplett ausgeraucht sind. Aber da hab ich mich ein bisschen drüber informiert, was so das heiße ist, am Kurkumatee. Und das jetzt einfach aus dem Kopf, im Kurkuma ist ein Stoff der der Einfachheit halber Kurkumid heiß. Und weil von den x Wirkungen, die dem zugeschrieben werden, keine nachgewiesen ist, ist es auch nicht so wichtig, dass der Begriff wahrscheinlich falsch ist. Aber er heißt wie Kurkuma, nur mit einer anderen Endung. Und besonders viel Wirksamkeit wird dem Kurkumid im Zusammenspiel mit Pepperinoiden nachgesagt. Die sind im Pfeffer enthalten, behold!. Macht Pfeffer eine Kräuterteemischung besser? Schwer zu sagen. Es hat dann alles vor allem nach Ingwer geschmeckt.
Und deshalb sind aber Kurkumatees auch schwer zu verkosten, hab ich heute gemerkt. Weil der Kurkuma wirkt ein bisschen betäubend auf der Zunge, Zimt ist oft drin, der wirkt so ähnlich. Dann Ingwer und Pfeffer, die sind scharf… Man kann kaum von einem Glas einen Schluck nehmen und dann vom nächsten und dann vom… das schmeckt nach gar nichts mehr.
Ahja, ich hab dann heute meine Kurkumatees verkostet. Weil ich den vom Yogitee gar nicht besonders gefunden hab. Eh ok, aber blass im Geschmack und kaum der Mühe wert. Der ist mit Zimt und Süßholz und man schmeckt viel das Süßholz. Kurkuma, muss ich auch sagen, ist schwer vom Geschmack so wirklich festzuhalten. Aber ich fand eben in dem Yogitee, nicht so gut. Wenig gut, gehen wir einfach von der Seite, fand ich auch den Hellwach von Sonnentor. Der ist auf Matebasis und das hab ich mir zuerst eigentlich ganz attraktiv vorgestellt, würde ich aber nicht nochmal kaufen. Irgendwie schmeckt Mate auch ein bisschen fad. Rosa Pfeffer klingt aufregend, macht aber nicht mehr viel. Und sonst: Basilikum, Oregano, Zitronengras… Bemüht, aber eine komische Richtung. Ganz ok fand ich Billas Stick&Lembke, den man nicht lesen kann. Der hat Kakaoschalen mit drin und das macht ihn mehr in die Richtung. Bisschen Ingwer, bisschen Pfeffer. Der ist schon ganz gut und eigentlich hätte ich mich mit dem auch zufrieden gegeben. Aber dann halt denn’s. Und da gibt s dann den… ich bin mir nicht ganz sicher. Ich würde sagen am zweitbesten finde ich den Pukka. Das ist der, den ich auch in Australien getrunken hab. Hosanna!, hab ich mir gedacht. Weil der wird in Bristol gemischt und der hat irgendwie dieses Design mit dem ich ok kann. Der ist auf Grünteebasis und darf deshalb wohl auch in Melbourne in der Teeabteilung stehen (vorausgesetzt, das ist tatsächlich die gleiche Rezeptur) und hat Zitrone drin. Das ist letzten Endes auch schon das herausragendste Merkmal: der schmeckt ein bisschen frisch-zitronig. Und dann ist da noch der Lebensfeuer, ebenfalls von Sonnentor. Auch Grüntee und zwei verschiedene Zimt seh ich grad. Verschiedene Anis, Fenchel, Kardamom. Und vorne drauf auf der Packung steht auch noch der Safran. Nullkommaeinprozent.
Jetzt noch ein bisschen für wem der Geschmack vielleicht nicht das wichtigste ist. Alle fünf Tees haben keine Klammern im Teebeutel, was ich super find, gehen bei mir alle in den Biomüll wie sie sind. Natürlich sind alle einzeln verpackt, die Sonnentor und der Yogitee in Plastik, Pukka sowie Stick&Lembke dankenswerterweise im Papierbeutel. Ja, vielleicht ist es das manchen wert, dass man den Tee nach einem Jahr geschmacklich immer noch wiedererkennt, aber ich freu mich darüber, den Mistkübel nicht aufmachen zu müssen. Was noch? Farblich fand ich den Yogitee am schönsten, der hat das tiefste Gelb. Der Pukka, wohl wegen der Zitrone ist ein bisschen blass.
Was ich auch lustig fand und in der Testreihe zuerst total beachten wollte, aber dann vor lauter Unkonzentration zu achtzig Prozent vernachlässigt hab, ist die empfohlene Zugzeit. Der Pukka sagt: „Mit frisch gekochtem Wasser übergießen und mindestens 15 Minuten ziehen lassen.“ Was meine Lieblingsempfehlung ist und auch die einzige, an die ich mich gehalten hab. Weil mindestens am einfachsten handzuhaben ist, wenn man die Zeit übersehen hat. Die Sonnentor zeigen eine Teekanne auf der 100°C steht und daneben steht 5-10 Min. Lembke sagt „Ziehzeit: 5-8 Minuten“ und der Yogitee gibt eine Mengenangabe („250ml“) eine Ziehzeit („7-9 Min“) und einen Konsumationshinweis („Enjoy! Genießen! Savourer!“). Gerade der deutscher Imperativ klingt da besonders sinister. Aber er empfiehlt auch, als Golden Milk getrunken zu werden, wo der Tee in Milch aufgekocht wird. Oder einem veganen Milchäquivalent. Das probier ich vielleicht noch, das klingt nicht so schlecht. Er schmeckt ja an sich schon so, als ob ein bisserl was fehlen würde, eine Süße oder… ein Geschmack.
Auf der anderen Seite gewinnt der Yogi Tee auf jeden Fall damit, dass er 55% Kurkumaanteil vorweist. 40% sind im Pukka, 12% im Stick&Lembke, 10% im Hellwach und – ach du lieber Himmel – 3% im Lebensfeuer. Dass das überhaupt… ich mein, die Sonnentor heißen eh nicht Kurkumatee, es steht halt vorne halbwegs prominent drauf, dass Kurkuma drin ist. Ist das schon Betrug? Lebensfeuer beschreibt auf der Packung 23,1% der Inhaltsstoffe: Kurkuma (3%), Zimt (2×10%) und Safran (0,1%). Hellwach beschreibt mit 40% Mate insgesamt 55%. Der Stick&Lembke nennt nur Kurkuma und Ingwer und kommt damit auch nur auf 28%. Pukka wirbt mit Kurkuma, Zitrone (6% + 6% Zitronenaroma) und Grüntee (20%) und beschreibt damit 72%. Und der Yogitee kommt mit Kurkuma, Zimt (14%) und Ingwer (7%) insgesamt auf 76%.
Und wenn ich schon die Verpackungswahrheit reflektiere, dann gibt s am Schluss nochmal einen Punkt für Pukka. Weil das ist die einzige Schachtel in der 20 Teebeutel enthalten sind. Ich hab keine Ahnung mehr, wie viel die einzelnen Tees gekostet haben und eine Preis-pro-Beutel-Geschichte wäre zwar nett, aber darum geht s mir gar nicht, wenn s auch trotzdem um Kostenwahrheit geht. Der Yogitee enthält 17 Beutel, die Sonnentor und der Lembke jeweils 18. Ich hätte gerne, wenn KonsumentInnen nicht Verpackungen studieren müssen, um Preise vergleichen zu können und deshalb, warum machen wir nicht alle Packungen zu 20 Stück… Hat das so schlecht funktioniert gehabt? Aber natürlich wär schön, wenn war dann noch die Teebeutel… man muss wirklich… in den Sonnentortees sind 1,7g in einem Teebeutel, Pukka gibt 1,8g (und die muss man sich selbst ausrechnen, aber weil 20 Beutel drin sind, geht das zumindest im Kopf…) und Lembke und Yogi füllen ihre Beutel mit großzügigen und kopfrechnungsunterstützenden 2g.
Um das Ganze zu einem Ende zu bringen, erfinde ich jetzt eine Formel, die sich aus Geschmack, allgemeiner Attraktivität (das ist die ganze Aufmache, aber mit einigem Gewicht auch der Plastikanteil), Ehrlichkeit… ja, ich glaub, das war s schon. Zusammensetzt. Sagen wir… 40% für Geschmack 30% für allgemeine Attraktivität und Ehrlichkeit:
Hellwach: 0,3*0,4+0,4*0,3+0,4*0,3=0,36
Lebensfeuer: 0,8*0,4+0,5*0,3+0,2*0,3=0,53
Kurkuma Chai (Yogi Tea): 0,3*0,4+0,5*0,3+0,9*0,3=0,54
Lembke: 0,6*0,4+0,4*0,3+0,7*0,3=0,57
Pukka: 0,7*0,4+0,8*0,3+0,8*0,3=0,76
Enges Mittelfeld, bisschen abgestunken die Matevariante und vorne Weg der Tee, der in mir Erinnerungen an einen Juniwinter im Melbournschen Regenwetter weckt. Man kann sich ja nach den seltsamsten Sachen sehnen…